

Für viele ist sie das Symbol des "Deutschen Herbstes", doch auf einem Flugplatz im brasilianischen Fortaleza rottet sie vor sich hin: Nach langen Verhandlungen hat die Bundesregierung die ehemalige, einst von palästinensischen Terroristen entführte Lufthansa-Maschine "Landshut" nun für rund 20.000 Euro gekauft - um sie in einem Museum im baden-württembergischen Friedrichshafen auszustellen. Der Preis entspreche dem von einem Gutachter errechneten Schrottwert, heißt es.
"Die 'Landshut' ist wichtige Zeugin der deutschen Zeitgeschichte, gerade angesichts des nahenden Jahrestags der Entführung", begründet das Auswärtige Amt seinen Entschluss für einen Kaufvertrag mit dem Flughafenbetreiber Infraero. "Für uns stand fest: Das Flugzeug gehört nicht in die Schrottpresse, sondern nach Deutschland."
Vier palästinensische Terroristen hatten die "Landshut", Flug LH 181 von Palma de Mallorca nach Frankfurt am Main am 13. Oktober 1977 gekapert. So wollten die Terroristen unter anderem den Druck auf Kanzler Helmut Schmidt erhöhen, im Austausch für den damals von der "Roten Armee Fraktion" (RAF) entführten Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer inhaftierte Gesinnungsgenossen freizulassen - und 15 Millionen Dollar Lösegeld zu zahlen.
86 Touristen und fünf Besatzungsmitglieder erlebten in der "Landshut" ein Martyrium, Pilot Jürgen Schumann wurde erschossen. Erst nach fünf Tagen endete die Entführung mit der Befreiung durch die damals neue Spezialeinheit GSG9 in der somalischen Hauptstadt Mogadischu. Drei der vier Terroristen starben dabei, sämtliche Passagiere wurden gerettet. Terroristen töteten daraufhin Schleyer - und die inhaftierten RAF-Mitglieder Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe nahmen sich das Leben. (Lesen Sie hier ein Protokoll der Ereignisse.)
Nachdem die Maschine in Brasilien wiederentdeckt worden war, gab es um die Rückholung einen monatelangen Wettlauf. Mehrere deutsche Städte bekundeten Interesse an dem Flugzeug. Außer Friedrichshafen wollten etwa auch Initiativen aus Flensburg, dem hessischen Griesheim sowie aus Landshut die Maschine ausstellen - oder ihr sogar ein eigenes Museum bauen.
Der frühere Co-Pilot der "Landshut", Jürgen Vietor, hätte wiederum einen ganz anderen Standort bevorzugt: Das Haus der Geschichte in Bonn. "Hier wurden in unmittelbarer Nachbarschaft Entscheidungen über Leben und Tod getroffen", hatte der 74-Jährige im Frühjahr gesagt. Doch das Museum winkte ab. Kein Platz, hieß es.
"Wir haben alle Optionen geprüft", heißt es nun aus dem Auswärtigen Amt. Das Museum in Friedrichshafen biete die richtigen Rahmenbedingungen. "Die Dornier-Stiftung hat den Platz und die Räumlichkeiten, um die Geschichte der 'Landshut' würdigen zu können."
Seit 2008 steht die ausrangierte Boeing 737 in Fortaleza. Die 1970 in Dienst gestellte Maschine ist in einem sehr schlechten Zustand. Die Außenhaut ist verwittert, Kabinenfenster sind zugeklebt, die Reifen platt, die Turbinen beschädigt. Ein Team der Lufthansa soll die "Landshut", die zuletzt als Frachtmaschine im Einsatz war, nun demontieren. Per Flugzeug soll sie laut Amt so bald wie möglich nach Deutschland transportiert werden.
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Die frühere Lufthansa-Maschine "Landshut" auf dem Flughafen von Fortaleza. Seit 2008 rostet die Boeing 737 hier vor sich hin. Das Flugzeug war zuletzt als Frachtmaschine im Einsatz, doch für viele ist sie das Symbol des "Deutschen Herbstes".
Die Bundesregierung hat das auf einem Flugplatz der Stadt Fortaleza abgestellte Flugzeug nun für rund 20.000 Euro gekauft - um es in einem Museum im baden-württembergischen Friedrichshafen auszustellen.
Nachdem die Maschine in Brasilien wiederentdeckt wurde, herrschte über die Rückkehr monatelang Streit. Mehrere deutsche Städte bekundeten Interesse an dem Flugzeug. Außer Friedrichshafen wollten etwa auch Initiativen aus Flensburg, dem hessischen Griesheim sowie aus Landshut die Maschine ausstellen - oder ihr sogar ein eigenes Museum bauen.
Am 13. Oktober 1977 war die "Landshut", Flug LH 181 von Palma de Mallorca nach Frankfurt, gekapert worden.
Selbst kann sie nicht mehr fliegen. Die 1970 in Dienst gestellte "Landshut" ist in einem sehr schlechten Zustand. Die Außenhaut ist verwittert, Kabinenfenster sind zugeklebt, die Reifen platt, die Turbinen beschädigt.
Zwischenstopp Dubai: 86 Touristen und fünf Besatzungsmitglieder erlebten in der "Landshut" ein Martyrium.
Einer der palästinensischen Entführer reicht Flughafenmitarbeitern in Dubai Müll entgegen.
Landung in Mogadischu: Erst nach fünf Tagen endete die Entführung. Ein Team der Lufthansa soll die "Landshut" nun in Fortaleza demontieren. Per Flugzeug soll sie dann zurück nach Deutschland transportiert werden.
Pilot Jürgen Schumann in der offenen Kabinentür der entführten Maschine. Die Terroristen erschossen ihn kurze Zeit später.
Schumann gilt als einziges Opfer der Flugzeugentführung.
Bei der Erstürmung durch die damals neue Spezialeinheit GSG9 in der somalischen Hauptstadt Mogadischu kamen keine Passagiere oder Crewmitglieder um. Mit der "Köln" flogen sie zurück nach Frankfurt. Drei der vier Terroristen wurden getötet.
Der damalige Staatsminister Hans-Jürgen "Ben Wisch" Wischnewski, der der "Landshut" bis nach Mogadischu hinterhergeflogen war, bei der Rückkehr nach Frankfurt: Die Befreiung gilt als Einschnitt in der deutschen Geschichte.
Co-Pilot Jürgen Vietor stützt die Stewardess Gabi von Lutzau, geborene Dillmann, den die Presse als "Engel von Mogadischu" feierte. Vietor hätte einen anderen Standort bevorzugt: Das Haus der Geschichte in Bonn.
Die befreiten Geiseln: Unter ihnen befindet sich der ehemalige Präsident des deutschen Fußballvereins Kickers Offenbach, Gregorio Canellas (mit der Decke).
Staatsminister Wischnewski spricht mit dem Chef der GSG9, Ulrich Wegener, über die Befreiung.
Helmut Schmidt: Mit der Befreiung stand auch für den Kanzler viel auf dem Spiel. Die Terroristen hatten mit der Kaperung der "Landshut" den Druck auf ihn erhöhen wollen, elf RAF-Gefangene freizulassen und 15 Millionen Dollar Lösegeld zu zahlen.
Der palästinensische Terrorist Wadi Haddad gilt als Drahtzieher der Entführung der "Landshut" - er beauftragte das vierköpfige Terrorkommando namens Martyr Halimeh. Er war laut neueren Forschungen vom russischen Geheimdienst KGB als Agent mit dem Decknamen "Nationalist" angeworben worden.
Am 5. September hatten Terroristen der "Roten Armee Fraktion" (RAF) den damaligen Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer entführt. Drei Polizisten und der Fahrer starben bei der Geiselnahme.
Schleyer in Gefangenschaft: Nach der Befreiung der Maschine in Mogadischu erschossen RAF-Terroristen ihn im Elsass.
Helmut Schmidt und die Witwe des ermordeten Arbeitgeberpräsidenten, Waltrude Schleyer: Erst Jahrzehnte später versöhnte sich die Familie mit dem Bundeskanzler - 2013 erhielt Schmidt den Schleyer-Preis.
Jan-Carl Raspe, Gudrun Ensslin und Andreas Baader: Die drei RAF-Terroristen nahmen sich nach der Befreiung der "Landshut" im Gefängnis in Stuttgart-Stammheim das Leben.
Beisetzung der Terroristen: Mit ihrem Tod endete die erste Generation der RAF, die mit ihren Gewalttaten auch politische Forderungen verband. Später ging es der RAF nur noch um Terror.