Social Design Award 2018 Küren Sie die beste Nachbarschaftsidee!

Waffeln für alle, ein Kinderhotel, ein genossenschaftlicher Biergarten - zehn Projekte für eine lebendige Nachbarschaft. Welches ist ihr Favorit? Stimmen Sie hier ab für den Publikumspreis beim Social Design Award.

In den Großstädten werden die Menschen immer älter und immer einsamer: In Hamburg zum Beispiel sind mehr als die Hälfte aller Haushalte Singlehaushalte, und fast ein Drittel der Alleinlebenden sind im Rentenalter. In vielen Dörfern werden Gaststätten geschlossen, so dass Begegnungsorte fehlen.

Beim Social Design Award von SPIEGEL ONLINE und SPIEGEL Wissen, der in Kooperation mit BAUHAUS in diesem Jahr zum fünften Mal ausgeschrieben wurde, werden deshalb Ideen gesucht, die das nachbarschaftliche Zusammenleben verbessern.

Fast 200 Einsendungen gab es, aus Deutschland und Europa, aber auch Südafrika, Brasilien oder Mexiko. Eine Expertenjury hat daraus die besten zehn Projekte ausgewählt, die wir Ihnen hier vorstellen. Denn nun sind Sie gefragt: Wählen Sie aus der Shortlist Ihren Favoriten für den mit 2500 Euro dotierten Publikumspreis.

Bis zum 28. Oktober können Sie abstimmen, das Vote finden Sie am Endes dieses Textes.

Die Gewinner des Publikumspreises und des Jurypreises werden am 13. November auf SPIEGEL ONLINE bekannt gegeben.

1. Die Taktischen Urbanist*innen

Foto: Social Design Award 2018

In den USA und in Brasilien gibt es den Taktischen Urbanismus schon. Dahinter steckt die Idee, dass die Beteiligung von Bürgern an Planungsprozessen immer asymmetrisch ist: Die Behörden haben Zeit und Fachwissen, die Bürger haben keine Zeit und kein Fachwissen - aber sie kennen ihr Quartier. Und sie wissen, wie es verändert werden müsste. Und dann machen sie das einfach, mal mit, mal ohne behördliche Genehmigung.

Auch in Lüneburg hat sich eine Gruppe von Taktischen Urbanist*innen zusammengefunden. Nach einem Nachbarschaftstreffen auf einem Parkplatz am Straßenrand entstanden Pläne für weitere Aktionen. Geplant ist, "was der dänische Stadtplaner Jan Gehl als ,Life between houses' bezeichnet: Wir eröffnen den Platz zwischen einzelnen Gebäuden als Begegnungsraum und machen die Lüneburger Straßen zum Wohnzimmer". 2019 möchte die Gruppe, die aus Studentinnen, Berufstätigen und einer Rentnerin besteht, mit einer Aktion pro Monat loslegen: von der urbanen Schaukel bis zum großen Scrabbeln.

2. KulturMarktCafé

Foto: Social Design Award 2018

Der Mühlenkiez, im Nordosten des Prenzlauer Bergs, ist einer der ärmeren Stadtteile Berlins. Hier leben auch Hunderte Geflüchtete in verschiedenen Unterkünften. Möglichkeiten, Begegnungen zwischen den hier verwurzelten Berlinern und den neuen Nachbarn herzustellen, gibt es kaum. Und so gründeten ehrenamtliche Helfer in einem leeren Kaufhaus zunächst die KulturMarktHalle.

Daraus resultierte das KulturMarktCafé - ein mobiles Café, das in die Kategorie "Tiny House" fällt. Dieser Nachbarschaftstreff wurde 2018 eröffnet. Er läuft auf Spendenbasis, so dass jene, die über mehr Geld verfügen, auch mehr bezahlen. Betrieben wird das Café von einem jungen Syrer, der damit ein Einkommen und eine Arbeit in Deutschland gefunden hat. Das KulturMarktCafé ist auf einem Anhänger installiert, so dass es für Veranstaltungen auch an einen anderen Ort gefahren werden kann.

3. Liebe ist die stärkste Waffel

Foto: Social Design Award 2018

Man stelle sich vor, man könnte sein Herz in fünf Stücke teilen, verschenken und Menschen glücklich machen. Geht nicht? Doch, geht: 2015 fing ein Aachener Student an, Waffeln zu backen und zu verschenken. Erst an seine Hausgemeinschaft, dann bei Großveranstaltungen. Erst als fröhliche Aktion, dann als politische. "Liebe ist die stärkste Waffel" nennt er seine Idee, die für ihn "Kunst, Essen und Politik auf humorvolle Art" verbindet.

Die verschenkten Waffeln machen Obdachlose satt, Kinder fröhlich, und sie setzen die Sharing-Idee in die Tat um. Die Aktionskunst soll Fremde dazu bringen, miteinander zu sprechen, und sie soll die Waffel-Konsumenten ins Nachdenken bringen: Wieviel Herz beanspruchen sie für sich, wieviel Herz teilen sie mit anderen? Wieviel wollen sie als Spende zurückgeben an den Waffelbäcker?

4. Mama hat frei! Inklusive Kinderhotel

Foto: Social Design Award 2018

Es begann mit einem Nachbarschaftsfest: Da erfuhr eine Mitarbeiterin des Heidelberger Vereins habito bei einer Unterhaltung zwischen einer Alleinerziehenden und der Mutter eines autistischen Kindes, wie schwierig es ist, nur einen einzigen Abend frei zu haben. Denn einen Babysitter können sich in dem Stadtteil Rohrbach die wenigsten leisten.

Das Gespräch war der Startschuss für das "Kinderhotel" im Mehrgenerationenhaus Heidelberg. Die Kinder kommen um 17 Uhr an, bekommen ein Abendessen, machen Stockbrot am Lagerfeuer, übernachten in dem Haus oder in einer mongolischen Jurte im Garten und bleiben bis zum Frühstück. Auch Kinder mit Behinderungen sind hier willkommen. Die Kinderhotel-Nächte stehen immer unter einem eigenen Motto: "gruselige Nachtgestalten" oder "stürmische Zeiten auf hoher See" zum Beispiel. Der Verein plant, in Zukunft gezielt Kinder von Geflüchteten einzuladen, um "den Kindern die Möglichkeit zu geben, eine unbeschwerte Zeit zu erleben".

5. Mikropol

Foto: Social Design Award 2018

Rothenburgsort ist einer der ärmsten Hamburger Stadtteile, bebaut mit Nachkriegsklinkerbauten. 77,6 Prozent der Bewohner haben einen Migrationshintergrund. Eine weiterführende Schule fehlt, wird aber trotzdem nicht gebaut. Als das Stadtteilzentrum abgerissen wurde, gab es plötzlich keinen Ort mehr für Anwohnerinitiativen, von der Sozial- und Mieterberatung bis zur Fahrradwerkstatt.

Deshalb schlugen sechs Architektinnen, Designerinnen und Künstlerinnen von der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg vor, ein nicht mehr genutztes Toilettenhäuschen auf einer Verkehrsinsel in Rothenburgsort in das neue Stadtteilzentrum "Mikropol" umzubauen. "Wir setzen uns für eine offene Nachbarschaft ein, die auf Bekanntschaft statt Abschottung und Isolierung setzt", so die Initiatoren von Mikropol. Derzeit verhandelt die Initiative mit der Stadt über den Nutzungsvertrag.

6. PlugIn

Foto: Social Design Award 2018

Wie ein Treibhaus sieht das modulare Holzhaus "PlugIn" aus, das vor einer Berliner Flüchtlingsunterkunft steht. Es wurde von Studierenden der TU Berlin entworfen und gemeinsam mit Geflüchteten gebaut. "Die Idee des kleinen Pavillons ist es, nicht nur einen Veranstaltungsort für die Bewohner der Flüchtlingsunterkunft zu schaffen, sondern auch eine Art Begegnungsstätte mit der angrenzenden Nachbarschaft", schreibt das Studierenden-Team. "Neben organisierten Events wie Bücherbasaren und Pflanzfesten kann der Pavillon zu jeder Zeit von den Bewohnern der Unterkunft für kleinere private Feste und Feierlichkeiten genutzt werden."

Die Konstruktion ist einfach und preisgünstig. Sie besteht aus Material, das man unkompliziert im Baumarkt kaufen kann: Sperrholzplatten, Schrauben, Bolzen, Muttern, Stahlseile und Lochbänder. Als Außenhaut dient Gewächshausfolie. "PlugIn" ist beliebig verlängerbar, so dass der Pavillon auch unkompliziert nachzubauen ist und so z.B. für Nachbarschaftsprojekte auf Brachen eingesetzt werden kann.

7. Power Age

Social Design Award 2018, PowerAge

Social Design Award 2018, PowerAge

Foto: Social Design Award 2018

Wissen an die Nachbarn, an die nächste Generation weiterzugeben - das ist die Idee der Schweizer "powerAge"-Erfahrungsbank. Der Erfahrungsschatz von Menschen zwischen 55 und 80 Jahren ist das Kapital, das in dieser digitalen, aber lokal agierenden Gemeinschaftsbank gelagert wird. Hier können sich jene bedienen, die Hilfe oder Unterstützung brauchen.

Die Bank, die ein Team um einen Schweizer Unternehmensberater entwickelt, funktioniert als App. Zunächst werden die erfahrungsbasierten Fähigkeiten der Anbieter erfasst, dann werden die passenden aktuellen Anfragen und Aufgaben aus der Nachbarschaft gesucht. Und im dritten Schritt werden die Konditionen für den Erfahrungsaustausch per Wallet festgelegt. An dieser APP haben u.a. Universitäten in der Schweiz, Österreich, Italien und Ungarn mit Förderung der EU mitgearbeitet. 2019 soll die "powerAge"-Erfahrungsbank, die von einer Stiftung finanziert wird, in Basel getestet werden.

8. RISK.

Foto: Social Design Award 2018

Das Jugendstilgebäude in Bremerhaven ist ein schwerer Sanierungsfall - aber für ein Kollektiv aus ehemaligen Studenten der richtige Ort, um ihr Projekt zu verwirklichen: ein Haus, in dem Menschen wohnen, Künstler arbeiten und Nachbarn sich bei Kulturveranstaltungen begegnen. Eine "Oase der Kreativität" nennen die Betreiber von RISK. ihr Projekt.

Zwei Jahre lang schmiedeten sie Sanierungs- und Finanzierungspläne, bis sie das 1300-Quadratmeter-Gebäude in der strukturschwachen Stadt kaufen konnten. Die Macher von RISK. sagen: "Es braucht mehr Orte der Kunst und Kreativität, die nicht von der öffentlichen Hand kuratiert werden. Es ist genau diese Autonomie, die es braucht, damit in Quartier und Nachbarschaft etwas Neues entsteht, Impulse gesetzt werden und Raum für Austausch entsteht."

9. Use Dorp, use Heimat

Foto: Social Design Award 2018

Ellewick-Crosewick ist ein Dorf in Nordrhein-Westfalen mit 1500 Einwohnern. Dort gab es Ärzte, Läden, Gastwirtschaften, doch allmählich verschwand diese Infrastruktur. Die Dorfbewohner wollten die Verödung ihres Ortes nicht länger hinnehmen. Sie beschlossen, die Genossenschaft "Use Dorp, use Heimat" zu gründen und die Dorfkneipe zu betreiben. Wenige Monate später zerstörte ein Brandstifter das Projekt. Doch die Genossenschaftler hatten Glück: Der Besitzer des niedergebrannten Hauses baute das "WIRtshaus". Und die Genossenschaft bekam öffentliche Fördergelder für ihre nächste Idee: ein Biergarten im Dorfzentrum.

Das Konzept ging auf: An 265 Terminen wurden Gaststätte und Biergarten gebucht für Hochzeiten und Beerdigungen, für Versammlungen und Geburtstage. Doch "Use Dorp, use Heimat" hat noch weitere Ideen. Es soll eine Ladestation für E-Bikes gebaut werden und mit der "Pergola" ein weiterer Treffpunkt für Nachbarn entstehen.

10. Zwischennutzung als urbane Allmende

Foto: Social Design Award 2018

Ein "Angstraum" war der Parkplatz in der Mannheimer Neckarstadt, ein öder Ort zwischen dem "Alten Bahnhof" und einem Discounter. Der dicht bevölkerte Stadtteil gilt als Problembezirk. Der gemeinnützige Verein "Pow" entwarf ein neues Nutzungskonzept mit dem Namen "Alter", das eine Mischung aus Sport, Kultur und nachbarschaftlichem Zusammentreffen vorsieht.

So wurden mit Unterstützung der Stadt und einer Projektentwicklungsgesellschaft innerhalb von drei Monaten auf dem Parkplatz diverse Angebote geschaffen: ein Skateboard- und Fahrradparcours, ein aus recyceltem Bauholz gezimmerter Kiosk mit Sportgeräteverleih, ein Basketballplatz und ein Fußballplatz, die Möglichkeit zum Urban Gardening, eine Fahrradwerkstatt, eine Tischtennisplatte. Seit 2018 ist auch ein fest angestellter Streetworker vor Ort. Das Konzept ist darauf angelegt, durch neue Ideen und Akteure ausgebaut zu werden. So wird es 2019 bei "Alter" auch gastronomische Angebote geben: Per Fahrradkurier wird von lokalen Restaurants Essen angeliefert. Das "Alter"-Projekt ist auf drei bis fünf Jahre angelegt.

Wer ist Ihr Favorit? Stimmen Sie ab mit dem Vote von Quiz-maker :

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