Papst-Vorstoß Erst die Fußwaschung, dann das Diakonat

Schwester Carmen Sammut und Papst Franziskus
Foto: APEtwa 900 Frauen waren in der Aula Nervi versammelt, Oberinnen diverser Orden aus allen Teilen der Welt. Warum Frauen nicht als Diakoninnen der Kirche dienen könnten, fragte eine Teilnehmerin den Papst beim Tagesordnungspunkt "Fragen und Antworten". Und eine Mit-Schwester im Glauben legte mit der präzisen Formulierung nach, ob man nicht eine offizielle Kommission einsetzen könne, die sich dieser Frage widmen dürfe.
Dem Papst kamen die kessen Wortmeldungen der Ordensfrauen offenbar nicht ungelegen. Vielleicht hat er sogar darauf gewartet. Denn er hatte eine ziemlich konkrete Antwort parat.
Er habe über das Thema schon vor geraumer Weile mit einem "guten, weisen Professor" gesprochen, der den Einsatz von Diakoninnen in den ersten Jahrhunderten der Kirchengeschichte erforscht habe. Deren Rolle, erfuhr Franziskus von jenem Historiker, sei überhaupt nicht klar. Waren sie, zum Beispiel, geweiht oder nicht? "Ja", machte Franziskus weiter, er glaube es wäre gut, eine Kommission mit der Klärung solcher Fragen zu befassen. "Ich akzeptiere den Vorschlag", sagte er, und: Er werde das auf den Weg bringen.
Ist das, an einem Donnerstagmorgen im Mai 2016, der Moment, in dem sich die Öffnung der katholischen Kirche für Frauen auch in geweihten Ämtern am Horizont zeigt?

Papst Franziskus in der Aula Nervi
Foto: APDer Papst, das scheint klar, will eine Tür öffnen, will Frauen mehr Chancen und Möglichkeiten in der Kirche verschaffen. Aber so einfach ist das auch für den Pontifex Maximus der römisch-katholischen Kirche nicht. Denn einer seiner Vorgänger, der strenge Pole Johannes Paul II. hat die Tür, die Frauen ins Priesteramt brächte, ziemlich fest verbarrikadiert.
Schließlich, darauf berufen sich die Gegner der Frauen-Weihe gern, hätten beim letzten Abendmahl auch nur Männer mit Jesus am Tisch gesessen.
Stimmt, aber die Zeiten ändern sich. Sogar in einer so starren, 2000 Jahre alten Organisation wie der römischen Kirche. Nicht nur, dass es heute unzeitgemäß und geradezu schäbig wirkt, die Hälfte der Menschheit für religiös zweitklassig zu erklären.
Es gibt auch einen ganz profanen Grund für die Kirche, Frauen zu höheren Ämtern zuzulassen: Personalmangel.
Immer weniger Männer wollen Priester werden. In Deutschland fehlt genauso wie in den Nachbarländern das Kirchenpersonal. Und ganz besonders im heiligen Italien. Eine immer größere Zahl der Pfarrer und Diakone dort kommt aus Polen, Brasilien, den Philippinen oder dem Kongo. Viele Stellen bleiben unbesetzt, mangels Bewerber.
Kirche sucht dringend Personal
Gerade als Diakon könnten sich Frauen um ihre Kirche verdient machen - und en passant die erste Hürde auf dem gewiss noch etwas längeren Weg ins "richtige" Priesteramt nehmen. Das Diakonat ist die erste Stufe des Weihesakraments, danach kommen das Priester- und schließlich das Bischofsamt. Diakone - Helfer des Pfarrers - handhaben, nicht überall aber in vielen Teilen der Welt, Sakramente, wie zum Beispiel die Taufe und die Eheschließung.
Und von den Diakonen, sagen die Frauenfreunde im Vatikan, habe Papst Johannes Paul II. ja seinerzeit nicht ausdrücklich gesprochen. Auch in seinem päpstlichen Verdikt komme das Wort nicht vor. Deshalb hatten die Teilnehmer der letzten Synode im Herbst schon über das Thema gesprochen, aber die Sache nicht weiter vertieft. Das hat jetzt der Papst höchstselbst angestoßen.
Dass er aus den weiblichen Mitgliedern seiner Herde vollwertige Katholiken machen möchte, ist spätestens im italienischen Jugendgefängnis Casal del Marmo klar geworden. Da hat Franziskus entschieden, die dortigen Frauen dürften gleichberechtigt an der rituellen Fußwaschung teilnehmen. Bis dahin war das Männern vorbehalten. Fortan galt die Gleichberechtigung in diesem Segment nicht nur fürs Gefängnis, sondern für die ganze Welt.
Fußwaschung, nun ja. Gewiss nur ein kleiner Schritt für die Menschheit. Aber schon sehr ein großer für die katholische Kirche.