
Love-Parade-Tragödie: Trauer im Ruhrgebiet
Duisburg-Ticker Trauernde finden Worte der Versöhnung
[12.05 Uhr] Die Trauergemeinde verlässt die Salvatorkirche
Die Kirche leert sich allmählich, einzeln verbeugen sich Gottesdienstteilnehmer vor den 21 Kerzen, vor denen sich die Rettungshelfer und Kirchenvertreter versammelt haben, die zuvor die Kerzen entzündet hatten.
[11.50 Uhr] "Der Mensch muss wieder Leitlinie unseres Handels sein": Sichtlich bewegt spricht Hannelore Kraft zur Trauergemeinde
"Wir halten heute inne, wir fühlen mit ihnen", versichert Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) den Angehörigen der Toten. "Es ist schwer, Worte zu finden angesichts des Todes", so Kraft weiter, die sichtlich bewegt ist und deren Stimme immer wieder bricht. "Besonders schwer", so Kraft, sei dies "angesichts der Umstände." Sie spricht von den "schrecklichen Bildern, die sich in unseren Köpfen eingebrannt haben. Uns alle lässt das Geschehen nicht los."
Es gebe, so Kraft, immer noch viele Fragen und noch zu wenige Antworten: "Wer trägt Schuld, wer ist verantwortlich? Diese Fragen werden und müssen eine Antwort finden."
Zutiefst bewegt trägt Kraft, deren eigener Sohn ebenfalls auf der Love Parade gefeiert hatte, die Bitte vor, die ihr ein Vater eines der Opfer mit auf den Weg gegeben habe. In Deutschland sollten die Menschen "unser Wertesystem überdenken." Der Mensch müsse wieder "Leitlinie unseres Handelns sein." Kraft verspricht: "Das muss, das wird, unsere gemeinsame Verpflichtung sein."
Zudem solle allen Angehörigen "schnell und unbürokratisch geholfen werden."
[11.40 Uhr] Die Trauergemeinde erhebt sich zum Gebet - "Damit Wut und Zorn nicht weiter die Stadt regieren"
"Gib den Angehörigen die Kraft, die Trauer auszuhalten", heißt es in dem Gebet, das von verschiedenen Teilnehmern des Gottesdienstes vorgetragen wird. Auch die Polizisten, Nothelfer und Rettungskräfte, die "am Unfallort und in den Krankenhäusern unermüdlich im Einsatz waren", werden in die Fürbitte eingeschlossen. "Stärke sie, damit sie den Mut und die Kraft für ihren Dienst nicht verlieren". Auch für die Verantwortlichen wird gebetet - Wut und Zorn, so heißt die Bitte, sollten nicht länger die Stadt regieren. Die Gemeinde betet das Vaterunser.
[11.30 Uhr] Kerzen für die 21 Opfer
"Als Zeichen menschlicher Liebe, in der die Toten leben", werden nun 21 Kerzen in der Salvatorkirche entzündet, eine für jedes der Opfer, die bei oder nach der Massenpanik im Tunnel starben. Präses Nikolaus Schneider zündet die erste weiße Kerze an, stellt sie auf den Altar. Unfallseelsorger und Rettungshelfer, teils in ihren gelben Westen, zünden daran weitere Kerzen an. Darauf zu sehen sind christliche christliche Symbole: ein Regenbogen, ein Kreuz, ein Traubenstock und ein Fisch. Zur Begleitung wird eine Cellosuite von Bach gespielt.
Kanzlerin Merkel lauscht der Musik, schließt kurz die Augen.
[11.23 Uhr] "Leid, das lange währen wird"
"Jung, dynamisch, in Feierlaune, völlig sicher, dass alles gut gehen wird", so hätten sich die Raver vor einer Woche zur Love Parade in Bewegung gesetzt, sagt Bischof Overbeck in seiner Predigt. "Am Abend dann: das Chaos, Tote und Verletzte. Von jetzt auf gleich bricht alles zusammen." Das führe den Menschen immer wieder auf die Frage zurück, wie Gott, der Liebe sei, das Leid zulassen könne.
[11.13 Uhr] "Love Parade wurde zum Totentanz"
"Warum mussten 21 Menschen so plötzlich sterben, die doch nur ihrer Lebensfreude Ausdruck geben wollten? Und wie verlangt Gott Rechenschaft von denen, die Verantwortung für das Unglück zu tragen haben?", fragt Nikolaus Schneider in seiner Predigt und spricht von "erschütterten Helferinnen und Helfern, Polizistinnen und Polizisten, die selbst Hilfe und Ermutigung brauchen, aber auch Erwachsene, die wie versteinert Verantwortung von sich weg schieben" -ein Verweis auf Duisburg Oberbürgermeister Adolf Sauerland.
Schneider setzt die Love Parade mit einem "Totentanz" gleich. Aber: "Unsere Toten sind nicht tot. Der Totentanz wandelt sich zu einem Fest unzerstörbaren Lebens."
[11.10 Uhr] "Wir erfahren, dass Menschen nicht alles regeln können"
Bischof Overbeck nimmt in seinem Eröffnungsgebet Bezug auf die tragischen Ereignisse der Love Parade, die deutlich gemacht hätten, dass der Mensch die Dinge des Lebens nicht immer beherrschen könne.
[11.05 Uhr] "Menschliche Antworten stoßen an ihre Grenzen"
Pfarrer Martin Winterberg eröffnet den Gottesdienst. "Wir beten für die 21 Verstorbenen, die bei der Love Parade mitten aus dem Leben gerissen wurden. Bitterkeit und Hoffnung, Wut und Trost, Zweifel und Gewissheit - sie sind hier." Bischof Overbeck fügt hinzu: "Menschliche Antworten stoßen an ihre Grenzen".
[10.55 Uhr] Geringer Andrang an Übertragungsorten
Wenige Minuten vor Beginn der Trauerfeier für die Loveparadeopfer in Duisburg herrscht geringer Andrang an den Übertragungsorten. Im MSV-Stadion waren eine Viertelstunde vor dem Beginn der Gedenkfeier nur rund 1000 Besucher eingetroffen.
[10.50 Uhr] Die Trauergemeinde ist in der Salvatorkirche versammelt
Der ökumenische Gottesdienst wird von Franz-Josef Overbeck, Bischof der Diözese Essen, und Nikolaus Schneider, rheinischer Präses und Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche, zelebriert. Aus der Berliner Politik sind unter anderem die Parteivorsitzenden von FDP und SPD, Guido Westerwelle und Sigmar Gabriel, vertreten. Die Ministerpräsidentin Nordrhein-Westfalens, Hannelore Kraft, wird zu der Trauergemeinde sprechen.
[10.45 Uhr] Alle Kirchenglocken Duisburgs läuten
Zum Gedenken an die Toten läuten nun die Glocken aller Kirchen in Duisburg. In der Salvatorkirche versammeln sich Vertreter des Staates sowie Angehörige der Opfer der Love Parade.
[10.30 Uhr] Bundespräsident und Kanzlerin treffen Angehörige der Opfer
Unmittelbar vor dem Beginn der Trauerfeier in der Duisburger Salvatorkirche sind Bundespräsident Christian Wulff, Bundestagspräsident Norbert Lammert und Bundeskanzlerin Angela Merkel zu einem Gespräch mit Angehörigen der Opfer zusammengekommen.
[10.15 Uhr] Fritz Pleitgen gedenkt am Tunnel der Opfer
Fritz Pleitgen, ehemaliger Intendant des WDR und Geschäftsführer der RUHR2010, legt einen Kranz am Tunnel nieder und gedenkt der Opfer. Pleitgen hatte sich bereits unmittelbar nach der Katastrophe zur moralischen Verantwortung für das Geschehen bekannt.
[10 Uhr] Kränze der Spitzenpolitiker am Unglücksort niedergelegt
Kränze von Wulff, Merkel und anderen Repräsentanten des Staates liegen bereits vor dem Straßentunnel, der zu dem Unglücksort führt. Die schwarzen, roten und dunkelgelben Blumen darauf symbolisieren die Nationalfarben. Das Meer von Kerzen, die zahlreiche Menschen vor dem Tunnel abgestellt haben, wächst ständig.
Im Gedränge im Zugangsbereich zur Loveparade waren vor einer Woche 21 zumeist junge Leute zu Tode gedrückt und getrampelt worden.
Wie viele Menschen zum Trauern kommen, lässt sich nicht abschätzen. Die Veranstalter rechnen mit einer Zahl zwischen 10.000 und 100.000 Besuchern. Starke Polizeikräfte sollen für einen angemessenen Verlauf des Gedenkens sorgen. Es wird nicht ausgeschlossen, dass empörte Bürger ihrem Zorn über die Behörden Luft machen.
Seit der Katastrophe erheben Veranstalter und staatliche Stellen gegeneinander Schuldvorwürfe. Duisburgs CDU-Oberbürgermeister Adolf Sauerland und Loveparade-Veranstalter Rainer Schaller nehmen nicht an der Gedenkfeier teil.
[9 Uhr] Salvatorkirche und Tunnel sind abgesperrt
Die Duisburger Salvatorkirche ist weitgehend abgesperrt. Auch der Tunnel vor dem Veranstaltungsgelände der Loveparade ist nicht für die Öffentlichkeit zugänglich.
Um der großen Anteilnahme in der Bevölkerung zu entsprechen, wird der Gottesdienst in die MSV- Arena und in 14 Kirchen im Stadtgebiet übertragen. Es wird mit mehreren zehntausend Menschen gerechnet. Am Nachmittag findet dann ein Trauermarsch vom Hauptbahnhof zu einem Park in der Nähe des Loveparadegeländes statt. Kleinere Gruppen können zudem zum Unglücksort ziehen und vor dem abgesperrten Zugang Kerzen oder Bilder aufstellen.
[Freitagabend] Duisburgs OB Sauerland will vorerst im Amt bleiben
Duisburgs umstrittener Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) will solange im Amt bleiben, bis die Verantwortlichkeiten für das katastrophale Unglück bei der Loveparade geklärt sind. In einem Interview des Nachrichtensenders N24 sagte Sauerland: "Ich werde mich dieser Verantwortung stellen, ja. Aber diese Verantwortung kann erst dann übernommen werden, wenn wir wissen, was passiert ist."
Er sei "sicher, dass es Fehler gab, dass Fehler gemacht wurden". Aber es müsse noch vieles getan werden, um aufzuklären. "Und das kann ich nur, wenn ich im Amt bleibe." Gäbe er auf, dann wären alle Akten für ihn geschlossen. "Ich will Antworten haben, und werde dann auch Konsequenzen für mich und mein Handeln ziehen.
Die Rücktrittsforderungen auch aus der eigenen Partei waren zuletzt immer lauter geworden.