

Ulm - Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) beklagt rechtsextreme Einstellungen auch bei ihren Mitgliedern. Es sei beunruhigend, dass rechtes Gedankengut in der Öffentlichkeit auf dem Vormarsch sei und zunehmend zu brutalen Gewalttaten führe, erklärte die EKD zum Abschluss ihrer Jahrestagung am Donnerstag in Ulm. Die Kirchenjuristen wurden aufgefordert zu prüfen, ob Rechtsextremisten aus den eigenen Reihen ausgeschlossen werden können. Demokratie und Toleranz müssten von der Kirche verteidigt werden.
Zudem forderte die Synode zu einem verstärkten ehrenamtlichen Engagement auf. "Ehrenamtliches Engagement ist unersetzlich für den Zusammenhalt einer Gesellschaft. Gerade ein sich immer stärker ausdifferenzierendes und individualisierendes Gemeinwesen ist auf dieses Engagement angewiesen."
Zuvor hatte die EKD ihren bisherigen Ratsvorsitzenden Wolfgang Huber offiziell aus seinem Amt verabschiedet. "Du hast uns außerordentlich gut vertreten", bedankte sich die Grünenpolitikerin und Vorsitzende des Kirchenparlaments, Katrin Göring-Eckardt. Der 67-jährige Huber scheidet mit Erreichen des Pensionsalters aus.
Margot Käßmann gewählt
Bereits am Mittwoch wurde Hannovers Bischöfin Margot Käßmann als seine Nachfolgerin gewählt. Mit der geschiedenen 51-Jährigen steht erstmals eine Frau an der Spitze der 25 Millionen deutschen Protestanten. Bundeskanzlerin Angela Merkel gratulierte Käßmann.
Ihre Scheidung spiele in der evangelischen Kirche keine Rolle, sagte Käßmann der "Bild"-Zeitung am Donnerstag. Die Synode habe mit ihrer Wahl klargestellt: "Es kann Brüche im Leben der Menschen geben, und trotzdem bleiben sie im Amt. Denn auch Scheitern will und muss gelebt werden."
Käßmann will sich als Ratsvorsitzende vor allem für sozial Schwache und Arme einsetzen. Sie wolle zeigen, dass die evangelische Kirche in sozialen Fragen für die Menschen am Rande der Gesellschaft, für Kinder in Armut, für Pflegebedürftige einsteht und Lebenshilfe leistet, sagte sie der Zeitung. Zudem wolle sie die Ökumene stärken.
Evangelischen Kirche in Deutschland
"Die Katholiken wissen, was sie an mir haben." Merkel erklärte Käßmann in einem Glückwunschschreiben: "Ich freue mich sehr, dass mit Ihnen erstmals eine Frau an der Spitze der steht." Käßmann habe bereits als Bischöfin in der Landeskirche Hannover wesentliche Akzente gesetzt. "Ich bin überzeugt, dass Sie auch als oberste Repräsentantin der EKD die Kirche in der Gesellschaft und auch gegenüber der Politik in besonderer Weise vertreten werden."
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Laut einem Bericht der "Bild"- Zeitung soll sich Bischöfin Margot Käßmann am 20. Februar 2010 betrunken ans Steuer ihres Dienstwagens gesetzt und dann in Hannover eine rote Ampel überquert haben.
"Ich bin über mich selbst erschrocken, dass ich einen so schlimmen Fehler gemacht habe", zitiert "Bild" die EKD-Ratsvorsitzende. "Mir ist bewusst, wie gefährlich und unverantwortlich Alkohol am Steuer ist. Den rechtlichen Konsequenzen werde ich mich selbstverständlich stellen."
Margot Käßmann steht der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) vor. Mehr als zehn Jahre lang war sie in Hannover Bischöfin der größten Landeskirche.
Seit ihrem Amtsantritt hat Käßmann mit Widerständen zu kämpfen. In ihrer Neujahrspredigt resümierte sie: "Nichts ist gut in Afghanistan" - und musste sich umgehend gegen harsche Kritik zur Wehr setzen.
Als problematisch für Käßmanns Ambitionen auf das höchste evangelische Kirchenamt galt lange auch der Umstand, dass die 51-Jährige sich von ihrem Ehemann Eckard - hier ein Foto aus dem Jahr 1999 - scheiden ließ.
Außerdem hat sie als erste - zudem geschiedene - Frau an der Spitze von rund 25 Millionen Protestanten mit Vorurteilen zu kämpfen. So drohten Funktionäre der russisch-orthodoxe Kirche den Dialog mit den Lutheranern aufzukündigen. Patriarch Kirill I. kritisierte die Wahl von Käßmanns und warf der EKD eine Mitschuld am Werteverfall in der Gesellschaft vor.
Käßmann wurde am 3. Juni 1958 in Marburg an der Lahn geboren. Sie promovierte über "Armut und Reichtum als Anfrage an die Einheit der Kirche" und wurde 1985 ins Pfarramt eingesetzt. Sie ist Mutter von vier Töchtern.
Käßmann mit ihrem Hannoverschen Amtsvorgänger Horst Hirschler.
Sie muss die von ihrem Vorgänger Wolfgang Huber begonnene große Kirchenreform weiterführen und dabei die Interessen recht unterschiedlicher Landeskirchen und Frömmigkeitsströmungen zusammenbringen.
Käßmann, die sich schon lange für mehr Spiritualität in der Kirche engagiert, will sich auch verstärkt als Seelsorgerin profilieren.