Nach Beißattacken Tierschützer fordern Hundeführerschein

Spaziergang mit Hund
Foto: Sebastian Gollnow/ dpaNach mehreren tödlichen Attacken von Hunden plädiert der Deutsche Tierschutzbund für die bundesweite Einführung eines Hundeführerscheins. "Es geht darum, die Sachkunde der Hundehalter zu verbessern - und zwar in allen Bundesländern", sagte Verbandspräsident Thomas Schröder. Dagegen habe es keinen Sinn, Listen mit angeblich gefährlichen Rassen zu erstellen.
In Hannover hatte vor zwei Wochen der Terriermischling Chico seinen 27-jährigen Besitzer und dessen Mutter totgebissen. Am Montag wurde Chico eingeschläfert. Wie die Stadt einräumte, hätte der unter Betreuung stehende Mann den aggressiven Hund gar nicht halten dürfen. Schon 2011 hatte das Veterinäramt entsprechende Hinweise erhalten.
Im hessischen Bad König starb vor gut einer Woche ein sieben Monate alter Junge, dem der Staffordshire-Mischling der Familie in den Kopf gebissen hatte. In Ostfriesland musste eine 52-Jährige nach einem Dobermann-Angriff am Montag notoperiert werden. Die Frau ist laut Polizei inzwischen außer Lebensgefahr.
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In Hannover wurde auch erwogen, Chico in einer Spezialeinrichtung für schwierige Hunde unterzubringen. Wie eine tierärztliche Untersuchung ergab, litt er jedoch an einer schmerzhaften Kieferverletzung und hätte häufig operiert werden müssen. Zudem hätte er infolge seiner fehlenden Sozialisation nur isoliert gehalten werden können.
Die Tierrechtsorganisation Peta sieht die Politik in der Pflicht, Menschen und Hunde künftig besser zu schützen. Sie forderte einen verpflichtenden Hundeführerschein für alle Halter und ein Zuchtverbot für sogenannte Kampfhunde. "Hohe Tierarztkosten allein dürfen kein Grund für eine Einschläferung sein", sagte eine Peta-Sprecherin. Bevor aber ein Rudeltier sein Leben in einem Zwinger ohne soziale Kontakte verbringen und darunter leiden müsse, spreche sich Peta nicht gegen das Einschläfern aus.
Mahnwache für Chico
Tierfreunde wollen am Wochenende eine Mahnwache für Chico abhalten. Für Sonntag sei eine Versammlung mit 80 bis 100 Teilnehmern angekündigt worden, sagte ein Polizeisprecher in Hannover. Zuvor war bei Facebook eine Veranstaltungsankündigung aufgetaucht: "Ihr dürft Kerzen und Plakate mitbringen", heißt es darin.

Staffordshire-Terrier-Mischling Chico
Foto: Hauke-Christian Dittrich/ dpaDer Präsident des Deutschen Tierschutzbundes forderte Konsequenzen aus den von der Stadt Hannover zugegebenen Fehlern. "Das Leben von Chico ist beendet, aber die Aufklärung der Vorgeschichte muss jetzt erst richtig losgehen", sagte Schröder. "Wir haben hier zwei Tote zu betrauern und einen toten Hund."
Alles deute darauf hin, dass die zuständigen Behörden entweder Hund und Halter nicht trennen wollten oder die Dramatik nicht erkannt hätten. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts auf fahrlässige Tötung gegen unbekannt. "Wenn es Hinweise auf Probleme gibt, muss ein Amt sich verantwortlich fühlen und darf nicht sagen, wird schon nicht so schlimm sein", sagte Schröder.
In Niedersachsen gibt es anders als in anderen Bundesländern im Hundegesetz keine Rasselisten. (Fragen und Antworten zur Kampfhund-Debatte finden Sie hier.) Die Regelung, die Gefährlichkeit jedes einzelnen Hundes zu prüfen, sei richtig, sagte der Chef des Tierschutzbundes. Es gebe keine Rasse namens Kampfhund. In Niedersachsen muss, wer sich einen Hund anschaffen will, in der Regel eine Prüfung ablegen. (Aus dem Archiv: Testfragen zum Hunde-Führerschein in Niedersachsen)