Markenrecht für Kreuzinschrift "INRI" Ist das ein Witz, Herr Lustig?

Ein bayerischer Unternehmer hat sich EU-weit die Rechte an dem Begriff INRI gesichert. Muss die Kirche jetzt Lizenzgebühren für jedes Kruzifix zahlen? Nein, sagt Werner Lustig, er wolle nur seine Produkte vermarkten können.
Ein Interview von Annette Langer
Beim Spaziergang entdeckte Werner Lustig ein Feldkreuz und fragte sich: Wer hat eigentlich die Rechte auf "INRI"?

Beim Spaziergang entdeckte Werner Lustig ein Feldkreuz und fragte sich: Wer hat eigentlich die Rechte auf "INRI"?

Foto: AlexF76 / imago images/Panthermedia

Eigentlich ist Werner Lustig aus Aichach Immobilieninvestor. 25 Jahre lang arbeitete er in einer Augsburger Firma, dann machte er sich selbstständig. Beim Spaziergang in seiner bayerischen Heimat will er vor Jahren ein Feldkreuz entdeckt und sich gefragt haben: Wer hat eigentlich die Rechte auf "INRI", die Kreuzinschrift, die Jesus Christus als "König der Juden" verspottet?

Die Antwort war schnell gefunden: niemand. Lustig ließ sich juristisch beraten und schaffte es, sich in vier sogenannten Nizza-Klassen die EU-weiten Rechte an "INRI" sichern zu lassen: Textil, Getränke, Lederwaren und Kosmetika. Produkte wie Taschen oder Schminke interessierten ihn eher weniger - der Vertrieb von Kleidung und Getränken hingegen schon.

Der 58-Jährige ließ T-Shirts produzieren, auf deren Rückseite das Antlitz eines langhaarigen, bärtigen Mannes zu sehen ist, darunter das Akronym INRI – für "Iesus Nazarenus Rex Iudaeorum", Jesus von Nazareth, König der Juden. Das Porträt erinnert stark an das sogenannte Turiner Grabtuch - der Bärtige hat die Augen geschlossen, er bekommt nichts mit von seiner Vermarktung.

SPIEGEL: Herr Lustig, im Nackenbereich ihrer INRI-T-Shirts steht "Es ist vollbracht". Das waren der Bibel zufolge die letzten Worte Jesu am Kreuz. Sind Sie ein Häretiker?

Lustig: Nein, im Gegenteil, ich war schließlich jahrelang Ministrant und habe meinen Glauben auch an meine Kinder weitergegeben. Ich hoffe, dass so ein T-Shirt zum Nachdenken anregt. Der Wiedererkennungseffekt der Motive ist enorm - vielleicht entdeckt der eine oder andere sogar seine Liebe zur Religion neu.   

SPIEGEL: Welche rechtlichen Folgen hat es, dass Sie das EU-Markenrecht besitzen? Muss die Kirche jetzt befürchten, dass Sie Lizenzgebühren einfordern?

Lustig: Ich will einfach nur meine Produkte auf den Markt bringen. Falls es Überschneidungen geben sollte, werden wir uns schon gütlich einigen. Da finden wir bestimmt ein Gentlemen's Agreement.

SPIEGEL: Haben sich schon Kirchenvertreter bei Ihnen gemeldet?

Lustig: Nein, aber ich habe bereits mit zwei Geistlichen in meiner Region gesprochen und sie nach ihrer Meinung gefragt. Diese waren von der Idee mit INRI anfangs begeistert. Zwischenzeitlich hatte einer der beiden aber das Gespräch gesucht und Bedenken geäußert, diese konnten jedoch ausgeräumt werden.

SPIEGEL: Können sie sich erklären, warum die katholische Kirche sich die Markenrechte nicht längst gesichert hatte?

Lustig: Diese Frage habe ich mir auch gestellt. Ich habe die Kreuzinschrift immer verbunden mit alten Filmen wie "Ben Hur" mit Charlton Heston.

SPIEGEL: Auch der Schriftzug SPQR hat Sie in der Jugend begeistert: Das Akronym für "Senatus Populusque Romanus" (Senat und Volk von Rom) ist heute noch im Wappen der Stadt, aber auch auf Abfalleimern und Gullydeckeln in Rom zu finden.

Lustig: Ja, auch für SPQR habe ich mir die EU-Markenrechte sichern lassen - das war aber um einiges schwieriger als bei INRI. Vertreter einer Handelskette, deren Namenszug ähnliche Buchstaben beinhaltet, haben für die Beneluxländer und Osteuropa Einspruch erhoben. Angeblich, weil die Abkürzungen sich auf den ersten Blick gleichen würden.

SPIEGEL: Mit Erfolg?

Lustig: Nein, ich habe am Ende Recht bekommen.

SPIEGEL: Sie betonen, dass Ihre T-Shirts zwar in Bangladesch hergestellt werden, aber in Produktionsstätten mit vernünftigen Arbeitsbedingungen. Sie haben außerdem angekündigt, einen Teil des Gewinns aus dem T-Shirt-Verkauf zu spenden. An wen denn?

Lustig: Ich überlege, eine Stiftung zu gründen, die sich um Kinder und Umweltschutz kümmert. Das erscheint mir nur logisch, denn wenn wir weiter unsere Umwelt zerstören, haben unsere Nachfahren keine Zukunft.

SPIEGEL: Sie haben sich auch die Nutzerklasse Getränke für INRI sichern lassen. Gibt es demnächst "Heiligen Geist" in Flaschen?

Lustig: Alle Produkte, die ich unter diesem Label herausbringe, müssen anständig sein und dürfen auf keinen Fall den Namen Jesu schänden. Im Bereich Getränke könnte sich demnächst etwas ergeben - ich kann Ihnen jedoch versprechen, dass wir keinen "Heiligen Geist" verkaufen werden.

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