Brückeneinsturz von Genua Betreiberfirma sagt Hilfe zu, streitet Schuld ab

Giovanni Castellucci, Hauptgeschäftsführer von Autostrade per l'Italia
Foto: LUCA ZENNARO/EPA-EFE/REX/ShutterstockEin bei dem Brückeneinsturz in Genua verletzter Mann ist im Krankenhaus gestorben. Dies bestätigte ein Sprecher des San Martino Hospitals in der norditalienischen Stadt. Damit erhöht sich die inoffizielle Zahl der Todesopfer auf 43.
40 davon sind offiziell bestätigt, drei Leichen müssen über forensische Untersuchungen zunächst identifiziert werden. Die Nachrichtenagentur Ansa hatte am Samstagmorgen berichtet, es handle sich um ein 9-jähriges Mädchen und seine Eltern. Die drei seien am Dienstag mit dem Auto auf der Morandi-Brücke unterwegs gewesen, als die Straße unter ihnen nachgab.
Derweil weist die private Betreibergesellschaft Autostrade per l'Italia die Verantwortung für den verheerenden Brückeneinsturz in Genua von sich. "Wir denken nicht, dass die Voraussetzungen vorliegen, Verantwortung für ein Ereignis zu übernehmen, dessen Ursache zunächst noch ermittelt werden muss", sagte Hauptgeschäftsführer Giovanni Castellucci auf einer Pressekonferenz am Samstag.

Brückeneinsturz: Trauer in Genua
Castellucci entschuldigte sich zugleich, nicht genügend Mitgefühl für die Opfer gezeigt zu haben. Er versprach den Opferfamilien und den Menschen zu helfen, die infolge des Unglücks ihre Häuser verlassen mussten. Rund 600 Menschen waren nach dem Einsturz der Brücke gezwungen, ihre Häuser und Wohnungen zu verlassen. Die Gebäude, die teils unterhalb der Brücke stehen, müssen nach Behördenangaben abgerissen werden.
Seine Gesellschaft könne eine neue Brücke aus Stahl in acht Monaten bauen, sobald die nötigen Genehmigungen vorlägen, sagte Castellucci weiter. Für den Wiederaufbau der Autobahnbrücke sowie für Hilfszahlungen an die Stadt Genua hat Autostrade per l'Italia 500 Millionen Euro zugesagt.
Beim Überschlagen der Folgekosten des Unglücks "kommt man schnell auf eine halbe Milliarde Euro", sagte Unternehmenschef Giovanni Castellucci am Samstag bei einer Pressekonferenz in der nordwestitalienischen Hafenstadt. Diese Gelder stünden ab Montag bereit.
"Eine sehr spezielle Brücke"
Die genannte Summe beinhalte mehrere Millionen Euro für die Hinterbliebenen der Todesopfer, führte Castellucci aus. Außerdem sollten Dutzende Millionen Euro in einen Fonds fließen, mit dem die Stadtverwaltung von Genua die Unterbringung der Menschen finanzieren soll, die wegen des Brückeneinsturzes ihre Häuser in der Umgebung räumen mussten.
Autostrade per l'Italia werde "in Rekordzeit" eine Alternativroute für den Schwerlastverkehr auf einer Privatstraße des Stahlwerks Ilva in der Nähe des Genueser Hafens einrichten, so Castellucci. Außerdem müssten auf den Autobahnen in der Region Genua keine Mautgebühren mehr bezahlt werden.

Zu den möglichen Ursachen des Brückeneinsturzes machte die Unternehmensführung von Autostrade per l'Italia keine Angaben. Castelluci sagte lediglich, es habe sich um "eine sehr spezielle Brücke" gehandelt. Sie sei aber "von allen, die sie untersucht haben, als sicher betrachtet" worden. Die Einsturzursache müssten nun die Behörden untersuchen. "Etwas ist passiert und die Justiz muss sagen, was", sagte Castelluci.
Die italienische Regierung hat Autostrade per l'Italia für den Brückeneinsturz verantwortlich gemacht. Premierminister Giuseppe Conte hatte am Freitag einen Prozess eingeleitet, um der privaten Betreibergesellschaft ihre Lizenz zu entziehen. Innenminister Matteo Salvini hatte die Betreiber bereits am Donnerstag aufgefordert, etwa 500 Millionen Euro für betroffene Familien und örtliche Behörden bereitzustellen.

Brückeneinsturz in Genua: "Eine tiefe Wunde für ganz Italien"
Forderungen aus der Regierung nach einem Rücktritt der Unternehmensführung wies der Vorstandsvorsitzende von Autostrade per l'Italia, Fabio Charchiai, bei der Pressekonferenz zurück. Castelluci werde das Unternehmen weiter führen, sagte er.