Misshandlungen in Seniorenheim Saarland will Pflegebeauftragten einsetzen

Altenpfleger sollen Patienten in einem saarländischen Seniorenwohnheim misshandelt haben. Nun ziehen Arbeiterwohlfahrt und das Land Konsequenzen: Der Sozialminister will einen Pflegebeauftragten einsetzen, die Awo ihren Mitarbeitern eine unabhängige Vertrauensperson zur Seite stellen.
Sozialminister Andreas Storm: Vieles deute auf "grundsätzliche Probleme" im Pflegebereich hin

Sozialminister Andreas Storm: Vieles deute auf "grundsätzliche Probleme" im Pflegebereich hin

Foto: dapd

Saarbrücken - Der mutmaßliche Pflegeskandal im Saarland sorgt für Entsetzen: Um Misshandlungen künftig zu verhindern, will das Land den Posten eines Pflegebeauftragten schaffen. Heimbewohner und ihre Angehörigen sollen sich an ihn wenden können. Der Pflegebeauftragte werde nach der Sommerpause vom Landtag gewählt, kündigte - und Gesundheitsminister Andreas Storm (CDU) an. Bis dahin übernimmt der Leiter der Präventionsabteilung im Sozialministerium diese Funktion. Von Montag an wird zudem ein "Pflege-Telefon" freigeschaltet.

Der Hintergrund für diese Initiative: Zwei Pfleger sollen in einem Seniorenzentrum in Elversberg bei Saarbrücken hilflose Senioren misshandelt haben. Auf der Station sollen auch zwei Menschen in Folge der Misshandlungen gestorben sein. Storm sprach vom "schwersten Pflegeskandal" in der Geschichte des Landes.

Im Mai starb ein bettlägriger Patient, nachdem ihm ein 35-jähriger Pfleger eine Überdosis Morphium verabreicht haben soll. Im anderen Fall soll einer der Beschuldigten versucht haben, eine alte Frau, die wundgelegen war, "zu operieren". Ein paar Stunden später sei die Frau gestorben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt bislang nur im Fall des verstorbenen Mannes wegen des Verdachts auf Körperverletzung mit Todesfolge.

Grundsätzliche Probleme im Pflegebereich?

Der Anwalt der beiden Pfleger will nach Angaben seiner Kanzlei keine Erklärung in dieser Sache abgeben. Die "Bild"-Zeitung hatte ihn mit den Worten zitiert: "Hier werden Tatsachen verdreht. Wir vermuten Mobbing, weil die beiden sich im Kollegenkreis möglicherweise unbeliebt gemacht haben."

Storm sagte, die mutmaßlichen Täter hätten einen "kaum vorstellbaren, menschenverachtenden Zynismus" an den Tag gelegt. Man könne und dürfe deshalb nicht zur Tagesordnung übergehen. Vieles deute auf "grundsätzliche Probleme" im Pflegebereich hin. Es gehe jetzt darum, "die gängige Qualitätsmanagement-Praxis zu überprüfen". Im Herbst sollen dann bei einer Pflegekonferenz gemeinsame Strategien zur Stärkung der Pflege diskutiert werden.

Auch die Arbeiterwohlfahrt (Awo) hat Konsequenzen aus dem Fall in ihrem Heim angekündigt und will ihre Kontrollen verbessern. Ein Ombudsmann soll als unabhängige Vertrauensperson für die Pfleger zur Verfügung stehen. Er werde "Beschwerden über unsachgemäße Dienstvorgänge" entgegennehmen, teilte die Awo nach einer Sondersitzung des Landesvorstands mit. Ein unabhängiger Pflege-Experte werde zudem Vorschläge zu Verbesserungen machen.

Die Organisation prüft derzeit, ob die damals Verantwortlichen im Heim schon länger von den Vorgängen wussten. Die mutmaßlichen Misshandlungen durch die beiden Pfleger sollen im Dezember begonnen haben, sie wurden dem Träger aber erst in der vergangenen Woche gemeldet. "Das Geschehene widerspricht allen unseren Grundsätzen", sagte Awo-Landeschef Paul Quirin.

wit/dpa/dapd
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