Palliativmedizin Stiftung untersucht "Sterbequalität" weltweit

Palliativmedizin: Tod und Sterben sind noch immer Tabu-Themen
Foto: Thomas Kienzle/ APSingapur - Die schlechte Nachricht vorweg: Der Weltverband für Palliativpflege (WPCA) schätzt, dass rund um den Globus 100 Millionen Kranke und Angehörige im Jahr besonders betreut, begleitet und geschult werden müssten. Tatsächlich haben aber nur acht Millionen Menschen überhaupt Zugang zu Einrichtungen wie Hospizen und häuslicher Sterbebegleitung.
Die Lien-Stiftung in Singapur hat versucht, die Qualität der Sterbebetreuung weltweit einzuschätzen. Daher gab sie eine Studie bei der "Economist Intelligence Unit" in Auftrag. Die Analysten untersuchten, welche staatlichen Hilfen es für Hospize zur Pflege Sterbender gibt und ob die Regierung Standards für die Versorgung in den letzten Lebensmonaten entwickelt. Sie berücksichtigten auch die Höhe der Gesundheitsausgaben und die Lebenserwartung.
Während Deutschland es gerade mal auf Platz acht des internationalen Rankings schaffte, ging Großbritannien als Sieger der insgesamt 40 Nationen hervor. Im Vereinigten Königreich begann die moderne Hospizbewegung bereits in den sechziger Jahren. Das Land erhielt Top-Noten unter anderem, weil das Thema Sterben in der Gesellschaft kein Tabu mehr ist, weil Pflegekräfte eigens ausgebildet werden und schmerzlindernde Mittel wie Opiate problemlos zu bekommen sind.
Medikamente, die Schmerzen und Beschwerden lindern, gelten als Voraussetzung für eine befriedigende Pflege der Sterbenden. "Wenn der Schmerz kontrolliert wird, öffnet das die Tore zu allem anderen", sagt Anne Merriman, Gründerin von Hospice Africa. "Dann können die Menschen wieder denken und sich mit sozialen, spirituellen und kulturellen Fragen auseinandersetzen."
Fünf Milliarden Menschen weltweit müssten auf Medikamente zur Schmerzkontrolle verzichten, heißt es in der Studie. "Eines der größten Probleme ist, dass manche Regierungen illegalen Drogenkonsum so fürchten, dass es fast unmöglich ist, etwa an Opiate zu kommen", sagt Sheila Payne von der Universität Lancaster.
"Darauf gepolt, den Tod zu verhindern"
Auf den vorderen Rängen der Studie landeten Australien, Neuseeland, Irland, Belgien, Österreich und die Niederlande. Schlusslichter waren China, Brasilien, Uganda und Indien.
Die bittere Erkenntnis: Nicht automatisch bedeutet eine gute Lebensqualität auch, dass mit Sterbenden adäquat umgegangen wird: Ausgerechnet Länder wie Finnland, Dänemark, die Schweiz und Schweden, deren Gesundheitssysteme als vorbildlich gelten, landeten auf den Plätzen 28, 22 und 19 und 16.
"In vielen hochentwickelten Ländern ist die medizinische Versorgung oft zu stark darauf gepolt, den Tod zu verhindern, als Menschen beim Sterben ohne Schmerzen, Beschwerden und Stress zu helfen", heißt es in der Studie. Häufig seien Tod und Sterben Tabuthemen, über die in der Öffentlichkeit nicht geredet werde. Hospiz-Pflege sei oft als "Aufgeben" verpönt.
"Wir sind das Epizentrum der Technologien, die uns erlauben, Menschen 60 Tage länger am Leben zu erhalten, ohne dass sich ihr Zustand bessert, aber mit deutlich höheren Kosten", sagte Paul Keckley von der US-Beratungsfirma Deloitte Center for Health Solutions.