Kaputte Dächer, umgekippte Bäume, lahmgelegter Zugverkehr Orkantief »Antonia« richtet weitere Sturmschäden an

Mit »Antonia« hat das dritte schwere Sturmtief binnen weniger Tage für Schäden gesorgt. Durch die Orkanböen stürzten Bäume um, Häuser wurden abgedeckt, Autofahrer verletzt. Der Bahnverkehr bleibt stark eingeschränkt.
Nächtlicher Einsatz: »Antonia« ließ wie vielerorts weitere Bäume einstürzen

Nächtlicher Einsatz: »Antonia« ließ wie vielerorts weitere Bäume einstürzen

Foto: Markus Klümper / IMAGO

Sturmtief »Antonia« ist mit hohen Geschwindigkeiten über Deutschland hinweggefegt – und hat für weitere schwere Schäden gesorgt. Ein Sprecher des Deutschen Wetterdiensts (DWD) sprach für Baden-Württemberg von schweren Sturmböen von bis zu 100 km/h im Flachland, auf dem Feldberg gar von einem Orkan mit einer Geschwindigkeit von bis zu 149 Kilometern pro Stunde. »Antonia« war bereits das dritte schwere Sturmtief, das Deutschland seit Donnerstag traf.

Vielerorts stürzten Bäume um. In Niedersachsen wurden zwei Autofahrer verletzt, als die nacheinander mit ihren Wagen gegen einen durch »Antonia« umgestürzten Baum geprallt sind. Beide Fahrer mussten nach den Unglücken im Landkreis Osnabrück verletzt in umliegende Krankenhäuser gebracht worden, wie ein Polizeisprecher sagte. Auf der Fehmarnsundbrücke in Schleswig-Holstein ist im Sturm erneut ein Lkw umgekippt, nachdem hier in den vergangenen Tagen laut NDR bereits zwei Lastwagen verunglückt waren. Die Brücke auf die Insel war am Morgen laut Polizei in beide Richtungen voll gesperrt.

In Niedersachsen kämpfte das Technische Hilfswerk gegen Überschwemmungen

In Niedersachsen kämpfte das Technische Hilfswerk gegen Überschwemmungen

Foto: Hauke-Christian Dittrich / dpa

In Nordrhein-Westfalen wurden Hausdächer zerstört und Autos beschädigt. In Herdecke südlich von Dortmund flog das Dach eines Mehrfamilienhauses davon und landete auf einem anderen Dach, wie die Feuerwehr mitteilte. Auch das zweite Dach wurde demnach massiv beschädigt. Verletzt wurde dabei niemand, wie es hieß. In Solingen fiel ein Baum auf eine Busoberleitung, dadurch wurden laut Polizei etwa 200 Meter der Leitung abgerissen.

Wegen des Unwetters müssen sich Fahrgäste auch am Montag auf Einschränkungen im Bahnverkehr einstellen. Aufgrund von Unwetterschäden sei mit Verspätungen und Zugausfällen zu rechnen, teilte die Deutsche Bahn (DB) mit. Demnach verkehren keine Fernverkehrszüge zwischen Hamburg und Rostock/Stralsund, zwischen Berlin und Rostock/Stralsund, zwischen Norddeich Mole/Emden und Köln und zwischen Siegen und Dortmund.

Mehr als 6000 Kilometer Bahnstrecke nicht befahrbar

In Nordrhein-Westfalen hatte die Bahn am Sonntag wegen »Antonia« den Regionalverkehr komplett eingestellt. »Wir schicken ab 20 Uhr keine neuen Züge mehr auf die Strecke«, hatte eine Sprecherin gesagt. Dies sei eine Vorsichtsmaßnahme. Am Montagmorgen sollten Regionalzüge dann voraussichtlich den Betrieb wiederaufnehmen.

Reisender am Montagmorgen in Duisburg: Im Regionalverkehr in NRW ging nichts mehr – und vielerorts gibt es weiterhin Behinderungen

Reisender am Montagmorgen in Duisburg: Im Regionalverkehr in NRW ging nichts mehr – und vielerorts gibt es weiterhin Behinderungen

Foto: Roland Weihrauch / dpa

Die Eisenbahngesellschaft Metronom, die viele Regionallinien in Niedersachsen, Hamburg und Bremen betreibt, wollte ihren Zugverkehr am Sonntag ebenfalls schrittweise einstellen. Voraussichtlich bis Montagnachmittag sei ein Bus-Notverkehr geplant.

Mit Beeinträchtigungen rechnet die Bahn mindestens bis Montagnachmittag außerdem für den Regionalverkehr in Nordbaden, Rheinland-Pfalz und im Saarland. Auch in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt bleibt der Bahnverkehr bis voraussichtlich Montagnachmittag eingeschränkt. Es sei mit Verspätungen und Zugausfällen in der gesamten Region zu rechnen. In Sachsen-Anhalt sind einige Linien noch von Unwetterschäden durch die vorangegangenen Sturmtiefs betroffen.

Umgekippter Lkw auf der Fehmarnsundbrücke

Umgekippter Lkw auf der Fehmarnsundbrücke

Foto: Dennis Angenendt / Beautiful Sports / IMAGO

In den vergangenen Tagen waren bereits durch die Orkantiefs »Ylenia« und »Zeynep« reihenweise Bäume umgestürzt und Gebäude beschädigt worden, mindestens sechs Menschen starben. Die Schäden für die Versicherer nahmen Milliardenhöhe an. »Zeynep« sei der schadenreichste Sturm seit »Kyrill« im Jahr 2007 gewesen, teilte die auf Versicherungsmathematik spezialisierte Unternehmensberatung Meyerthole Siems Kohlruss mit.

Für die deutsche Nordseeküste bestand durch »Antonia« nun erneut Sturmflutgefahr, wie das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie warnte. Für etliche Regionen von der Ostseeküste bis zum Alpenrand war zudem die Warnkarte des Wetterdienstes in der Nacht auf Montag orange bis rot eingefärbt – dort bestanden Unwetterwarnungen vor Sturm- und Orkanböen. Der DWD-Meteorologe machte jedoch auch Hoffnung: Die stürmische Kaltfront »zieht im Laufe des Vormittags südostwärts ab«. Der Wind wird laut seiner Behörde, wenn auch schwächer, diese Woche aber weiter Thema bleiben.

Schulausfall in Teilen Bayerns

Im unterfränkischen Landkreis Miltenberg in Bayern soll an diesem Montag teils der Unterricht ausfallen. Hintergrund ist, dass die Westfrankenbahn von Sonntagabend bis Montagmorgen den Zugverkehr im gesamten Streckennetz eingestellt habe, teilte das bayerische Kultusministerium mit.

In Köln wurde die Zoobrücke über den Rhein nach einem Autounfall im Sturm gesperrt. Wegen des starken Windes hatte sich dort am Abend der leere Anhänger eines Autos aufgeschaukelt, wie ein Polizeisprecher sagte. Der Fahrer verlor demnach die Kontrolle über seinen Wagen und krachte durch die Mittelleitplanke. Inzwischen ist die wichtige Strecke wieder für den Verkehr freigegeben.

Im Erzgebirge wie hier nahe Wiesa sorgte der Sturm für winterliche Straßenverhältnisse

Im Erzgebirge wie hier nahe Wiesa sorgte der Sturm für winterliche Straßenverhältnisse

Foto: B&S/Bernd März / imago images/Bernd März

Behinderungen gibt es auch für Schiffsreisende auf der Ostsee zwischen Rostock und Dänemark. Wie die Fährreederei Scandlines mitteilte, sind die Fahrten zwischen Rostock und dem dänischen Hafen Gedser bis Montagmittag abgesagt.

Laut Bahn waren nach den zurückliegenden Sturmtagen zwischenzeitlich insgesamt mehr als 6000 Kilometer des Streckennetzes nicht befahrbar. Rund 2000 Einsatzkräfte seien rund um die Uhr unterwegs, um umgestürzte Bäume zu beseitigen und Oberleitungen zu reparieren.

Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Bernd Buchholz verlangte von der Bahn unterdessen ein besseres Unwetter-Krisenmanagement. So mahnte der FDP-Politiker einen gründlicheren und früheren Grünschnitt an, um entlang der elektrifizierten Strecken Baumstürze auf Oberleitungen zu verhindern. Er werde dies noch einmal an DB-Vorstand Ronald Pofalla adressieren.

apr/dpa
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