Polen Holocaustforscher wegen Verleumdung angeklagt

Wegen eines Buchs über den Holocaust im von Deutschland besetzten Polen stehen zwei Geschichtsprofessoren vor Gericht. Der deutsche Historikerverband warnt vor »enormem Einschüchterungspotenzial«.
Wachturm im Konzentrationslager Auschwitz (Symbolbild)

Wachturm im Konzentrationslager Auschwitz (Symbolbild)

Foto: Scott Barbour / Getty Images

Deutsche Historikerinnen und Historiker haben Sorge wegen eines Verfahrens gegen zwei Holocaustforscher in Polen geäußert. »Es hat ein enormes Einschüchterungspotenzial, wenn es zu solchen Gerichtsverhandlungen kommt«, sagte die Vorsitzende Eva Schlotheuber vom Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands (VHD). Gerade jüngere Forscher könnten abgeschreckt werden. Auch entstehe ein großer Schaden für die Gesellschaft, wenn »wissenschaftlich fundierte Forschungsergebnisse nicht im wissenschaftlichen oder öffentlichen Diskurs verhandelt werden, sondern vor Gericht.«

Die Geschichtsprofessoren Barbara Engelking und Jan Grabowski befassen sich in ihrem 2018 erschienenen Buch »Dalej jest noc« (»Und immer noch ist Nacht«) mit dem Massenmord an Juden in einer polnischen Provinz unter deutscher Besatzung. Die Autoren wurden von der Nichte eines früheren Ortsvorstehers aus Ostpolen wegen Verleumdung verklagt.

Die Frau sieht die Erinnerung an ihren Onkel diffamiert, weil die Historiker in ihrem Buch schreiben, der Ortsvorsteher sei mitschuldig am Tod von mehr als 20 im Wald versteckten Juden gewesen, die den Deutschen übergeben wurden.

Die Klägerin verlangt umgerechnet rund 22.500 Euro Entschädigung und eine öffentliche Entschuldigung der Autoren. Das Urteil wird am Dienstag erwartet.

lmd/dpa

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