Kardinal Reinhard Marx "Ich verschwinde nicht, keine Sorge"

"Da brauchen Sie nicht weiter zu spekulieren": Reinhard Marx, Noch-Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz
Foto: Federico Gambarini/ dpaEin bisschen hat der Auftritt von Reinhard Marx am Mittwochmittag etwas von einem Spiel. Denn dem Kardinal ist natürlich klar: Eine normale Pressekonferenz zum Nachsynodalen Apostolischen Schreiben des Papstes hätte wohl kaum acht Fernsehteams und Dutzende von Journalistinnen und Journalisten in die Geschäftsstelle der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) nach Bonn gelockt.
Einen Tag zuvor hatte Marx überraschend seinen Rückzug vom Vorsitz der Bischofskonferenz verkündet. Gespannte Erwartung also: Würde er mehr liefern als die eher knappe Erklärung vom Dienstag?
Pressesprecher Matthias Kopp gibt sich jedenfalls unbeeindruckt: "Ich begrüße den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz." "Noch", murmelt Marx gut gelaunt und deutlich hörbar, "noch."
Die ersten Lacher hat der Kardinal damit sicher - um sich danach erst einmal 17 Minuten lang und, wie es scheint, ziemlich genüsslich mit den vier Kapiteln des päpstlichen Schreibens zur Amazonas-Synode zu beschäftigen. Darin hat Franziskus der Lockerung des Zölibats eine Absage erteilt - zur großen Enttäuschung der Kirchenreformer in Deutschland.
Keine einfachen Antworten auf schwierige Fragen
Marx dagegen interpretiert das Dokument, wie man es von einem Kardinal erwarten kann: Die Tür zur Priesterweihe für Frauen sei ja nicht endgültig zugeschlagen, der Papst lade vielmehr zu neuen Diskussionen ein. Außerdem gehe es in erster Linie um Südamerika, nicht um Westeuropa. Und: Es sei ja schon vorher klar gewesen, dass der Brief von Franziskus keine einfachen Antworten auf schwierige Fragen wie das Gebot der Ehelosigkeit liefern würde.
"Niemand kann erwarten, dass sowas in ein oder zwei Jahren gelöst wird", sagt Marx. Im Übrigen sei er selbst auch gegen die Abschaffung des Zölibats - plädierte aber gleichzeitig für ein Nachdenken über andere Zugänge zum Priesteramt.
Dann, endlich, die Fragerunde.
Eine Journalistin aus Würzburg meldet sich als Erste - und fragt tatsächlich zuerst einmal nach der zukünftigen Rolle der Frau in der Katholischen Kirche. Die Kollegen stöhnen kurz auf. Marx grinst. Und die Journalistin schiebt noch eine Frage nach seiner persönlichen Zukunft hinterher.
Papst und Udo Jürgens
Ob das Gerücht stimme, dass er nach Rom gehen werde?
Der Kardinal schüttelt den Kopf: "Da brauchen Sie nicht weiter zu spekulieren." Als Bischof in München habe er auch so genug zu tun.
Sei denn, will ein anderer Journalist wissen, der Frust über den wenig reformerischen Inhalt des Papst-Schreibens der Anlass für den Rückzug aus der DBK-Spitze gewesen?
Marx lacht laut auf: "Nein!"
Ob er denn wenigstens dem Papst bei einem Treffen in der vergangenen Woche schon von seinen Plänen berichtet habe?
"Der Entschluss stand lange fest, schon vor Weihnachten", sagt der Kardinal. Kurze Pause. Dann: "Darüber habe ich mit dem Papst aber gar nicht gesprochen, das war ihm gar nicht bewusst."
So geht es weiter, eine Dreiviertelstunde lang.
Empfehlungen für seinen Nachfolger will Marx nicht geben, verweist ein paarmal auf sein Alter. Und zitiert das Udo-Jürgens-Lied "Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an". Jedenfalls habe er genug zu tun, wiederholt Marx, und wird ernst: "Jetzt geht's mir gut - wer weiß, was in zehn Jahren ist." Sofern es gewünscht sei, stehe er auch weiter für die Mitarbeit beim Reformprozess Synodaler Weg und bei der Aufarbeitung der Missbrauchsfälle zur Verfügung: "Das ist noch längst nicht beendet." Auch werde er erst einmal weitermachen mit seiner Arbeit im Wirtschaftsrat des Papstes. Nach Rentnerdasein hört sich das nicht an.
Irgendwann wird die Liste der Wortmeldungen geschlossen, Reinhard Marx muss zum nächsten Termin. Er gibt den Journalisten noch tröstende Worte mit auf den Heimweg: "Ich verschwinde nicht, keine Sorge!"