Katholische Kirche Missbrauchsopfer kritisieren Schmerzensgeldbeträge

Die katholische Kirche will die Opfer von sexuellem Missbrauch entschädigen. Opfervertreter halten die Beträge für zu gering, ihre Kritik: Die Kirche "klebt offenbar am Geld".
Bischöfe beten auf der Bischofskonferenz in Mainz: Eine unabhängige Arbeitsgruppe hatte bis zu 400.000 Euro pro Opfer gefordert

Bischöfe beten auf der Bischofskonferenz in Mainz: Eine unabhängige Arbeitsgruppe hatte bis zu 400.000 Euro pro Opfer gefordert

Foto: Thomas Lohnes/ Getty Images

Mit Wut und Enttäuschung haben Vertreter von Missbrauchsopfern auf das Schmerzensgeldkonzept der katholischen Kirche reagiert. "Die Kirche in Deutschland ist nicht bereit, für ihre Verbrechen die Verantwortung zu übernehmen und ihren Opfern eine Entschädigung anzubieten", sagte Matthias Katsch, Sprecher der Initiative "Eckiger Tisch". "Was für eine verpasste Chance", schrieb er in einer Mitteilung.

Zuvor hatte die Deutsche Bischofskonferenz mitgeteilt, Opfern von sexuellem Missbrauch keine Entschädigungszahlungen zu leisten, sondern Schmerzensgeld zu zahlen. Das Konzept sieht ein zentrales und unabhängiges Gremium vor, das in Anlehnung an das Niveau gerichtlicher Schmerzensgeldentscheidungen die Höhe von "Anerkennungszahlungen" festsetzt. Diese erstrecken sich in entsprechenden Tabellen von etwa 5000 bis 50.000 Euro.

Offenbar habe sich in den Beratungen der Bischofskonferenz der kleinste gemeinsame Nenner durchgesetzt, sagte Opfervertreter Katsch. Eine unabhängige Arbeitsgruppe aus Kirche und Gesellschaft, der auch Katsch angehörte, hatte der Bischofskonferenz im vergangenen Jahr eine andere Art der Entschädigung vorgeschlagen, bei der die Zahlungen an die Opfer deutlich höher ausgefallen wären.

"Wollen wir einer solchen Institution auch weiterhin Kinder und Jugendliche anvertrauen?"

Diese sahen ein grundsätzliches Schmerzensgeld von 10.000 Euro und zusätzlich entweder einen pauschalen Entschädigungsbetrag von 300.000 Euro oder einen gestuften Entschädigungsbetrag von 40.000 bis 400.000 Euro vor. Damit sollten auch Nachteile abgegolten werden, die die Betroffenen erlitten, weil sie etwa wegen der in der Kindheit erlittenen Traumata auch als Erwachsene Probleme im Berufsleben und dadurch finanzielle Nachteile hatten.

Opfervertreter Katsch forderte nun Katholiken indirekt zum Kirchenaustritt auf. Die jetzige Entscheidung der Bischofskonferenz müsse auch Konsequenzen für Katholikinnen und Katholiken haben, sagte er. "Wollen Sie auch weiterhin eine Kirchenstruktur unterstützen mit ihren Beiträgen, die so offensichtlich am Geld klebt und ihre Opfer missachtet? Wollen Sie auch weiterhin für das moralische Versagen Ihrer Hirten in Mithaftung genommen werden?", fragte Katsch.

An den Staat gerichtet, fragte er: "Wollen wir einer solchen Institution auch weiterhin Kinder und Jugendliche anvertrauen?" Der "Eckige Tisch" werde sich das Schmerzensgeldkonzept nun sorgfältig anschauen und dann über das weitere Vorgehen entscheiden.

kko/dpa/AFP
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