Gleichstellungsgesetz Britische Regierung kuscht vor dem Papst

Papst Benedikt XVI:: "Gegen das Naturgesetz"
Foto: Danilo Schiavella/ dpaHamburg - Harriet Harmann wollte wohl nicht kämpfen, ihr Pragmatismus scheint über ihre Ideale triumphiert zu haben. Nach einem Bericht der "Times" scheut die britische Gleichstellungsministerin vor einer offenen Konfrontation mit religiösen Führern im Allgemeinen und dem Vatikan im Besonderen zurück. Die geplante Ergänzung zum Gleichstellungsgesetz, die der Papst unlängst scholt, wird es demnach bis auf weiteres nicht geben. Es bleibe erst einmal alles beim Alten, so Harmann laut "Times".
Benedikt XVI. hatte mit seiner Kritik an der geplanten Neuregelung einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Homosexuelle sahen sich diskriminiert, Aktivisten kündigten eine Protestkampagne vor dem geplanten Papstbesuch im Herbst an.
Auslöser war eine Ansprache, die das am Montag vor Bischöfen aus England und Wales in Rom gehalten hatte. Darin sagte Benedikt auch, dass Teile der britischen Gesetzgebung zur Gleichstellung "gegen das Naturgesetz" verstießen.
Sensibles Thema
Das Thema war sensibel, versuchte doch die Labour-Regierung gerade eine Gesetzesergänzung gegen die Diskriminierung unter anderem von Homosexuellen und Frauen am Arbeitsplatz durch das Parlament zu bringen. Kirchenvertreter befürchteten, dass sie dann auch Homosexuelle oder Transsexuelle einstellen müssten. Auch die anglikanische Kirche leistet dagegen Widerstand.
Die Gesetzgebung könnte zu "ungerechten Einschränkungen" für Religionsgemeinschaften führen, nach ihrem Glauben zu handeln, sagte der Papst nach Angaben von Radio Vatikan zu den englischen und walisischen Bischöfen.
"Euer Land ist bekannt für sein festes Bekenntnis zur Chancengleichheit für alle Mitglieder der Gesellschaft." Doch Teile der Gesetzgebung, um dies zu erreichen, verletzten "in mancher Hinsicht das Naturgesetz, auf dem die Gleichstellung aller Menschen basiert und nach dem sie garantiert ist". Die katholischen Bischöfe sollten die "moralische Lehre der Kirche" überzeugend verteidigen.
Die Labour-Regierung wollte erreichen, dass Kirchen wie andere Arbeitgeber behandelt werden. Für Priester sollten zwar Ausnahmeregelungen gelten, aber nicht für Mitarbeiter der Verwaltung. "Wenn es um nicht-religiöse Jobs geht, dann müssen sich (religiöse) Organisationen an das Gesetz halten", sagte Harman am Dienstag. Premierminister Gordon Brown ließ mitteilen, er respektiere den Papst, freue sich sehr auf den Besuch und wolle sich nicht zu dem Thema äußern.
"Vom Verhalten des Papstes entsetzt"
Der Labour-Europaabgeordnete Stephen Hughes zeigte sich dagegen empört. "Als Katholik bin ich von dem Verhalten des Papstes entsetzt", sagte er. "Religiöse Führungsfiguren sollten Ungleichheit ausmerzen und nicht bewahren." Statt das britische Recht zu kritisieren, sollte der Papst sicherstellen, dass die bestehende EU-Rechtsprechung im Vatikan angewandt wird.
Der Menschenrechtsaktivist Peter Tatchell erklärte, die Bemerkung des Papstes sei ein "verschlüsselter Angriff" auf die Rechte von Frauen und Homosexuellen.
Das Oberhaupt der katholischen Kirche in England und Wales, Erzbischof Vincent Nichols, sagte dagegen, die Bemerkungen des Papstes würden Nachhall bei jenen Menschen finden, die angesichts der Folgen der Gesetzgebung "Unbehagen" fühlen würden.
Kampagne gegen Papstbesuch
Der 82 Jahre alte Papst will in diesem Jahr - vermutlich Mitte September - nach Großbritannien reisen. Es wäre der erste Papst-Besuch auf der Insel, seit Benedikts Vorgänger Papst Johannes Paul II. 1982 Großbritannien besuchte. Die Gesellschaft zur Förderung der Säkularisierung, The National Secular Society (NSS), kündigte eine Kampagne gegen den Besuch an.
"Der Steuerzahler wird wegen des Papst-Besuchs eine Rechnung von 20 Millionen Pfund bezahlen müssen. Ein Besuch, zu dem er bereits angedeutet hat, Gleichstellungsrechte anzugreifen und somit Diskriminierung zu fördern", sagte NSS-Präsident Terry Sanderson.
Die meisten Briten sind Anglikaner, etwa 25 Millionen Gläubige bekennen sich zur Church of England. Die Katholiken sind dagegen die Minderheit: In England und Wales leben etwa 4,2 Millionen.
Für Missstimmungen hatte im vergangenen Jahr schon das Angebot Roms gesorgt, Anglikanern den Übertritt in die katholische Kirche leichter zu machen - sogar verheiratete anglikanische Priester würde Rom im Amt belassen. Von anglikanischer Seite wurde der Vorwurf des Abwerbens laut. In der Anglikanischen Kirche dürfen Frauen und Homosexuelle Priester sein.