Französischer Bischof Pican (2001): Wissen über Taten nicht weitergegeben
Foto: © STR New / ReutersFrankreich hat seine große Diskussion über sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche bereits vor zehn Jahren geführt. Damals war ein Priester der Diözese Bayeux zu 18 Jahren Haft verurteilt worden, weil er sich an mehreren Kindern vergangen hatte. Das Aufsehenerregende im Zusammenhang mit dem Prozess: Die Richter verurteilten auch den zuständigen Bischof zu einer Bewährungsstrafe von drei Monaten. Er hatte von den Taten des Priesters gewusst, sich aber nicht an die Justiz gewandt.
Die Kirche zog Konsequenzen. Bei ihrer Konferenz in Lourdes 2002 beschlossen die französischen Bischöfe, in Fällen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger eng mit den Ermittlungsbehörden zusammenzuarbeiten. Eine interdisziplinäre Gruppe befasste sich ausgiebig mit dem Thema und verfasste dazu eine 52 Seiten umfassende Schrift mit dem Titel "Pädophilie bekämpfen. Orientierung für Erzieher". Seit 2002 erhalten den Text alle Priester und Erzieher in katholischen Einrichtungen.
Im traditionell katholisch geprägten Frankreich verliert die Kirche - wie in anderen westlichen Ländern auch - rasant an Bedeutung. Nach einer Umfrage von "Le Monde" aus dem Jahr 2007 bezeichnet sich nur noch knapp die Hälfte der Bürger als katholisch. Derzeit ermitteln die Behörden nach Auskunft der Bischofskonferenz in rund zehn Fällen wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern.
Laut Benoit Bonnichon, Generalsekretär der "Semaines Sociales de France", einer 1904 gegründeten Organisation engagierter Katholiken, liegt die Missbrauchsgefahr hier indes weniger in kirchlichen Institutionen. "In Frankreich gibt es proportional mehr Fälle von Pädophilie im säkularen Bereich des staatlichen Erziehungssektors oder der laizistischen Jugendarbeit denn unter den Angehörigen des katholischen Klerus."
Dennoch räumt er ein, dass auch in Frankreich ein offener Umgang mit dem Thema notwendig ist. "Alle Fälle sind bedauerlich und gehören angezeigt. In der Rückschau könnte man sich überlegen, ob man die Namen früher hätte publikmachen können."
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Messe im Vatikan: Die katholische Kirche in Europa wird vom Missbrauchsskandal erschüttert - doch während sich die Fälle in Deutschland, Irland und den Niederlanden häufen, ist der Skandal in anderen Ländern wie Frankreich und Polen praktisch kein Thema.
Der polnische Erzbischof Julius Paetz trat 2002 nach schweren Missbrauchsvorwürfen zurück.
Der französische Bischof Pierre Pican (hier auf einem Bild aus 2001) wurde verurteilt, weil er sein Wissen über die Taten eines Priesters nicht an die Justiz weitergegeben hatte.
Von 1996 bis 2009 war Donal Murray Bischof von Limerick. Im vergangenen Jahr trat der Ire von seinem Amt zurück: Er war Missbrauchsvorwürfen, die gegen einen Priester erhoben worden, nicht nachgegangen. "Ich weiß, dass mein Rücktritt das Leid der Missbrauchsopfer nicht wiedergutmachen kann", sagte er in einer Stellungnahme.
Kardinal Sean Brady, Vositzender der irischen Bischofskonferenz, hatte Transparenz versprochen - und gerät nun selbst unter Druck: er war 1975 als protokollierender Priester dabei, als zwei missbrauchten Kindern ein Schweigegelübde abgenommen wurde. Alle Rücktrittsforderungen weist der Kardinal entschieden zurück.
Sein Name steht für den Missbrauch in Irland: Brendan Smyth arbeitete 40 Jahre als Geistlicher. In dieser Zeit missbrauchte er in Belfast, Dublin und den USA insgesamt rund 90 Kinder. Wegen des Missbrauchs wurde er zu einer siebenjährigen Haftstrafe verurteilt. Er starb 1997 in Haft an einem Herzinfarkt.
"Sexueller Missbrauch durch Geistliche ist nicht so schwerwiegend wie Abtreibung" - mit dieser Äußerung sorgte der spanische Kardinal Antonio Canizares (links im Bild) im Mai 2009 für Empörung.
Auf ihm ruhen die Hoffnungen: Wim Deetman, Protestant und ehemaliger Bürgermeister von Den Haag, wird die unabhängige Kommission zu Ermittlung der Missbrauchsfälle innerhalb der katholischen Kirche in den Niederlanden leiten.
Als "Bubendummheiten" bezeichnete der damalige österreichische Bischof Kurt Krenn den Skandal im Priesterseminar St. Pölten. Ein Priesteramtsanwärter hatte kinderpornografische Bilder aus dem Netz geladen, es soll homosexuelle Beziehungen gegeben haben. 2004 trat Krenn auf Wunsch des Papstes von seinem Amt zurück, zu den Vorwürfen äußerte er sich nicht.
Karl Golser, Bischof der italienischen Diözese Bozen: Er ermutigte Betroffene, nicht länger zu schweigen und gründete eine Anlaufstelle im Internet. Das sei ein wichtiger Schritt, "um dem falschen Eindruck zu widersprechen, die Kirche wolle etwas vertuschen", so Golser.
Kardinal Sean Brady, Vositzender der irischen Bischofskonferenz, hatte Transparenz versprochen - und gerät nun selbst unter Druck: er war 1975 als protokollierender Priester dabei, als zwei missbrauchten Kindern ein Schweigegelübde abgenommen wurde. Alle Rücktrittsforderungen weist der Kardinal entschieden zurück.
Foto: PETER MUHLY/ AFPAls "Bubendummheiten" bezeichnete der damalige österreichische Bischof Kurt Krenn den Skandal im Priesterseminar St. Pölten. Ein Priesteramtsanwärter hatte kinderpornografische Bilder aus dem Netz geladen, es soll homosexuelle Beziehungen gegeben haben. 2004 trat Krenn auf Wunsch des Papstes von seinem Amt zurück, zu den Vorwürfen äußerte er sich nicht.
Foto: RUBRA/ ASSOCIATED PRESS