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Alleingelassen vor Libyens Küste Rettungsschiff mit Überlebender und Leichen erreicht Mallorca

Spanien löst Italien als Hauptziel für Flüchtlinge ab: Neben einer Frau aus Kamerun, die wohl von der libyschen Küstenwache auf offenem Meer alleingelassen wurde, trafen Hunderte Migranten in Mallorca ein.

Ein Rettungsschiff mit einer Migrantin und zwei Leichen an Bord ist in Mallorca eingetroffen. Ein Schiff der Nichtregierungsorganisation Proactiva Open Arms sei nach viertägiger Fahrt in den Hafen von Palma eingelaufen, teilte der Gründer der spanischen NGO, Oscar Camps, auf Twitter mit.

Italiens rechte Regierung hatte der Organisation zwar einen Hafen zum Anlanden zugewiesen. Rom wollte sich allerdings nur um die Überlebende, nicht aber um die Toten der Flucht über das Mittelmeer kümmern. Daraufhin hatte Proactiva Open Arms Spanien angesteuert.

Italiens rechtspopulistischer Innenminister Matteo Salvini verweigert seit seinem Amtsantritt Anfang Juni privaten Seenotrettern die Landung in Italien und will auch keine geretteten Flüchtlinge mehr von europäischen Grenzschutz- und Marineschiffen aufnehmen.

Die vor der libyschen Küste gerettete Migrantin aus Kamerun war auf dem Schiff ärztlich und psychologisch betreut worden, wie die Regionalbehörden der Balearen mitteilten. Nun habe das Rote Kreuz die Frau zur weiteren Behandlung in ein Krankenhaus in Palma gebracht, hieß es. Sie leide an Unterkühlung und Dehydration.

Eine italienische Ärztin behandelt die Frau aus Kamerun

Eine italienische Ärztin behandelt die Frau aus Kamerun

Foto: JUAN MEDINA/ REUTERS

Die Frau namens Josefa erhole sich langsam von den Strapazen, sagte der Sprecher von Proactiva Open Arms, Riccardo Gatti. "Sie kann noch nicht wieder gehen, hat aber gestern das erste Mal aus eigener Kraft gegessen, ohne dass wir sie füttern mussten", sagte er. Langsam sei auch ihre Stimme zurückgekehrt und sie könne ihre Gliedmaßen wieder bewegen.

Proactiva Open Arms ist davon überzeugt, dass die libysche Küstenwache die drei Flüchtlinge während einer Rettungsaktion im Meer zurückgelassen hat, weil diese sich geweigert hatten, nach Libyen zurückgebracht zu werden. Die Retter hatten die Überlebende sowie die Leichen der Frau und des Kindes inmitten der zerstörten Überreste ihres Plastikbootes gefunden.

Die NGO hat nun bei der spanischen Justiz Klage gegen die libysche Küstenwache sowie den Kapitän eines Frachtschiffes eingereicht - wegen unterlassener Hilfeleistung und fahrlässiger Tötung.

Mitglieder der spanischen NGO Proactiva Open Arms bergen die Leiche eines Flüchtlingskindes

Mitglieder der spanischen NGO Proactiva Open Arms bergen die Leiche eines Flüchtlingskindes

Foto: PAU BARRENA/ AFP

Der Basketballer Marc Gasol hatte an der Rettungsaktion von "Open Arms" teilgenommen. Die drei Migranten seien in einer "unmöglichen Situation" zurückgelassen worden, empörte er sich. Die libysche Küstenwache habe "unmenschlich und kriminell" gehandelt, er selbst verspüre große Wut und Hilflosigkeit, sagte der Spanier, der für den NBA-Klub Memphis Grizzlies spielt.

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Neben der Kamerunerin trafen am Freitag und Samstag weitere 549 Flüchtlinge ein. Diese Migranten seien im Alborán-Meer und in der Straße von Gibraltar im westlichen Mittelmeer aus insgesamt 30 Booten aus Seenot gerettet worden, teilten die spanischen Seerettungskräfte mit.

Flucht übers Mittelmeer - Unterwegs mit libyschen Sicherheitskräften

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ala/dpa/AFP
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