Anschlag in Hanau Innenminister Beuth räumt Notruf-Probleme ein

Angehörige der Opfer des rassistischen Anschlags in Hanau kritisieren, dass viele Notrufe bei der Polizei nicht durchkamen. Nun hat das Innenministerium Besserung versprochen.
Nach dem rassistischen Anschlag: Tatort in Hanau am 20. Februar 2020

Nach dem rassistischen Anschlag: Tatort in Hanau am 20. Februar 2020

Foto: Boris Roessler/ dpa

Rund ein Jahr nach dem rassistischen Anschlag von Hanau hat Hessens Innenminister Peter Beuth Probleme beim Notruf in der Tatnacht eingeräumt. »Es ist richtig, dass die Polizeistation nur eine begrenzte Anzahl von Anrufen in dieser Nacht entgegennehmen konnte«, sagte der CDU-Politiker in Wiesbaden.

Das gesamte Notrufaufkommen für die Polizeistation Hanau betrage täglich durchschnittlich 80 Anrufe. »Eine Weiterleitung von vielen gleichzeitig eintreffenden Notrufen war zum Zeitpunkt der Tatnacht technisch nicht möglich«, so Beuth. Er versprach jedoch eine Verbesserung der Notrufweiterleitung.

Mit dem Umzug des Polizeipräsidiums Südosthessen in die neue Dienststelle würden alle polizeilichen Notrufe des Zuständigkeitsbereichs in einer Leitstelle zentralisiert. Diese Modernisierung sei in der Vergangenheit angestoßen, wegen baulicher und technischer Voraussetzungen aber noch nicht fertiggestellt worden.

Staatsanwaltschaft prüft mangelhaft besetzten Notruf

Angehörige der Opfer hatten beklagt, dass die Polizei in Hanau zum Tatzeitpunkt unterbesetzt gewesen sei und Notrufe somit ins Leere gelaufen seien. Die Hanauer Staatsanwaltschaft hatte am Donnerstag ein Prüfverfahren eingeleitet. Es gehe um den Vorwurf der Nichterreichbarkeit des polizeilichen Notrufes am Tag des Anschlags, hatte die Behörde mitgeteilt.

Beuth sprach auch über das Handeln der Einsatzkräfte nach der Tat. »Nach meinem Kenntnisstand hat die hessische Polizei nach dem Eingang erster Notrufe unmittelbar gehandelt und war innerhalb von nur ein bis zwei Minuten am ersten Tatort am Heumarkt«, sagte er. »Am Tatort in Hanau-Kesselstadt trafen polizeiliche Kräfte drei bis vier Minuten nach der Meldung per Notruf ein.«

Das Innenministerium wies zudem den Vorwurf zurück, eine Notausgangstür der Bar sei auf polizeiliche Anweisung hin zum Tatzeitpunkt verschlossen gewesen. Die Polizei habe das zuständige Gewerbeamt zuletzt 2017 darauf hingewiesen, dass der Notausgang zum Zeitpunkt einer damaligen Gaststättenkontrolle unerlaubterweise verschlossen gewesen sei. Seitens der Polizei habe es keine Weisung gegeben, den Fluchtweg zu versperren.

Am 19. Februar 2020 hatte der 43 Jahre alte Tobias Rathjen in Hanau neun Menschen mit ausländischen Wurzeln erschossen. Zuvor hatte der Mann Pamphlete und Videos mit Verschwörungserzählungen und rassistischen Ansichten im Internet veröffentlicht. Nach der Tat soll er auch seine Mutter umgebracht haben, bevor er sich selbst tötete.

bbr/AFP/dpa
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