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Nach der Katastrophe: "Duisburg erholt sich davon nicht mehr"

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Katastrophe von Duisburg FDP will Bürgermeister-Abwahl beschleunigen

"Wir können nicht warten": Die Duisburger FDP drängt auf eine Abwahl des Oberbürgermeisters Sauerland und fordert eine Sondersitzung des Stadtrats. Eigentlich will das Gremium erst Anfang Oktober wieder tagen.

Düsseldorf - Es scheint, als seien für den Duisburger Oberbürgermeister Adolf Sauerland die Tage im Amt gezählt. Die örtliche FDP will die Abwahl des CDU-Politikers beschleunigen. Sie werde deshalb eine vorgezogene Sondersitzung des Rates beantragen, sagte der Fraktionschef Wilhelm Bies der "Rheinischen Post". "Wir können nicht bis zum 4. Oktober warten, die Stadt braucht jetzt zügig eine neue Führung."

Die nächste turnusgemäße Ratssitzung, auf der die Abwahl von Sauerland in Gang gesetzt werden könnte, ist am 4. Oktober. Für eine vorgezogene Sondersitzung des Rates reicht dem Bericht zufolge der Antrag einer Fraktion. Mit SPD, FDP und Linken haben sich inzwischen drei Fraktionen für die Abwahl Sauerlands ausgesprochen.

Der Bürgermeister hatte am Montag in einer persönlichen Stellungnahme erklärt, bevor er die politische Verantwortung für das Unglück übernehme, wolle er erst Klarheit über die "etwaige tatsächliche Verantwortung der Stadtverwaltung". Sauerland war in den vergangenen Tagen wachsender Kritik aus der Politik und von Bürgern ausgesetzt. Auch aus den Reihen der eigenen Partei wurden Rücktrittsforderungen gegen den CDU-Politiker laut.

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Polizei-Dokumentation: Chronik der Love-Parade-Katastrophe

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Was sich der Öffentlichkeit wie ein unerträgliches Zaudern und Lavieren letztlich auch aus Gründen der persönlichen finanziellen Absicherung darstellen muss, erklärt Sauerland mit dem "Aufklärungsbedarf", den es bei der Suche nach der Ursache für das Desaster am alten Güterbahnhof, dem Love-Parade-Festgelände, noch gebe. Eine interne Untersuchungsgruppe sei bereits eingesetzt worden, um die Verantwortlichkeiten der Stadtverwaltung zu klären, so Sauerland. Ein Zwischenbericht solle dem Innenausschuss des Landtages zur Sondersitzung am Mittwoch vorgestellt werden.

Dabei scheint schon jetzt klar, dass die Stadtverwaltung die Veranstaltung genehmigte, obwohl im Vorfeld davor gewarnt wurde und das Konzept des Veranstalters vor offensichtlichen Fehlkalkulationen nur so strotzte.

Statt zumindest moralische Verantwortung zu signalisieren, erklärte Sauerland dazu in der vergangenen Woche in einem Interview, er habe keine einzige Genehmigung unterschrieben.

"Dieses Unglück wird auch mich mein Leben lang nicht mehr los lassen"

Wohl auch darauf Bezug nehmend hieß es in Sauerlands Erklärung: "Der Ablauf der Love Parade, die vielen Toten und Verletzten mitten in unserer Stadt haben auch die Mitarbeiter der Stadtverwaltung und mich selbst in einen tiefen Schock versetzt. Wenn ich deswegen in den letzten Tagen Fehler gemacht habe, bitte ich mir das zu verzeihen. Dieses Unglück wird auch mich mein Leben lang nicht mehr los lassen."

Er trauere mit den Familien und Freunden der Opfer, erklärte Sauerland. "Die Veranstaltung hat vielen Menschen unermesslichen Schmerz zugefügt. Am Entsetzlichsten leiden die Familien und Freunde der Opfer. Sie haben einen unwiederbringlichen Verlust erlitten. Ihr Schmerz ist grenzenlos."

Sauerland regte die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses des nordrhein-westfälischen Landtags an. "Ich persönlich wünsche mir zusätzlich nach der Innenausschusssitzung am Mittwoch die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses", so der Oberbürgermeister. "Dieses schärfste parlamentarische Instrument zur Aufklärung von Abläufen und Verantwortlichkeiten sollte unverzüglich seine öffentliche Arbeit aufnehmen."

CDU stellt sich hinter Sauerland

Die CDU-Fraktion im Düsseldorfer Landtag stellte sich am Montag hinter Sauerland. "Die heutige persönliche Stellungnahme von Oberbürgermeister Sauerland verdient Respekt", erklärte Fraktionschef Karl-Josef Laumann. "Ich begrüße seine uneingeschränkte Bereitschaft, zur Aufklärung der schrecklichen Geschehnisse bei der Love Parade beizutragen und Verantwortung zu übernehmen."

Unterstützung erhielt Sauerland auch vom Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider. "Ich trete sehr dafür ein, dass Herrn Sauerland Gerechtigkeit widerfährt. Er war ja bis vor kurzem ein sehr respektiertes, ja beliebtes Stadtoberhaupt", sagte der Ratsvorsitzende der "Frankfurter Rundschau". Allerdings sagte er auch, Sauerland werde sein Amt "schlechterdings nicht weiter ausüben können", wenn er öffentliche Auftritte aus Sicherheitsgründen weiterhin meiden müsse. Für einen politischen Repräsentanten sei das "eine völlig unmögliche Lage".

Sauerland ist seit Tagen nicht mehr öffentlich in Erscheinung getreten, auch an der Trauerfeier für die Opfer am vergangenen Samstag nahm der CDU-Politiker nicht teil.

Wegen des Unglücks bei der Love Parade ermittelt eine 63-köpfige Ermittlungsgruppe von Staatsanwaltschaft und Polizei. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Duisburg gehen nach wie vor Strafanzeigen ein, es werde aber weiterhin gegen Unbekannt und nicht gegen konkrete Personen ermittelt. Nach Angaben der Kölner Polizei lagen am Montag noch fünf Verletzte im Krankenhaus.

jdl/AFP/dpa/Reuters
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