Redestil Warum steinmeiert es überall, Herr Kramer?
SPIEGEL: Mit der Wahl des Bundespräsidenten am Sonntag wird uns wohl nicht nur Frank-Walter Steinmeier erhalten bleiben, sondern auch sein ...
Kramer: Dieses Pausieren mitten im Satz, unabhängig von Sinnschritt und Atempause?
SPIEGEL: ... eigentümlicher Redestil. Dieses ...
Kramer: ... verlängerte Warten auf den Sinn eines Satzes, weil das Verb ausbleibt? Das Verschleifen von Sätzen? Das ist eine rhetorische Figur, um Spannung zu erzeugen. Wirkt durch den ruhigen Stil auch sehr nachdenklich und präsidial.
SPIEGEL: Nur scheint Steinmeier gar nicht mehr anders zu können. Er spricht über romantische Malerei mit der gleichen Bedeutungsschwere wie über den Holocaust-Gedenktag.
Kramer: Man sollte Stilmittel sparsam einsetzen. Diese Pausentechnik kann Interesse wecken, ist aber irgendwann auch ermüdend. Zumal wenn die zentralen Begriffe so abstrakt sind: Zusammenhalt, Mut, Verantwortung. Bei Steinmeier hat sich das Präsidiale und Staatstragende verfestigt. Seine Wahlkampfreden waren viel aggressiver und lebendiger.
SPIEGEL: Kann es sein, dass sich dieses Steinmeiern in der Öffentlichkeit ausbreitet, man hört es immer öfter ...
Kramer: Etwa jetzt in diesem Interview. Schwer zu sagen, ob Steinmeier stilbildend wirkt. Auffällig ist, wie wenig längere Absätze es in den Manuskripten von Politikerreden gibt. Ein Satz reiht sich atomistisch an den anderen. Das bedient natürlich das Gebot der Kürze in den Medien.

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Noch vor Kurzem hatten Fachleute die Inflation als »vorübergehend« bezeichnet. Nun gehen sie davon aus, dass die Teuerungswelle monatelang weiterrollen wird. Mindestens. Politiker und Unternehmer stellen sich auf neue Verteilungskonflikte ein. Die Zentralbanken planen die Kehrtwende.
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SPIEGEL: Gut, dass es den Bundeskanzler als rhetorischen Gegenentwurf gibt. Der »Scholzomat« ist bekanntlich pathosimmun.
Kramer: Moment, auch Olaf Scholz beherrscht die Kunst der Pause. Nur endet sie dann bei ihm oft nicht.