
Konzert in Jena: Tschüss, braunes Image
Konzert in Jena 50.000 rocken gegen Rechts
Jena - Natürlich hat Udo Lindenberg genuschelt, als er am Freitagabend auf der Bühne im Jenaer Paradiespark stand: "Wir werden den braunen Spuk, den braunen Terror beenden", sagte der 65-Jährige. Erst vor zwei Wochen hatten die Planungen für das Benefizkonzert begonnen. "Dolles Ding", sagte Lindenberg, "dass alles in Rekordzeit auf die Beine gestellt wurde".
Und so feierten am Abend 50.000 Menschen unter freiem Himmel: Studenten, Familien mit Kindern, Politiker und Initiativen gegen Rechts. Denn in den vergangenen Wochen hat Jena vor allem negative Schlagzeilen gemacht, spielt die Stadt doch eine zentrale Rolle in den Ermittlungen gegen die rechtsextreme Terrorzelle: Das Trio Beate Zschäpe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos stammt aus Jena und war dort aktiv, bevor es 1998 untertauchte.
Man müsse ein Zeichen setzen, dass die Nazis nicht die Mitte der Gesellschaft übernehmen könnten, sagte Lindenberg am Freitagabend. Und sein Duzfreund, SPD-Chef Sigmar Gabriel, ergänzte: "Dieser rechte Terror geht nicht gegen Ausländer oder Türken, sondern gegen die gesamte deutsche Gesellschaft."
"Für meine Generation ist Osten eine Himmelsrichtung"
Gemeinsam hatten die beiden die Idee zu dem Konzert mit dem Titel "Rock 'n' Roll-Arena Jena - Für die bunte Republik Deutschland". Sie holten dann noch Jenas Oberbürgermeister Albrecht Schröter (SPD), Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) und den Fraktionschef der Grünen im Bundestag, Jürgen Trittin, ins Boot.
Auf der Bühne standen neben Lindenberg Künstler wie Julia Neigel, Clueso, die Band Silly und Peter Maffay. Sie alle verzichteten auf ihre Gage. "Das Konzert ist wichtig, weil Jena ein Brennpunkt rechtsextremer Aktivitäten ist", hatte Maffay zuvor im Interview mit SPIEGEL ONLINE gesagt. Der Erfurter Clueso forderte auf der Bühne den Kampf gegen rechte Gewalt: "Für meine Generation ist Osten eine Himmelsrichtung."
Seit zehn Uhr morgens waren mehrere Hundertschaften der Polizei unterwegs, um einen reibungslosen Ablauf zu garantieren. "Wir haben keinerlei Störungen oder Auseinandersetzungen. Alles war ruhig", sagt eine Polizistin. Das Festival kostete 320.000 Euro, das Land Thüringen beteiligt sich mit 75.000 Euro, den größten Teil trägt aber die Stadt Jena.
Kampf gegen braune Parolen
Der Titel der Veranstaltung wurde nicht zufällig gewählt: Schon vor 35 Jahren hatte Lindenberg den Song "Rock'n'Roll-Arena in Jena" geschrieben - womit er damals die Ost-Funktionäre aufrief, ihm "in der DDR 'ne Panik-Tournee" zu erlauben. In Jena hatte er das Lied bisher noch nie live vorgetragen. Für das Konzert am Freitag wartete er nun sogar mit neuem Text auf: "Ihr seid doch damals von Leipzig bis Jena gezogen, um dieses Land zu befrein und nicht um euch neue Kriminelle da reinzuholen, die jetzt die alten braunen Parolen schrein."
Lindenberg setzt sich seit Jahren gegen Rechtsextremismus ein. 1998 half er im traditionsreichen Weimarer Hotel "Elephant", die einstige Hitler-Suite mit Aquarellen und Lithografien umzugestalten. In den Räumen hatte Adolf Hitler bei seinen Aufenthalten in Weimar logiert. Nachdem es deswegen immer wieder Anfragen aus der rechten Szene gegeben hatte, sei es auf diesem Wege gelungen, die Suite 100 zu entmystifizieren, sagte Hotel-Sprecherin Andrea Dietrich.
"Der Kampf für unsere Demokratie muss weiter gehen, auch nach dem Konzert", sagte Lindenberg am späten Freitagabend. Und rief die Zuhörer auf: "Seid wachsam, auch in den Dörfern, in kleinen Orten."