Protest gegen Behörden Rentner ruft eigenen Ministaat in Italien aus
Das Haus von Pier Giuseppe Dellavalle wurde abgerissen, doch die versprochene Entschädigung bekam der italienische Rentner nur zum Teil. Seit Jahren streitet er mit den Behörden - jetzt rief er sein eigenes Fürstentum auf einem Kreisverkehr aus.
Der italienische Rentner Pier Giuseppe Dellavalle hat Europas wohl kuriosesten Mikrostaat ausgerufen: das "Fürstentum von Dellavalle" nördlich von Turin. Das offizielle Motto lautet "Lass uns die Welt nicht in den Händen von Idioten lassen." Für den 70-Jährigen ist sein Fürstentum der Protest gegen die Willkür der Behörden. "Meine Erfahrung ist teils zum Lachen und teils zum Weinen."
Kurz nach dem Jahrtausendwechsel wurde Dellavalles Haus abgerissen, um Platz für eine neue Umgehungsstraße zu machen. Der Rentner einigte sich mit der Straßenbaubehörde auf eine Entschädigung von 600.000 Euro, bekam aber nach eigenen Angaben nur 347.000.
Zudem vergaß die Behörde, ihn zu enteignen. Deshalb muss er noch Steuern für ein Gebäude bezahlen, das gar nicht mehr existiert. Auf seine Beschwerde antwortete ein Beamter laut Dellavalle nur: "Wenn der Computer sagt, dass dort ein Haus steht, muss es auch existieren."
Fürstentum mit Tomaten und Grillfesten
Dellavalle schrieb zahlreiche Briefe, Antworten bekam er nicht. Er entschied sich, sein Land am Rand der norditalienischen Stadt Vercelli zurückzugewinnen: Seitdem stattet er einem Kreisverkehr auf der Fläche seines ehemaligen Hauses regelmäßige Besuche ab. Inzwischen baut er dort auch Tomaten an, feiert Grillfeste mit Freunden und stellt Protestschilder auf.
Die Behörden haben versucht, ihn zur Räumung zu zwingen. Aber der Richter entschied zugunsten Dellavalles und erkannte sein Besitzrecht an dem Land an. "Sie rufen mich regelmäßig an und bitten mich aufzugeben", sagte er. "Aber das werde ich nicht tun."
Sogar Polizeibeamte einer Sonderabteilung würden ihm auf Schritt und Tritt folgen und Berichte über ihn schreiben. "Ich denke darüber nach, sie wegen Verfolgung anzuklagen", sagte Dellavalle. Bis heute hat er etwa 60.000 Euro Gerichtskosten gezahlt.
Suche nach Ministern
Sein "Fürstentum" hat bereits 68 Menschen die Bürgerrechte gegeben. Die liberal-konservative Tageszeitung "Il Foglio" stellte Dellavalles Geschichte kürzlich als Symbol einer kafkaesken Bürokratie dar. Nach Meinung der Wirtschaftslobbyisten von Confindustria wird Italien von einem "Gesetzesdschungel" von bis zu 150.000 landesweiten und 28.000 regionalen Gesetzen und Regulierungen regiert.
Eine Reduzierung der Bürokratie gehört deshalb zu den wichtigsten Prioritäten für Premierminister Matteo Renzi. Erst vor wenigen Wochen beschloss das Parlament eine Verwaltungsreform; diese muss aber erst noch umgesetzt werden.
Dellavalle plant für September erst mal eine weitere Zusammenkunft auf dem Kreisverkehr, dann will er ein Mini-Parlament und Minister nominieren. "Alle sind dabei willkommen, auch Ausländer. Wir trinken einen und amüsieren uns."
Alvise Armellini, dpa/aar