Ökumenischer Kirchentag Papst verurteilt Missbrauch und predigt Hoffnung

Marienplatz in München: Eröffnungsgottesdienst des größten ökumenischen Treffens
Foto: Johannes Simon/ Getty ImagesMünchen - Das Wetter hatte Symbolkraft: Dunkle Wolken hingen beim Start des zweiten Ökumenischen Kirchentages über München. In einer Botschaft an die deutschen Christen verurteilte Papst Benedikt XVI. zum ersten Mal den Kindesmissbrauch in der katholischen Kirche. In einem Grußwort zur Eröffnung bekannte er: "Es gibt das Unkraut gerade auch mitten in der Kirche und unter denen, die der Herr in besonderer Weise in seinen Dienst genommen hat."
Insgesamt nahmen nach Veranstalterangaben 80.000 Menschen an den drei Eröffnungsgottesdiensten unter freiem Himmel teil. Zu dem weltweit größten ökumenischen Laientreffen werden bis Sonntag rund 700.000 Teilnehmer erwartet. Mit Hinweis auf das Kirchentagsmotto "Damit ihr Hoffnung habt" erklärte der Papst in dem vom Münchner Erzbischof Reinhard Marx verlesenen Grußwort, die Meldungen der letzten Monate hätten die Kirche "als Ort der Hoffnung verdunkelt". Dennoch mahnte der Papst, sich nicht von der Kirche abzuwenden - sie sei ein Ort der Hoffnung.
Bundespräsident Köhler sagte beim Eröffnungsgottesdienst, "Führungsversagen, Missbrauch, Misshandlung" hätten die Kirche in eine schwere Krise geführt: "Viele Gläubige schämen sich, viel Vertrauen ist verlorengegangen." Mit Blick auf die Missbrauchsskandale sprach Köhler von "vielen dunklen Wolken" über der Kirche. Der Bundespräsident forderte Katholiken und Protestanten unter großem Beifall der Menge zu mehr Zusammenarbeit auf und verwies auf die großen Verdienste der Kirchen für eine soziale und humane Welt.
Das größte Christentreffen Europas steht unter dem Bibelwort "Damit ihr Hoffnung habt". Das Programm umfasst rund 3000 Veranstaltungen zu politischen und religiösen Themen. Es werden zahlreiche Bundespolitiker erwartet, am Freitag kommt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zu einem Podium. Der Ökumenische Kirchentag wird von den Laienorganisationen Deutscher Evangelischer Kirchentag (DEKT) und dem Zentralkomitee der Deutschen Katholiken (ZdK) ausgerichtet.
Kein gemeinsames Abendmahl
Aus allen Teilen Deutschlands sind Pilger nach München gereist. Eine der anstrengendsten Anfahrten hatten die Teilnehmer von "Ökumene ins Rollen bringen": Am 2. Mai waren sie mit Fahrrädern in Berlin am Brandenburger Tor gestartet und Hunderte Kilometer bei Wind und Wetter nach München gestrampelt. "Irgendwann merkt man den Allerwertesten nicht mehr", beschreibt die 14 Jahre alte Paula Rosam aus Magdeburg die Strapazen. Doch die Erfahrung ist es ihr wert: "Egal wie das Wetter ist, die Gemeinschaft trägt einen weiter, auch wenn man vor einem hohen Hang steht!"
Die meisten Jugendlichen suchen auf dem Kirchentag vor allem Kontakte und Gespräche mit Gleichaltrigen. Cäcilia Hickl fühlt sich wohl inmitten der singenden und betenden Menschen und steht zur katholischen Kirche, auch wenn viele von einer Krise reden: "Wenn man austritt, kann man nichts verändern", erklärt sie bestimmt. Doch auch die 16-Jährige wünscht sich mehr Offenheit zum Thema Missbrauch: "Eingestehen, dass was falsch gelaufen ist."
Die strittige Frage eines gemeinsamen Abendmahls bleibt eine Trennungslinie zwischen Katholiken und Protestanten. Weil ein gemeinsames Abendmahl wegen der theologischen Unterschiede nicht möglich ist, wird an diesem Freitag eine orthodoxe Vesper gefeiert: An tausend Tischen wird Brot gesegnet und Obst verteilt, dazu gebetet und gesungen. Am Rande des ersten Ökumenischen Kirchentags 2003 in Berlin hatten gemeinsame Abendmahlsfeiern zu Schlagzeilen geführt. Erzbischof Marx betonte vor diesem Hintergrund, dass bei dem Münchner Treffen die Regeln der jeweiligen Kirchen beachtet und gegenseitig respektiert werden müssten.
Käßmann begeistert mit einer Buchvorstellung
Bei ihrem ersten Auftritt nach dem Rücktritt von ihren kirchlichen Ämtern hat Margot Käßmann am Mittwoch in München für Begeisterung gesorgt. Wenige Stunden vor Eröffnung des zweiten Ökumenischen Kirchentages (ÖKT) in München stellte Käßmann in einer Buchhandlung in der Innenstadt ihr neues Buch "Das große Du - Das Vaterunser" vor.
Mehrere hundert Käßmann-Fans und Reporter drängten sich auf der kleinen Fläche in der Buchhandlung. Als die ehemalige Bischöfin erscheint, wird sie mit Applaus empfangen. Es ist ihr erster öffentlicher Auftritt nachdem sie wegen einer Alkoholfahrt von ihrem Bischofsamt und als Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche Deutschland (EKD) zurückgetreten war.