Frankreich diskutiert über sexuelle Gewalt in Familien »Ich war 13, er war 26. Er war mein Onkel«

Die Juristin Camille Kouchner thematisiert in einem Buch sexuellen Missbrauch in ihrer berühmten Familie. Nun ist in Frankreich eine Debatte über Inzest entbrannt – und Tausende teilen online ihre Erfahrungen.

Nach Enthüllungen der Juristin Camille Kouchner über mutmaßlichen sexuellen Missbrauch ist in Frankreich eine Debatte über sexualisierte Gewalt in Familien entbrannt. Zahlreiche Menschen teilen unter dem Hashtag #metooinceste ihre Erfahrungen mit Übergriffen innerhalb der eigenen Familie. Der Hashtag ist angelehnt an das Schlagwort MeToo, das seit einigen Jahren weltweit für den Kampf gegen Alltagssexismus, Missbrauch und Nötigung steht.

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»Ich war 13, er war 26. Er war mein Onkel. Offizier in der Marine«, schrieb eine Nutzerin auf Twitter. »Er war mein Großvater, ich war 11, 12, 13 Jahre alt und hatte keine Ahnung, was das Wort ›Zustimmung‹ bedeutet«, schrieb eine andere. Zahlreiche Zeugnisse wie diese finden sich unter dem Hashtag #metooinceste. »Dies ist die größte Welle von Zeugenaussagen über sexuellen Kindesmissbrauch in unserem Land«, schrieb das Bündnis Nous Toutes.

»Inzest ist immer noch ein Tabu«

Kouchners Buch »La Familia grande« (Die große Familie) über mutmaßlichen Missbrauch in ihrer Pariser Intellektuellenfamilie löste in Frankreich erheblichen Wirbel aus. Die Autorin wirft ihrem Stiefvater Olivier Duhamel vor, ihrem damals minderjährigen Zwillingsbruder gegenüber sexuell übergriffig geworden zu sein. Die Vorfälle sollen rund drei Jahrzehnte zurückliegen. Der bekannte Politologe und Jurist Duhamel war zwar nicht direkt auf die Vorwürfe eingegangen, hatte aber nach deren Bekanntwerden seine Ämter niedergelegt.

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»Inzest ist immer noch ein Tabu. Es verursacht Peinlichkeit, Unbehagen und Scham«, sagte die 28-jährige Chloé dem Sender Franceinfo. Sie ist eigenen Angaben zufolge im Alter von sechs bis acht Jahren von ihrem Großvater missbraucht worden. »Wir fühlen uns schuldig. Selbst im Nachhinein, wenn man von der Justiz als Opfer anerkannt worden ist, ist es sehr schwierig, diese Schuld loszuwerden«, berichtete die junge Frau.

Familien-Staatssekretär Adrien Taquet versicherte, dass das Thema von der Regierung ernst genommen werde. Im Jahr 2018 waren die Verjährungsfristen für sexuelle Gewalt an Minderjährigen in Frankreich verlängert worden. Opfer haben seitdem 30 statt 20 Jahre nach ihrer Volljährigkeit Zeit, um die Tat anzuzeigen.

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Auch Prominente schalten sich in die Debatte ein. Alexandra Lamy, eine bekannte französische Schauspielerin, sagte in einem von ihr veröffentlichten Video, dass den Opfern zugehört werde. Sie sprach ihnen Mut zu. »Für Menschen, die den Mut haben, sich zu äußern, für diejenigen, die es nicht wagen, die Angst haben, sich allein und isoliert fühlen. Wir hören euch zu, wir glauben euch«, sagte Lamy auf Twitter.

bam/dpa
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