"Querdenken"-Demo Tausende demonstrieren in Leipzig gegen Corona-Politik

Mit Masken behangen: Demonstrantin in Leipzig
Foto:Sebastian Kahnert / dpa
Nach einem juristischen Streit hat in der Leipziger Innenstadt eine "Querdenken"-Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen begonnen. Die wenigsten der mehreren Tausend Teilnehmer trugen eine Maske oder konnten den Mindestabstand von eineinhalb Metern einhalten. Der Platz zwischen Gewandhaus und der Leipziger Oper war bereits am Mittag dicht gefüllt. "Die Kontrolle ist für uns fast unmöglich", sagte der Sprecher der Polizeidirektion Leipzig, Olaf Hoppe.
Das Oberverwaltungsgericht Bautzen (OVG) hatte zuvor entschieden, dass eine Kundgebung mit 16.000 Menschen auf dem Augustusplatz stattfinden darf. Damit kippte das OVG die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, das am Freitagabend die Auflagen der Stadt zunächst bestätigt hatte. Die Stadt wollte die Kundgebung auf die Parkplätze der Neuen Messe verlegen – etwa neun Kilometer vom Zentrum entfernt.
"Es ist schwer erklärbar, dass sich derzeit nur zwei Hausstände treffen dürfen, aber 16.000 Menschen auf einem Platz demonstrieren dürfen", sagte Leipzigs Stadtsprecher Matthias Hasberg. Halte man die vorgeschriebenen Abstände von 1,50 Meter ein, komme man auf maximal 5000 Menschen für den Augustusplatz. Eine Begründung der Entscheidung will das Oberverwaltungsgericht nach Angaben der Stadt in den kommenden Tagen nachreichen.
Sprecherin der Polizei
Die Polizei bereitet sich nach eigenen Angaben auf einen "sehr intensiven Einsatz vor, weil auf allen Seiten ein gewisses Radikalisierungspotenzial erkennbar ist". Die Leipziger Polizei wird von der sächsischen Bereitschaftspolizei, von Einsatzkräften aus acht Bundesländern sowie der Bundespolizei und dem Landeskriminalamt unterstützt.
Die Polizei stehe vor einer "extrem großen Herausforderung", sagte Polizeisprecher Hoppe. "Wir werden vor Ort entscheiden müssen, wie wir damit umgehen." Er betonte, dass das Versammlungsrecht über die Corona-Schutzverordnung gestellt sei.
Wegen des hohen Zulaufs unterbrachen die Veranstalter der "Querdenken"-Demonstration ihre Kundgebung bereits am frühen Nachmittag für etwa eine halbe Stunde. Sie riefen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf, die Veranstaltungsfläche voll auszunutzen. Die Polizei hatte die Versammlungsfläche zuvor deutlich vergrößert, damit die zahlreichen Demonstrierenden den Mindestabstand einhalten können.
"Die Einsatzkräfte sprechen Personen ohne Maske an, wenn uns ein Attest gezeigt wird, gleichen wir das mit den Angaben im Personalausweis ab", sagte eine Polizeisprecherin. "Es ist aber schwierig, bei dieser Menge, lückenlos zu kontrollieren." Offizielle Angaben zur Teilnehmerzahl machte die Polizei zunächst nicht.
"Querdenken"-Gründer Michael Ballweg gab der Polizei die Schuld für das Gedränge: "Trotz eines schwebenden Rechtsverfahrens durften wir nicht aufbauen", sagte Ballweg: "Wir hätten 19 weitere Lautsprechertürme in den Seitenstraßen installieren können, dann hätten sich die Teilnehmer verteilen können."
Ebenfalls im Stadtzentrum versammelten sich Hunderte Gegendemonstranten. Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts sei eine "offizielle Zulassung eines Superspreader-Events mit Ansage", sagte Irena Rudolph-Kokot vom "Bündnis Leipzig nimmt Platz". Es sei eine Zumutung für die Stadt und die Bürger, dass ohne Einhaltung von Abstand auf viel zu kleinem Raum demonstriert werde. Damit werde die Corona-Schutzverordnung ausgehebelt, die Menschen kämen sich "verarscht" vor.
Bereits am Freitagabend hatten sich in Leipzig rund 200 Menschen auf dem Marktplatz versammelt. Sie meldeten laut Polizei eine spontane Demonstration an, auf der sie gegen die staatlichen Corona-Maßnahmen protestierten. Viele Teilnehmer trugen keine Masken und hielten auch den Mindestabstand nicht ein. Ein Polizeisprecher sagte, es seien Videoaufnahmen gemacht worden, und es werde eine Anzeige gegen die Versammlungsleiterin gestellt.