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Krankenwagen im Großraum Boston: Im Einsatz gegen die Opioid-Epidemie

Foto: BRIAN SNYDER/ REUTERS

US-Rettungssanitäter im Dauereinsatz Notruf: Überdosis

Die Opioid-Epidemie trifft die US-Gesellschaft ins Mark: Krankenwagen-Besatzungen erleben das täglich hautnah. Der Fotograf Brian Snyder hat die Einsatzkräfte bei ihrer Arbeit begleitet.

Die Rettungssanitäter finden sie überall: zusammengesackt auf dem Gehweg, kaum noch atmend in Toiletten von Fastfood-Restaurants, im Auto auf Drogerie-Parkplätzen, den Kopf auf dem Lenkrad. Drogensüchtige, die nach einer Überdosis das Bewusstsein verloren haben.

Die Mitarbeiter des Rettungsdienstes Cataldo Ambulance Service bei Boston im US-Bundesstaat Massachusetts erleben jeden Tag, welche Verheerungen die Opioid-Sucht in der US-Gesellschaft anrichtet. Brian Snyder, Fotograf der Nachrichtenagentur Reuters, hat die Einsatzkräfte bei ihrer Arbeit begleitet. Die Fotos dokumentieren einen schier aussichtslosen Kampf.

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In Massachusetts waren Krankenwagen im vergangenen Jahr 20.978-mal wegen Opioid-Überdosen unterwegs. 2013 waren es nach offiziellen Angaben 8389 solche Einsätze.

"Als ich angefangen habe, war das die Ausnahme. Hier mal einer, da mal einer. Jetzt kommt das häufiger vor", sagt Dave Franklin. Er arbeitet seit 20 Jahren für den Rettungsdienst. "Das hört so bald nicht auf. Da sterben regelmäßig Leute."

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Krankenwagen im Großraum Boston: Im Einsatz gegen die Opioid-Epidemie

Foto: BRIAN SNYDER/ REUTERS

In den USA sterben täglich mehr als 90 Menschen an einer Opioid-Überdosis. 2016 stieg die Anzahl dieser Todesfälle im Vergleich zum Vorjahr um 21 Prozent. An Drogen-Überdosen sterben in dem Land mehr Menschen als durch Schusswaffen oder Verkehrsunfälle. US-Präsident Trump hat deswegen den Gesundheitsnotstand verhängt.

Bei den Opioiden handelt es sich vorwiegend um verschreibungspflichtige Schmerzmittel, Heroin und synthetische Drogen wie Fentanyl, das 50- bis 100-mal stärker ist als Morphium. Wenn zu starkes Fentanyl auf der Straße verkauft wird, steigt die Zahl der Einsätze. "Am Nachmittag ist die Chance größer, dass sie noch leben", sagt Simpson. "Wenn wir morgens losfahren, hat jemand vermutlich am Abend vorher Drogen genommen."

Für Dominic Corey sind das nicht nur Zahlen. Er erlebt jeden Tag bei der Arbeit, was die Drogenkrise anrichtet. Im Krankenwagen hat er stets genug vom Opioid-Gegenmittel Naloxon dabei - mehr als doppelt so viel wie früher. Man braucht mehr Naloxon, um gegen stärkere Opiate etwas ausrichten zu können.

Wenn Corey und sein Kollege Andrew Simpson um das Leben eines Süchtigen kämpfen, sprühen sie Naloxon in die Nase und spritzen das Mittel, pumpen Sauerstoff und die Lungen und warten. Die Betroffenen übergeben sich manchmal, wenn sie wieder das Bewusstsein erlangen.

Manche fragen: "Was machen Sie in meinem Haus?" Andere sind dankbar, weinen, geloben Besserung. Wieder andere bestreiten, Drogen genommen zu haben.

Manchmal sind die Eltern der Süchtigen da. Hilflos, niedergeschlagen - oder, wenn jede Hilfe zu spät kommt, in Trauer. "Du siehst die Eltern, die sind am Boden zerstört. Sie haben die ihnen wichtigste Person auf der Welt verloren. Ich kann mir das nicht vorstellen. Aber das erlebt man immer wieder", sagt Corey.

Mit den überlebenden Süchtigen führen die Einsatzkräfte Gespräche. Meist werde zugesagt, eine Therapie zu machen, sagt Simpson. "Aber drei Monate später sehe ich dieselbe Person wieder - mit einer Überdosis."

ulz/Reuters
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