Angebot der katholischen Kirche Missbrauchsopfer können ab Januar Entschädigungszahlungen beantragen

Personen, die von katholischen Geistlichen missbraucht wurden, sollen künftig Anspruch auf bis zu 50.000 Euro haben. Opfervertreter dürften damit nicht zufrieden sein.
Georg Bätzing: Bischof von Limburg und Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz

Georg Bätzing: Bischof von Limburg und Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz

Foto: Arne Dedert / dpa

Die Opfer von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche sollen künftig auf Antrag Ausgleichszahlungen von bis zu 50.000 Euro bekommen. Das hat der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Georg Bätzing, in Fulda angekündigt.

Die DBK hat das neue Modell zur Entschädigung von Opfern sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche trotz Kritik von Opfervertretern in Kraft gesetzt. Ab dem 1. Januar können Betroffene Anträge auf Geldleistungen stellen.

Dabei werde es sich um Einmalzahlungen handeln, die für jeden Betroffenen durch ein unabhängiges Entscheidungsgremium individuell festgelegt würden, sagte Bätzing. Zusätzlich könnten Betroffene Kosten für Therapie- oder Paarberatung erstattet bekommen.

Orientierung an staatlichen Schmerzensgeldern

Die Leistungen würden künftig durch ein zentrales und unabhängig besetztes Gremium festgelegt. Diesem Gremium sollen sieben Frauen und Männer angehören. Es werde mit Fachleuten aus Medizin, Recht, Psychologie und Pädagogik besetzt, sagte Bätzing. Die Mitglieder dürften nicht bei der Kirche angestellt und damit von ihr abhängig sein.

Bei der Höhe orientieren sich die Bischöfe, wie bereits im März angekündigt, an Urteilen staatlicher Gerichte zu Schmerzensgeldern. Damit ergeben sich Zahlungen von bis zu 50.000 Euro. Die Höhe wird dabei von einem neuen, laut Bätzing unabhängigen Entscheidungsgremium festgelegt.

Bisher gab es kein einheitliches Vorgehen der deutschen Bistümer, weshalb Opfer je nach Ort unterschiedliche Leistungen bekamen. Diese Uneinheitlichkeit und teils nur geringfügigen Zahlungen führten zu viel Kritik.

Kritik von Opfervertretern

Man habe "Angst" vor dem, was sich Verwaltungs-, Finanz- und Rechtsfachleute der katholischen Kirche ausgedacht hätten, ohne die Betroffenen einzubeziehen, hatte der Sprecher der Opferinitiative "Eckiger Tisch", Matthias Katsch, am Mittwoch gesagt.

Für angemessen hielte die Opferinitiative nach Katschs Worten Zahlungen in sechsstelliger Höhe, zumal viele Betroffene berufsunfähig seien. Noch kritischer als die Summen sieht Katsch die Verfahren, denen sich die Opfer unterziehen müssten, um das Geld zu erhalten. Hier sei eine "tiefe Retraumatisierung" in unprofessionellen Settings zu befürchten.

Laut einer Studie zu Missbrauch in der katholischen Kirche wurden von 1946 bis 2014 mindestens 3677 Minderjährige Opfer sexueller Gewalt von mindestens 1670 Klerikern. Die Dunkelziffer dürfte hoch sein, Experten sprechen von bis zu 100.000 Betroffenen.

bbr/dpa/AFP
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