Bericht über Verzicht auf Beatmungsgerät Zweifel an Geschichte über selbstlosen Priester in Italien

Ein italienischer Priester soll todkrank zugunsten eines jüngeren auf ein Beatmungsgerät verzichtet haben. Die Geschichte erregte international Aufsehen. Doch nun werden Zweifel laut.

Medienberichten zufolge soll sich ein schwer erkrankter italienischer Priester in der Coronakrise außergewöhnlich selbstlos verhalten haben - doch an Details der Geschichte, die international aufgegriffen wurde, sind im Laufe des Dienstags Zweifel lautgeworden.

Der 72-jährige Don Giuseppe Berardelli sei an der durch das neuartige Coronavirus ausgelösten Lungenkrankheit Covid-19 erkrankt gewesen - und habe im Krankenhaus von Lovere (Bergamo) sein Beatmungsgerät einem jüngeren Patienten überlassen, schrieben unter anderem die Lokalzeitung "Araberara " sowie die britische BBC  unter Berufung auf das Krankenhaus. Berardelli starb an der Erkrankung. Ein Pfleger, der von dem Tod berichtete, zeigte sich laut "Araberara" tief berührt. Demnach hatte die Pfarrgemeinde das Beatmungsgerät sogar eigens für ihren Priester erworben.

Der Fall löste großes Aufsehen und große Anteilnahme aus. Berardelli wirkte den Berichten zufolge zuletzt als Priester in Casnigo, einer Kleinstadt mit rund 3000 Einwohnern. Statt auf einem Begräbnis verabschiedeten sich die Menschen demnach auf ihren Balkonen von ihrem Geistlichen - mit Applaus.

An dem Aspekt der Selbstlosigkeit im Krankenhaus sind am Dienstag jedoch Zweifel laut geworden: Zunächst berichtete das katholische Nachrichtenportal Crux  unter Berufung auf einen Kirchendiener aus Casnigo, der Geistliche habe das Beatmungsgerät nicht vertragen und es deshalb abgelehnt. Dies ändere aber nichts daran, dass Berardelli ein vorbildlicher Mensch gewesen sei, der sein Leben in den Dienst der Gemeinschaft gestellt habe.

Der US-Jesuitenpater James Martin, der die ursprüngliche Geschichte auf Twitter geteilt hatte, schrieb inzwischen unter Berufung auf Quellen aus dem Bistum Bergamo, dass die Geschichte über das Beatmungsgerät ungenau sei. Die italienische Zeitung "Republicca"  berichtete am Abend, die Kurie habe die Geschichte dementiert.

Klar ist: Die Kliniken in der Region sind wegen der Ausbreitung des Virus überfordert, längst nicht jeder Erkrankte bekommt noch die Behandlung und die medizinischen Geräte, die er bräuchte. Berardelli war den Berichten zufolge vergangene Woche in dem Krankenhaus an den Folgen der Infektion gestorben.

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Er war nicht der erste Priester, der an den Folgen des Virus gestorben ist. Viele wollen trotz der Pandemie weiter ihren seelsorgerischen Aufgaben nachkommen und etwa Krankenbesuche machen. Papst Franziskus soll die Geistlichen in einer Predigt dazu ermuntert haben, Erkrankten beizustehen, wie das Portal "Vatican News " berichtete.

Italien ist derzeit in Europa das vom Coronavirus am stärksten betroffene Land, deutlich mehr als 6000 Menschen sind bereits gestorben. Die Kapazitäten des Gesundheitswesens sind vielerorts erschöpft, einige deutsche Bundesländer haben sich deshalb zur Aufnahme schwer kranker Patienten aus Italien bereit erklärt. Rund 7500 Menschen gelten in Italien offiziell als geheilt.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Fassung wurde als Fakt dargestellt, dass Don Giuseppe Berardelli zugunsten eines Jüngeren auf ein Beatmungsgerät verzichtet habe. Da es inzwischen jedoch Zweifel an diesem Ablauf gibt, haben wir den Text überarbeitet.

apr
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