Montenegro Tumulte bei Billigung von neuem Kirchengesetz

Im Parlament von Montenegro ist es zu Ausschreitungen gekommen. Die proserbische Opposition lehnte sich gegen ein umstrittenes Kirchengesetz auf. Schon zuvor hatte es Proteste gegeben.
Proteste in der Hauptstadt von Montenegro, Podgorica

Proteste in der Hauptstadt von Montenegro, Podgorica

Foto: Risto Bozovic/ AP

Das Parlament in Montenegro hat nach chaotischen Szenen mit den Stimmen der Regierungsmehrheit ein umstrittenes Kirchengesetz gebilligt. Vor der Abstimmung in der Nacht zum Freitag zündeten Abgeordnete der proserbischen Opposition im Plenarsaal offenbar Rauchgranaten oder einen Feuerwerkskörper und versuchten, Mikrofone zu zerstören. Zuvor hatten am Donnerstag Hunderte Oppositionsanhänger mit Straßenblockaden gegen das Gesetz protestiert.

Der Sicherheitsdienst entfernte die Abgeordneten aus dem Saal. Unterstützer der serbisch-orthodoxen Kirche befürchten, dass das Gesetz sie ihres Besitzes berauben wird, einschließlich der mittelalterlichen Klöster und Kirchen. Die Regierung bestreitet das.

Das neue Gesetz sieht vor, dass die im Lande tätigen Kirchen den Eigentumsstatus von Gebäuden und Immobilien klären müssen, die vor 1920 in ihren Besitz gelangt sind. Die Regelung gilt als kontrovers. Sie könnte Auswirkungen im Konflikt zwischen der im Land dominierenden, Belgrad unterstellten serbisch-orthodoxen Kirche (SOK) und der neuen, autonomen montenegrinisch-orthodoxen Kirche (MOK) haben.

Montenegro war bis 1918 ein unabhängiges Königreich mit einer eigenen orthodoxen Kirche. Nach der Eingliederung des Landes in das neu entstandene, von einem serbischen König regierte Jugoslawien verlor die montenegrinische Kirche im Jahr 1920 durch einen königlichen Erlass ihren "autokephalen" - unabhängigen - Status und wurde, zusammen mit ihren Besitztümern, Teil der serbisch-orthodoxen Kirche.

Seit 2006 ist Montenegro wieder unabhängig. Die Regierung in Podgorica treibt seitdem die Wiederherstellung der eigenen montenegrinisch-orthodoxen Kirche voran. Die serbisch-orthodoxe Kirche in Belgrad bekämpft dies vehement. Sie ist unter keinen Umständen bereit, die "autokephale" montenegrinische Kirche anzuerkennen. "Wir sind bereit, für unsere Kirche zu sterben und das demonstrieren wir heute Nacht", sagte der Oppositionsführer Andrija Mandic.

bbr/dpa/AP
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