Sexueller Missbrauch Kardinal Marx fordert Ende der Vertuschung

Die katholische Kirche hat Fälle von sexuellem Missbrauch lange vertuscht. Der Chef der Deutschen Bischofskonferenz schlägt nun vier Maßnahmen vor, um das System des Schweigens zu brechen.
Kardinal Reinhard Marx

Kardinal Reinhard Marx

Foto: CTV/ REUTERS

Kardinal Reinhard Marx hat ein Ende der Geheimniskrämerei um sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche gefordert. Bei einem entsprechenden Gipfel im Vatikan prangerte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz offen Vertuschung an.

"Akten, die die furchtbaren Taten dokumentieren und Verantwortliche hätten nennen können, wurden vernichtet oder gar nicht erst erstellt", monierte Marx vor Papst Franziskus und den anderen Teilnehmern des Spitzentreffens. Fakten und Offenheit seien jetzt dringend geboten.

"Der sexuelle Missbrauch von Kindern und Jugendlichen ist zu einem nicht geringen Teil auf den Machtmissbrauch im Bereich der Verwaltung zurückzuführen", sagte Marx. "Festgelegte Verfahren und Prozesse zur Verfolgung von Vergehen wurden bewusst nicht eingehalten, sondern abgebrochen oder außer Kraft gesetzt."

Die Rechte von Opfern seien gleichsam "mit Füßen getreten" worden, fuhr der Kardinal fort. Opfer seien "der Willkür Einzelner" ausgeliefert gewesen. Dies seien alles Geschehnisse, "die dem zutiefst widersprechen, wofür die Kirche stehen sollte".

Marx schlägt vier Maßnahmen vor, um entsprechenden Vergehen künftig vorzubeugen:

  • Die Statuten zu Vertraulichkeit und Geheimhaltung müssten demnach neu definiert werden.
  • Das Rechtssystem der Kirche müsse an öffentliche Standards angepasst werden.
  • Zahlen und Einzelheiten zu Missbrauchsfällen sollten künftig öffentlich gemeldet werden.
  • Ebenso sollten Dokumente zu gerichtlichen Verfahren veröffentlicht werden.

Der Antimissbrauchsgipfel im Vatikan endet an diesem Sonntag. Papst Franziskus hatte die Chefs der 114 Bischofskonferenzen weltweit und Vertreter der römischen Kurie sowie von Orden und Religionsgemeinschaften eingeladen. Er will Wege finden, wie der lange vertuschte sexuelle Missbrauch von Kindern durch Geistliche künftig verhindert werden kann.

In der Vergangenheit war zudem immer von hochrangigen Kirchenvertretern die Rede, die Täter gedeckt haben sollen. Bekannt ist etwa der Fall des chilenischen Bischofs Juan Barros, der bei der Vertuschung von Sexualdelikten des früheren Pfarrers und Priesterausbilders Fernando Karadima geholfen haben soll.

Videoanalyse zum Antimissbrauchstreffen: "Dieser Gipfel kommt viel zu spät"

SPIEGEL ONLINE
ssu/AFP/dpa
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