Deutschland im Shutdown Mobilität steigt fast auf Vor-Corona-Niveau

Handydaten zeichnen ein genaues Bild der Mobilität im Land. Ende Februar waren die Menschen hierzulande demnach fast so viel unterwegs wie 2019 – in manchen Bundesländern zeitweise sogar mehr.
Visualisierung der Mobilität in Deutschland allgemein, sowie im Fernverkehr

Visualisierung der Mobilität in Deutschland allgemein, sowie im Fernverkehr

Der Spiegel

Die meisten Geschäfte und Freizeiteinrichtungen in Deutschland sind geschlossen, die privaten Kontakte stark eingeschränkt. Dennoch hat die Mobilität im Land bereits in der zweiten Februarhälfte wieder nahezu das Vorkrisenniveau erreicht – das zeigen Auswertungen auf Grundlage von anonymisierten Mobilfunkdaten, die das Statistische Bundesamt heute veröffentlichte . Siehe folgende Grafik:

Zu Jahresbeginn waren die Menschen landesweit noch rund 25 Prozent weniger unterwegs als im vergleichbaren Zeitraum 2019. Seitdem steigt die Mobilität: In der ersten Februarhälfte lag der Wert noch bei 19 Prozent unter dem Vorkrisenniveau, in den ersten fünf Tagen der vergangenen Woche schließlich nur noch bei 4 Prozent.

Dass die Mobilität mitunter stark vom Wetter beeinflusst wird, zeigt sich insbesondere am 7. und 21. Februar. Am ersten Februarwochenende legte der Wintereinbruch vor allem in der Mitte Deutschlands den Verkehr zeitweise lahm.

Am 21. Februar hingegen wurden an vielen Stellen bundesweit Temperaturen von bis zu 20 Grad gemessen. Den Sonntag nutzten offensichtlich viele für Ausflüge ins Freie. Die Mobilität lag landesweit erstmals seit Herbst wieder über dem Niveau von 2019.

Der Einfluss des Wetters auf die Mobilität zeigt jedoch auch, dass aus der reinen Zahl der Bewegungen keine direkten Rückschlüsse auf das Infektionsgeschehen gezogen werden können. Durchaus relevant für die Entwicklung der Pandemie ist, ob sich die Menschen drinnen oder draußen aufhalten und wie vielen anderen Menschen sie wie nahekommen. Dies wird durch die hier dargestellten Daten nicht erfasst.

Dennoch zeigt der Blick etwas weiter zurück, dass insbesondere während des ersten Shutdowns im Frühjahr 2020 die Mobilität weitaus geringer war:

Ende März, Anfang April 2020 waren die Menschen durchschnittlich rund 40 Prozent weniger unterwegs als noch 2019. Bis in den Sommer normalisierte sich das Mobilitätsverhalten dann schrittweise und lag im Spätsommer sogar etwas über dem Vorjahresniveau.

Die Auswertungen des Statistischen Bundesamt lassen nicht nur Rückschlüsse über die reine Zahl der Bewegungen zu, sondern bieten auch Hinweise, wie sich die Art der Mobilität durch die Pandemie zuletzt verändert hat.

Allgemein ist der Rückgang der Mobilität nachts größer als tagsüber. Die Schließung von Restaurants, Bars und Freizeiteinrichtungen sowie die privaten Kontaktbeschränkungen scheinen sich stärker auszuwirken als die Homeoffice-Regelungen. So lag in der letzten Februarwoche die Mobilität nachts 13 Prozent unter dem Niveau von 2019. Tagsüber betrug der Rückgang hingegen nur noch vier Prozent.

Auf die komplette zweite Februarhälfte geschaut, war in vier Bundesländern tagsüber (6 bis 22 Uhr) sogar ein Anstieg der Mobilität zu verzeichnet: in Brandenburg (+13 %), Mecklenburg-Vorpommern (+7 %), Sachsen (+5 %) und Sachsen-Anhalt (+3 %). Die stärksten Rückgänge waren in diesem Zeitraum in Hamburg (-18 %) und Berlin (-15 %) zu beobachten.

Bemerkenswert sind die Veränderungen, wenn man gesondert die Reisen im Fernverkehr betrachtet:

Es zeigt sich, wie sehr weitere Reisen mit Bahn oder Flugzeug noch immer vermieden werden. Trotz allgemein steigender Tendenz lag der Rückgang der innerdeutschen Flugreisen in der zweiten Februarhälfte laut Mobilfunkdaten bei rund 94 Prozent, bei Bahnreisen bei rund zwei Dritteln.

Die Mobilitätsanalyse des Statistischen Bundesamts basiert auf anonymisierten und aggregierten Mobilfunk­daten aus dem Netz des Mobilfunk­anbieters Telefónica, die vom Unternehmen Teralytics aufbereitet werden.

Die Daten ent­halten die Anzahl der Bewe­gungen zwischen den jeweiligen Ursprungs- und Ziel­regionen (Landkreis oder Gemeinde) für einen bestimmten Zeitraum (Tag oder Monat). Bewe­gungen werden er­fasst, wenn ein Mobil­funk­gerät die Funk­zelle wechselt. Die Ziel­region einer Bewegung ist erreicht, wenn das Mobil­telefon für mindestens 30 Minuten in einer Zelle verbleibt. Bewe­gungen können somit auch inner­halb einer Region er­fasst werden, voraus­gesetzt es findet zwischen­zeitlich ein Wechsel der Funk­zelle statt.

Eine ausführlichere Beschreibung der Datengrundlage und Methodik können Sie hier nachlesen .

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