Am 9. September dieses Jahres brach im Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos ein Großbrand aus
Foto: Angelos Tzortzinis / AFPIm Blick des Jungen liegt Fassungslosigkeit. Hinter ihm lodern Flammen in den dunklen Himmel, Rauchwolken steigen auf. Auf seinem Arm trägt er ein kleines Kind. Ihr provisorisches Zuhause geht gerade in Flammen auf: das Flüchtlingscamp Moria auf der griechischen Insel Lesbos.
Der Fotograf Angelos Tzortzinis hat das Leiden der Kinder von Moria festgehalten. In der Nacht, in der das Lager abbrannte, war er vor Ort – und fotografierte unter anderem den Zehnjährigen, der in seiner Not ein anderes Kind trägt. Die Aufnahme ist nun als Unicef-»Foto des Jahres« ausgezeichnet worden.
Das Bild sei eine »Momentaufnahme einer Katastrophe in der Katastrophe«, sagt Matthias Gaede, stellvertretender Vorsitzender von Unicef Deutschland. Der direkte Blick des kleinen Jungen gelte jedem, der das Foto sehe. »Er ist ein Auftrag an uns, sich auch außerhalb unserer Komfortzonen um das Schicksal von Kindern zu kümmern«, so Gaede. Bis heute leben die ehemaligen Bewohner des Moria-Camps in einem provisorischen Zeltlager, in dem offenbar furchtbare Zustände herrschen.
Den zweiten Platz belegte der indische Fotograf Supratim Bhattacharjee. Er lichtete zwei Mädchen ab, von Kopf bis Fuß mit Kohlestaub bedeckt. Sie müssen in ihrem jungen Alter schon im Tagebau schuften. Eigentlich illegal – doch um die Familie zu ernähren, sehen die Eltern oft keinen anderen Weg.
Auch die Mädchen in den Favelas Rio de Janeiros haben es alles andere als leicht: Gewalt, Missbrauch und Teenager-Schwangerschaften sind hier weitverbreitet. Die Fotografin Evgeny Makarov hielt die Mädchen auf ihren Bildern in einem Moment der Hoffnung fest: beim Training in der Ballettschule. Dafür wurde die Fotografin mit dem dritten Preis ausgezeichnet. Weitere Fotografinnen und Fotografen erhielten lobende Erwähnungen, unter anderem für Projekte über Straßenkinder in Bangladesch und eine Herztransplantation in Iran.
Sehen Sie hier die ausgezeichneten Aufnahmen:
Unicef verleiht den Fotopreis seit dem Jahr 2000. Die Auszeichnung geht an professionelle Fotografen, »die Persönlichkeit und Lebensumstände von Kindern auf herausragende Weise dokumentieren«. Teilnehmer an dem Wettbewerb müssen von anderen Fotografen oder Fotografie-Experten nominiert werden. Der Preis ist undotiert. Eine Jury aus Fotojournalisten, Publizisten und Kulturwissenschaftlern kürt die Sieger.
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Am 9. September 2020 zerstört im Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos ein Brand die Unterkünfte von 13.000 Menschen, darunter 4.000 Kinder. Das Feuer breitet sich rasend schnell aus, den Geflüchteten bleibt nur, in die Hand zu nehmen, was sie greifen können. In dieser Inferno-Nacht hat Angelos Tzortzinis das Leiden der Kinder festgehalten. Diese Aufnahme des griechischen Fotografen kürt das Kinderhilfswerk Unicef zu seinem Foto des Jahres.
Der Fluch der Kohle: Die Kohlefelder von Jharia im indischen Bundesstaat Jharkhand gehören zu den größten in ganz Asien. Luft und Trinkwasser sind verschmutzt, Asthma, Tuberkulose und Hautkrankheiten grassieren. Trotzdem halten es Menschen hier aus, ziehen sogar auf der Suche nach Arbeit hierher. Und auch Kinder arbeiten in den offenen Minen, schleppen Steine. Der indische Fotograf Supratim Bhattacharjee hat in den Gesichtern dieser Kinder ihr ganzes Elend eingefangen: Entsetzen, Erschöpfung, Zerstörung. Die Kinder von Jharia zu erleben, schreibt Bhattacharjee, hätte ihn nicht nur geschmerzt. Es sei »ein Schock« für ihn gewesen. Diese Aufnahme schaffte es beim »Unicef Fotos des Jahres« auf Platz zwei.
Spitzentanz im Armenviertel: Gewalt, Drogen, frühe Schwangerschaften – Alltag in manchen Favelas von Rio de Janeiro. Eine Gruppe von Mitgliedern einiger der besten Tanzakademien Brasiliens aber hat beschlossen, für eine Alternative zu sorgen: In der Favela Manguinhos haben sie eine Ballettschule eröffnet. 250 Mädchen und junge Frauen kommen regelmäßig hierher. Fotograf Evgeny Makarov bezeichnet die Schule als einen »Schutzbunker«, in dem die jungen Frauen neues Selbstbewusstsein lernen. Unicef zeichnet Makarov für seine Arbeit mit dem dritten Preis aus.
Flieg, Drachen: Es ist nur eine kleine Freiheit, aber Teherans Kinder schätzen sie. Auf dem Dach ihres Hauses lässt eine Familie in Irans Hauptstadt einen Drachen steigen. In dem Land gelten strenge Corona-Auflagen, dennoch starben bis Dezember 2020 fast 50.000 Menschen an einer Infektion mit dem Virus. Der Fotograf Erfan Kouchari hat die Szene festgehalten und erhält dafür eine »Ehrenvolle Erwähnung« von Unicef.
Eine Bambusmatte als Bett: Schätzungen über die Zahl der Straßenkinder in Bangladesch sind schwierig; vermutlich sind es Hunderttausende. In Dhaka, der Hauptstadt von Bangladesch, schlafen sie am Fluss, neben vierspurigen Straßen oder vor Bahnhöfen. Mit Botengängen oder als Müllsammler verdienen die Kinder der Straße ihr Geld, als Bettler und mit Taschendiebstählen versuchen sie zu überleben. Fotograf Sumon Yusuf, der selbst aus Bangladesch stammt, erhält für seine Bilder eine »Ehrenvolle Erwähnung« von Unicef.
Schule des Lebens: Sie werden in der Kälte geboren, ziehen mit ihren Eltern auf Schlitten umher: Die Kinder der Nenzen, einem der 44 indigenen Völker auf russischem Territorium, wachsen in großer Freiheit auf. Mit sieben Jahren aber beginnt die Schule – weit entfernt von ihrer Heimat. Die Fotografin Elena Chernyshova hat die Kinder der Rentierzüchter in beiden Leben begleitet: in der Tundra, eingepackt in Felle. Und beim Turnen in der Schule, unter Beobachtung der Lehrer. Dafür zeichnet Unicef sie mit einer »Ehrenvollen Erwähnung« aus.
Drogen, Waffen, Mafia: Die Kinder von Catania auf Sizilien wachsen unter schwierigen Bedingungen auf. Oft sitzt der Vater im Gefängnis, die Jugendlichen verdienen sich ihr Geld mit Drogendeals. Der italienische Fotograf Daniele Vita hat sie begleitet: 10- bis 15-Jährige, die sich an den Kliffs am Meer treffen, um vieles zum ersten Mal auszuprobieren: erste Zigaretten, erste Drogen, erste Küsse, ersten Sex. Für seine Arbeit erhält Vita eine »Ehrenvolle Erwähnung«
Ein Herz, zwei Leben: Sajjad Darwishali ist erst neun Jahre alt, als er bei einem Autounfall in Iran stirbt. Nachdem der Hirntod des Jungen festgestellt worden ist, entscheidet sich seine Familie, sein Herz und weitere Organe zu spenden. Das Herz Sajjads wird in Teheran einem zehn Jahre alten Jungen eingepflanzt, der unter einer lebensgefährlichen Herzmuskelerkrankung leidet. Der Fotograf Hamed Malekpour aus Teheran begleitete die Familien der beiden Jungen – und hielt erst große Trauer und dann große Erleichterung fest. Die Transplantation war erfolgreich.
Kampf gegen das Trauma: Die Kinder von Aleppo sind im Kriegsgebiet aufgewachsen. Der Karate-Lehrer Wasim Satoteine will ihnen ein Stück ihrer Kindheit zurückgeben – die Kinder zwischen 6 und 15 Jahren sollen in seiner Schule unbeschwerten Spaß erleben. Sasoteine unterrichtet Mädchen und Jungen mit und ohne Behinderung gemeinsam. Der Fotograf Anas Alkharboutli wurde für sein Bild mit einer »Ehrenvollen Erwähnung« ausgezeichnet.
Auf der Flucht: Seit 2016 fliehen Menschen aus dem Krisenstaat Venezuela ins benachbarte Kolumbien. So wie diese Kinder. Nach Schätzungen von Unicef ist der Flüchtlingsstrom auf 1,7 Millionen Menschen gewachsen, darunter über 430.000 Kinder und Jugendliche. Zwar leisten kolumbianische Organisationen bereits an der Grenze eine Art Erste Hilfe, verteilen Lebensmittel, Trinkwasser und Medikamente. Doch das Gros der Geflüchteten versucht, die Hauptstadt Bogotá zu erreichen. Sie begeben sich auf abenteuerliche Wege zu Fuß, und manche schaffen es, dass sie auf Lastwagen reisen können. Für das Festhalten der Szene erhält Fotograf Nicoló Filippo eine »Ehrenvolle Erwähnung«.
Am 9. September 2020 zerstört im Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos ein Brand die Unterkünfte von 13.000 Menschen, darunter 4.000 Kinder. Das Feuer breitet sich rasend schnell aus, den Geflüchteten bleibt nur, in die Hand zu nehmen, was sie greifen können. In dieser Inferno-Nacht hat Angelos Tzortzinis das Leiden der Kinder festgehalten. Diese Aufnahme des griechischen Fotografen kürt das Kinderhilfswerk Unicef zu seinem Foto des Jahres.
Foto: Angelos Tzortzinis / AFPDer Fluch der Kohle: Die Kohlefelder von Jharia im indischen Bundesstaat Jharkhand gehören zu den größten in ganz Asien. Luft und Trinkwasser sind verschmutzt, Asthma, Tuberkulose und Hautkrankheiten grassieren. Trotzdem halten es Menschen hier aus, ziehen sogar auf der Suche nach Arbeit hierher. Und auch Kinder arbeiten in den offenen Minen, schleppen Steine. Der indische Fotograf Supratim Bhattacharjee hat in den Gesichtern dieser Kinder ihr ganzes Elend eingefangen: Entsetzen, Erschöpfung, Zerstörung. Die Kinder von Jharia zu erleben, schreibt Bhattacharjee, hätte ihn nicht nur geschmerzt. Es sei »ein Schock« für ihn gewesen. Diese Aufnahme schaffte es beim »Unicef Fotos des Jahres« auf Platz zwei.
Foto: Supratim BhattacharjeeSpitzentanz im Armenviertel: Gewalt, Drogen, frühe Schwangerschaften – Alltag in manchen Favelas von Rio de Janeiro. Eine Gruppe von Mitgliedern einiger der besten Tanzakademien Brasiliens aber hat beschlossen, für eine Alternative zu sorgen: In der Favela Manguinhos haben sie eine Ballettschule eröffnet. 250 Mädchen und junge Frauen kommen regelmäßig hierher. Fotograf Evgeny Makarov bezeichnet die Schule als einen »Schutzbunker«, in dem die jungen Frauen neues Selbstbewusstsein lernen. Unicef zeichnet Makarov für seine Arbeit mit dem dritten Preis aus.
Foto: Evgeny MakaroFlieg, Drachen: Es ist nur eine kleine Freiheit, aber Teherans Kinder schätzen sie. Auf dem Dach ihres Hauses lässt eine Familie in Irans Hauptstadt einen Drachen steigen. In dem Land gelten strenge Corona-Auflagen, dennoch starben bis Dezember 2020 fast 50.000 Menschen an einer Infektion mit dem Virus. Der Fotograf Erfan Kouchari hat die Szene festgehalten und erhält dafür eine »Ehrenvolle Erwähnung« von Unicef.
Foto: Erfan KouchariEine Bambusmatte als Bett: Schätzungen über die Zahl der Straßenkinder in Bangladesch sind schwierig; vermutlich sind es Hunderttausende. In Dhaka, der Hauptstadt von Bangladesch, schlafen sie am Fluss, neben vierspurigen Straßen oder vor Bahnhöfen. Mit Botengängen oder als Müllsammler verdienen die Kinder der Straße ihr Geld, als Bettler und mit Taschendiebstählen versuchen sie zu überleben. Fotograf Sumon Yusuf, der selbst aus Bangladesch stammt, erhält für seine Bilder eine »Ehrenvolle Erwähnung« von Unicef.
Foto: Sumon YusufSchule des Lebens: Sie werden in der Kälte geboren, ziehen mit ihren Eltern auf Schlitten umher: Die Kinder der Nenzen, einem der 44 indigenen Völker auf russischem Territorium, wachsen in großer Freiheit auf. Mit sieben Jahren aber beginnt die Schule – weit entfernt von ihrer Heimat. Die Fotografin Elena Chernyshova hat die Kinder der Rentierzüchter in beiden Leben begleitet: in der Tundra, eingepackt in Felle. Und beim Turnen in der Schule, unter Beobachtung der Lehrer. Dafür zeichnet Unicef sie mit einer »Ehrenvollen Erwähnung« aus.
Foto: Elena ChernyshovaDrogen, Waffen, Mafia: Die Kinder von Catania auf Sizilien wachsen unter schwierigen Bedingungen auf. Oft sitzt der Vater im Gefängnis, die Jugendlichen verdienen sich ihr Geld mit Drogendeals. Der italienische Fotograf Daniele Vita hat sie begleitet: 10- bis 15-Jährige, die sich an den Kliffs am Meer treffen, um vieles zum ersten Mal auszuprobieren: erste Zigaretten, erste Drogen, erste Küsse, ersten Sex. Für seine Arbeit erhält Vita eine »Ehrenvolle Erwähnung«
Foto: Daniele VitaEin Herz, zwei Leben: Sajjad Darwishali ist erst neun Jahre alt, als er bei einem Autounfall in Iran stirbt. Nachdem der Hirntod des Jungen festgestellt worden ist, entscheidet sich seine Familie, sein Herz und weitere Organe zu spenden. Das Herz Sajjads wird in Teheran einem zehn Jahre alten Jungen eingepflanzt, der unter einer lebensgefährlichen Herzmuskelerkrankung leidet. Der Fotograf Hamed Malekpour aus Teheran begleitete die Familien der beiden Jungen – und hielt erst große Trauer und dann große Erleichterung fest. Die Transplantation war erfolgreich.
Foto: Hamed MalekpourKampf gegen das Trauma: Die Kinder von Aleppo sind im Kriegsgebiet aufgewachsen. Der Karate-Lehrer Wasim Satoteine will ihnen ein Stück ihrer Kindheit zurückgeben – die Kinder zwischen 6 und 15 Jahren sollen in seiner Schule unbeschwerten Spaß erleben. Sasoteine unterrichtet Mädchen und Jungen mit und ohne Behinderung gemeinsam. Der Fotograf Anas Alkharboutli wurde für sein Bild mit einer »Ehrenvollen Erwähnung« ausgezeichnet.
Foto: Anas Alkharboutli / DPAAuf der Flucht: Seit 2016 fliehen Menschen aus dem Krisenstaat Venezuela ins benachbarte Kolumbien. So wie diese Kinder. Nach Schätzungen von Unicef ist der Flüchtlingsstrom auf 1,7 Millionen Menschen gewachsen, darunter über 430.000 Kinder und Jugendliche. Zwar leisten kolumbianische Organisationen bereits an der Grenze eine Art Erste Hilfe, verteilen Lebensmittel, Trinkwasser und Medikamente. Doch das Gros der Geflüchteten versucht, die Hauptstadt Bogotá zu erreichen. Sie begeben sich auf abenteuerliche Wege zu Fuß, und manche schaffen es, dass sie auf Lastwagen reisen können. Für das Festhalten der Szene erhält Fotograf Nicoló Filippo eine »Ehrenvolle Erwähnung«.
Foto: Nicolo Filippo RossoMelden Sie sich an und diskutieren Sie mit
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