

Augsburg/Ingolstadt - Der Bericht des von der Kirche eingesetzten Sonderermittlers Sebastian Knott offenbart, wie grausam in seiner Zeit als Stadtpfarrer von Schrobenhausen Heimkinder behandelt haben soll. Bei vielen Gläubigen dürfte er für die entsetzte Frage sorgen, wie es der Geistliche so weit bringen konnte.
Das Bistum Augsburg teilte auf SPIEGEL-ONLINE-Anfrage mit, es habe den Abschlussbericht des Rechtsanwalts Knott zur Kenntnis genommen. Eine Stellungnahme gab es dazu jedoch nicht ab.
Mit einem Vokabular, das eher an Mittelalter und Inquisition erinnert, soll Mixa laut Knott die Kinder 1975 und 1996 bedroht haben. "Du landest im Fegefeuer", soll er demnach gesagt haben, "in dir ist der Satan", oder: "Ich werde dir schon die schmutzigen Gedanken austreiben." Die Nonnen des Heimes hätten sich auf den Stadtpfarrer als Zuchtmeister für die Kinder verlassen, sollen ihn aber beim Prügeln sogar angestachelt haben.
Von schlimmen Drohungen, von Schlägen mit der Faust, dem Stock und dem Gürtel schreibt der Rechtsanwalt. Die Aussagen ehemaliger Heimkinder seien glaubwürdig, versichert Knott. Strafrechtlich seien die Vorwürfe jedoch verjährt.
Walter Mixa: Bei Missbrauchsvorwürfen wolle er lügen
Der Bericht über die Gespräche mit den ehemaligen Heimkindern spart üble Einzelheiten nicht aus: "Herr Mixa zog ihm die Hose herunter und prügelte mit einem Stock auf den nackten Hintern. Nach fünf bis sechs Schlägen begann der Betroffene zu weinen. Danach brach der Stecken ab und Herr Mixa lockerte seinen Hosengürtel und schlug noch weitere fünf- bis sechsmal auf seinen Hintern." Der Mann, der 1982 als 15-Jähriger zu Mixa gerufen worden sei, sei später zum Alkoholiker geworden, so Knott.
Einem Mädchen habe der Ex-Bischof laut dem Bericht gesagt: "Ich möchte, dass du mich niemals vergisst. Dazu werde ich deine Zukunft ruinieren." Die von Knott als glaubhaft bezeichnete Frau benötige bis heute therapeutische Hilfe und sei nicht in der Lage, Beziehungen zu führen.
Mixa hatte zunächst geleugnet, jemals Heimkinder geprügelt zu haben. Erst später räumte er ein, die ein oder andere Ohrfeige verpasst zu haben.
Dazu passt ein kleines Detail, das Knott nicht verschweigt: Er habe eine E-Mail eines Priesters erhalten, der vor einigen Jahren engen Kontakt zu Mixa hatte. Im Zuge der Wiener Groer-Affäre soll Mixa gesagt haben: Wenn ihm so etwas passieren sollte - er würde lügen. 1995 hatte ein ehemaliger Schüler Groers schwere Vorwürfe wegen sexuellen Missbrauchs gegen den Erzbischof von Wien erhoben. Groer reichte ein Rücktrittsgesuch ein.
Missbrauchsvorwurf gegen Mixa entkräftet
Während Knott die Vorwürfe schlimmster körperlicher und psychischer Misshandlungen gegen Mixa als glaubhaft schilderte, entlastete die Staatsanwaltschaft Ingolstadt fast zeitgleich den Ex-Bischof vom Vorwurf des sexuellen Missbrauchs. Die Vorermittlungen wurden am Freitag eingestellt.
Mixa hatte sein Rücktrittsgesuch längst beim Vatikan eingereicht und sich in ein Schweizer Sanatorium zurückgezogen. Ungewöhnlich schnell entsprach der Vatikan inzwischen seiner Bitte.
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Abgang nach wochenlangen schweren Vorwürfen: Walter Mixa hatte am 22. April in einem Brief an den Papst seinen Rücktritt vom Amt des Bischofs von Augsburg sowie des Bundeswehr-Militärbischofs angeboten.
Der Vatikan nahm das Rücktrittsgesuch im Mai an.
Mitte Juni erklärte Mixa in einem Zeitungsinterview, man habe ihn zu dem Rücktritt gedrängt. "Der Druck war wie ein Fegefeuer", sagte er und erklärte, er denke darüber nach, den päpstlichen Gerichtshof in der Sache anzurufen.
Die Staatsanwaltschaft Ingolstadt hatte Vorermittlungen gegen Mixa wegen Verdachts des sexuellen Missbrauchs aufgenommen, diese aber in der Zwischenzeit wieder eingestellt.
Rückhalt verloren: Mixa war zuletzt auch von den eigenen Kollegen kritisiert worden, von den Gläubigen in seinem Bistum und von Laien-Organisationen.
Im Kinder- und Jugendhilfswerk St. Josef im bayerischen Schrobenhausen soll Mixa als Stadtpfarrer vor drei Jahrzehnten Heimkinder geschlagen haben. Er leugnete die Taten zunächst - gestand später aber, "Watschen" verteilt zu haben.
Weitere Vorwürfe gegen den Bischof: Als Stadtpfarrer in Schrobenhausen soll Mixa Geld einer Waisenhausstiftung zweckentfremdet haben. Sonderermittler Sebastian Knott zeigt im April 2010 die Kopie eines Überweisungsträgers in der Affäre. Mixa soll den Vorwürfen zufolge unter anderem überteuerte Kunstwerke, Teppiche, Wein und seinen Bischofsring bezahlt haben.
"Alle, zu denen ich ungerecht gewesen sein mag, und alle, denen ich Kummer bereitet habe, bitte ich heute noch einmal um Verzeihung", teilte Mixa in einer Erklärung zu seinem Rücktritt mit,...
..."Ich tue diesen Schritt in unerschütterlichem Vertrauen auf die Gnade Gottes und hoffe zuversichtlich, dass der Vater im Himmel die Kirche von Augsburg in eine gute Zukunft führen wird", so Mixa...
..."Meinen Mitbrüdern im priesterlichen Dienst und allen Gläubigen danke ich für ihre Treue und Verbundenheit und wünsche allen Gottes Segen." In einem Interview sagte Mixa im Juni 2010, sein Rücktrittsgesuch nicht selbst formuliert und nur unter "Druck unterschrieben" zu haben: "Drei Tage später habe ich (die Resignation) in einem Schreiben an den Papst widerrufen."