
Athen: Die harte Realität der Prostituierten
Prostitution in Griechenland 15 Euro für 30 Minuten
Früher arbeitete die 36-jährige Joanna als Model und Sängerin, heute empfängt sie Freier in einem der Hotels rund um den Omonia-Platz mitten in Athen. Wie viele andere Prostituierte benötigt sie so dringend Geld, dass sie ihren Körper zu einem Spottpreis verkauft - für 15 Euro. Das Fotoprojekt "Body in Crisis" von Gianmarco Maraviglia gibt einen erschütternden Einblick in die Welt der Sexarbeiter in der griechischen Hauptstadt.
Laut einer Studie des National Centre for Social Research (EKKE) nahm die Prostitution in Griechenland in den Jahren 2013 bis 2015 um 150 Prozent zu. "Die Finanzkrise steht nicht mehr ständig in der Zeitung, aber trotzdem ist die Situation schlimmer als zuvor", sagt Maraviglia, "nur spricht niemand mehr darüber."
Dank Hilfsorganisationen und einem befreundeten Fotografen konnte Maraviglia Kontakte zu den Prostituierten knüpfen. Sie ließen ihn in ihre Hotelzimmer, in denen sie sonst nur ihre Kunden empfangen. Sie erzählten ihm ungeschönt von ihrem Berufsalltag und zeigten sich nackt.

Athen: Die harte Realität der Prostituierten
"Ich wollte verdeutlichen, wie tief die Finanzkrise die Menschen treffen kann", sagt Maraviglia. Er zeigt Prostituierte, die ihre Drogensucht finanzieren, in den Seitenstraßen rund um den Omonia-Platz werde in aller Öffentlichkeit Heroin konsumiert. Aber Maraviglia zufolge prostituieren sich manche auch, um ihre Familien zu ernähren, ihre Wohnung zu bezahlen.
Durch die steigende Zahl der Prostituierten und die immer größere Armut fallen auch die Preise für sexuelle Dienstleistungen. Bereits für fünf Euro könne man sich angeblich in Athen Geschlechtsverkehr erkaufen.
Zwar ist Prostitution in Griechenland legal, jedoch verfügen nur sehr wenige Bordelle über eine staatliche Lizenz. In manchen Straßen böten illegale Häuser die Mädchen wie auf einem Markt an, sagt Maraviglia. Andere würden ihre Kundschaft direkt auf der Straße ansprechen und in eines der heruntergekommenen Hotels rund um den Platz bringen.
"Ich dachte immer, dass sie das nicht verdient haben. Sie sind Opfer des wirtschaftlichen, politischen und finanziellen Systems, das den Respekt vor dem menschlichen Sein verloren hat", sagt Maraviglia. Jeder wisse von der Situation, aber niemand könne etwas dagegen tun. Die Regierung habe nicht die Möglichkeit, gegen diese Situation anzukämpfen, es gebe kein Geld, um den Menschen zu helfen oder sie zu schützen. "Das ist der wahre Preis der Finanzkrise, der die ärmsten Teile der Bevölkerung trifft."