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Bericht über Londoner Hochhausfeuer Besserer Brandschutz hätte 5000 Pfund gekostet

Viele Bewohner des Grenfell Towers werden nach der Londoner Brandkatastrophe noch vermisst. Der Unmut über den Vermieter wächst: Mehr Brandschutz wäre offenbar günstig zu haben gewesen.

Die Brandkatastrophe in einem Londoner Hochhaus wäre mit einer anderen Fassadendämmung wohl längst nicht so schwer verlaufen. Für einen Mehrbetrag von insgesamt 5000 Pfund hätte ein schwerer entflammbarer Stoff verbaut werden können, zitiert die "Times " einen Mitarbeiter der US-Firma Reynobond, die die Paneele herstellt. Scotland Yard habe ein Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Tötung aufgenommen. Gegen wen es sich richten soll, ist offen.

Statt 22 Pfund für Dämmstoff mit Polyethylen wären laut dem Bericht pro Quadratmeter 24 Pfund für brandresistenteres Material fällig gewesen. Das am Grenfell Tower verwendete Material sei zudem in den USA seit 2012 verboten - "wegen der Ausbreitung von Feuer und Rauch".

Dass die Fassade für den heftigen und raschen Brandverlauf eine fatale Rolle spielte, halten Experten inzwischen für gesichert. Das 24-stöckige Gebäude war von 2014 bis 2016 für mehrere Millionen Pfund energetisch saniert worden.

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Der Brand im Stadtteil Kensington, bei dem mindestens 17 Menschen ums Leben kamen, brach britischen Medien zufolge vermutlich im vierten Stock aus. Das Feuer arbeitete sich schnell in die Höhe, viele Menschen werden noch vermisst.

Laut "Sun " gelten noch 65 Menschen als vermisst. Es sei zu befürchten, dass sie ums Leben gekommen seien, berichtete die Zeitung und veröffentlichte eine Übersicht mit Namen und Fotos der Verschollenen. Auf die Frage, ob es mehr als hundert Todesopfer sein könnten, hatte Polizeichef Stuart Cundy gesagt: "Ich hoffe, dass es nicht eine dreistellige Zahl sein wird."

Die Feuerwehr kündigte an, das Gebäude mit Hunden und Drohnen zu inspizieren. Die Rettungs- und Bergungsarbeiten waren am Donnerstagabend unterbrochen worden. Feuerwehrchefin Dany Cotton sagte: "Ich schicke keine Feuerwehrleute da rein."

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Die britische Premierministerin Theresa May, die eine "umfassende, öffentliche Überprüfung dieses Desasters" angeordnet hatte, wird derweil immer stärker für ihren Umgang mit der Brandkatastrophe kritisiert. Sie hatte den Brandort am Donnerstag besucht, aber nicht mit Betroffenen gesprochen. May hätte den Bewohnern zuhören müssen, twitterte die frühere Labour-Vizechefin Harriet Harman. "Es ist nicht ok, übers Fernsehen zu ihnen zu sprechen".

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Brand im Grenfell Tower: Der Tag nach dem Inferno

Foto: PETER NICHOLLS/ REUTERS

May habe bei ihrem Besuch keine Emotionen gezeigt, warf ihr der frühere Minister und Tory-Parteikollege Michael Portillo vor. "Sie wollte eine kontrollierte Situation, in der sie ihre Menschlichkeit nicht zeigte", sagte Portillo dem Sender BBC. Anders als der Oppositionsführer Jeremy Corbyn habe sie sich nicht mit einem Jungen getroffen, der ihn gefragt haben soll, "Wie viele Kinder starben?"

Im Londoner Regierungsviertel Westminster wollen Aktivisten am Abend demonstrieren. Die Kundgebung soll am frühen Abend vor dem Wohnungsbauministerium stattfinden. Auf Facebook haben Tausende ihre Teilnahme an der Veranstaltung "Justice for Grenfell!"  (Gerechtigkeit für Grenfell) angekündigt.

apr/Reuters/dpa
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