Julius Paetz: Der polnische Erzbischof trat 2002 nach schweren Missbrauchsvorwürfen zurück
Foto: ALIK KEPLICZ/ ASSOCIATED PRESSDie polnischen Tageszeitungen beobachten den Missbrauchsskandal in der deutschen katholischen Kirche sehr genau. Aber bisher hat sich daraus keine Diskussion über ähnliche Fälle im eigenen Land entwickelt. Dabei ist auch Polen vor rund einem Jahrzehnt durch einen ähnlichen Skandal erschüttert worden. Seminaristen und Priester hatten damals den Posener Erzbischof der sexuellen Belästigung beschuldigt. Die Kirche wiegelte ab, die Staatsanwaltschaft ermittelte nicht. Erst nach massiver Berichterstattung in den Medien trat der hohe Kirchenmann im Jahr 2002 nach Rücksprache mit dem Papst zurück.
Immer wieder wurden seitdem einzelne Fälle bekannt, in denen katholische Würdenträger des Missbrauchs bezichtigt wurden. So wurde 2004 ein Priester verurteilt, weil er sich an Kindern vergangenen hatte. Im selben Jahr wurde der frühere Beichtvater von Arbeiterführer Lech Walesa, Prälat Henryk Jankowski, vom Dienst suspendiert. Ihm war unter anderem vorgeworfen worden, einen Jungen missbraucht zu haben.
Zuletzt hatte im stark katholisch geprägten Polen, wo rund 88 Prozent der Bevölkerung der Kirche angehören, vor zwei Jahren ein Missbrauchsskandal die Öffentlichkeit erschüttert. Damals hieß es, dass katholische Bischöfe über zehn Jahre hinweg den Leiter eines Erziehungsheims in Stettin trotz seiner pädophilen Übergriffe geschützt haben sollen.
Im Zusammenhang mit dem Stettiner Fall hat die polnische Kirche erstmals ihre Strategie geändert: Statt zu schweigen, forderte der Warschauer Erzbischof die vollständige Aufklärung der Vorwürfe.
Der stellvertretende Chefredakteur der Katholischen Nachrichtenagentur Polens, Tomasz Krolak, schätzt, dass das Problem sexueller Übergriffe in der polnischen Kirche nicht die Ausmaße hat wie in Deutschland. "Wir hören nur von einzelnen Fällen", sagte er zu SPIEGEL ONLINE. "In der letzten Zeit wird dennoch einiges gemacht, um dem Phänomen vorzubeugen: Schon bei den Aufnahmeprüfungen zum Priesterseminar wird mehr Wert auf die psychologische und psychiatrische Untersuchung gelegt. Es geht darum, schon in diesem ersten Moment die Personen auszuschließen, die krankhafte Neigung zeigen."
SPIEGEL+-Zugang wird gerade auf einem anderen Gerät genutzt
SPIEGEL+ kann nur auf einem Gerät zur selben Zeit genutzt werden.
Klicken Sie auf den Button, spielen wir den Hinweis auf dem anderen Gerät aus und Sie können SPIEGEL+ weiter nutzen.
Messe im Vatikan: Die katholische Kirche in Europa wird vom Missbrauchsskandal erschüttert - doch während sich die Fälle in Deutschland, Irland und den Niederlanden häufen, ist der Skandal in anderen Ländern wie Frankreich und Polen praktisch kein Thema.
Der polnische Erzbischof Julius Paetz trat 2002 nach schweren Missbrauchsvorwürfen zurück.
Der französische Bischof Pierre Pican (hier auf einem Bild aus 2001) wurde verurteilt, weil er sein Wissen über die Taten eines Priesters nicht an die Justiz weitergegeben hatte.
Von 1996 bis 2009 war Donal Murray Bischof von Limerick. Im vergangenen Jahr trat der Ire von seinem Amt zurück: Er war Missbrauchsvorwürfen, die gegen einen Priester erhoben worden, nicht nachgegangen. "Ich weiß, dass mein Rücktritt das Leid der Missbrauchsopfer nicht wiedergutmachen kann", sagte er in einer Stellungnahme.
Kardinal Sean Brady, Vositzender der irischen Bischofskonferenz, hatte Transparenz versprochen - und gerät nun selbst unter Druck: er war 1975 als protokollierender Priester dabei, als zwei missbrauchten Kindern ein Schweigegelübde abgenommen wurde. Alle Rücktrittsforderungen weist der Kardinal entschieden zurück.
Sein Name steht für den Missbrauch in Irland: Brendan Smyth arbeitete 40 Jahre als Geistlicher. In dieser Zeit missbrauchte er in Belfast, Dublin und den USA insgesamt rund 90 Kinder. Wegen des Missbrauchs wurde er zu einer siebenjährigen Haftstrafe verurteilt. Er starb 1997 in Haft an einem Herzinfarkt.
"Sexueller Missbrauch durch Geistliche ist nicht so schwerwiegend wie Abtreibung" - mit dieser Äußerung sorgte der spanische Kardinal Antonio Canizares (links im Bild) im Mai 2009 für Empörung.
Auf ihm ruhen die Hoffnungen: Wim Deetman, Protestant und ehemaliger Bürgermeister von Den Haag, wird die unabhängige Kommission zu Ermittlung der Missbrauchsfälle innerhalb der katholischen Kirche in den Niederlanden leiten.
Als "Bubendummheiten" bezeichnete der damalige österreichische Bischof Kurt Krenn den Skandal im Priesterseminar St. Pölten. Ein Priesteramtsanwärter hatte kinderpornografische Bilder aus dem Netz geladen, es soll homosexuelle Beziehungen gegeben haben. 2004 trat Krenn auf Wunsch des Papstes von seinem Amt zurück, zu den Vorwürfen äußerte er sich nicht.
Karl Golser, Bischof der italienischen Diözese Bozen: Er ermutigte Betroffene, nicht länger zu schweigen und gründete eine Anlaufstelle im Internet. Das sei ein wichtiger Schritt, "um dem falschen Eindruck zu widersprechen, die Kirche wolle etwas vertuschen", so Golser.
Kardinal Sean Brady, Vositzender der irischen Bischofskonferenz, hatte Transparenz versprochen - und gerät nun selbst unter Druck: er war 1975 als protokollierender Priester dabei, als zwei missbrauchten Kindern ein Schweigegelübde abgenommen wurde. Alle Rücktrittsforderungen weist der Kardinal entschieden zurück.
Foto: PETER MUHLY/ AFPAls "Bubendummheiten" bezeichnete der damalige österreichische Bischof Kurt Krenn den Skandal im Priesterseminar St. Pölten. Ein Priesteramtsanwärter hatte kinderpornografische Bilder aus dem Netz geladen, es soll homosexuelle Beziehungen gegeben haben. 2004 trat Krenn auf Wunsch des Papstes von seinem Amt zurück, zu den Vorwürfen äußerte er sich nicht.
Foto: RUBRA/ ASSOCIATED PRESS