SPIEGEL-Recherche Stasi hörte seit 1975 West-Berliner Autotelefone ab

Herrmann Oxfort (l.) 1975 in Berlin: Als er mit der Senatspressestelle telefoniert, hörte die Stasi heimlich mit
Foto: Konrad Giehr / picture-alliance/ dpaTechniker des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit haben sich spätestens 1975 in das B-Netz der Deutschen Bundespost gehackt und konnten so die Autotelefone von West-Berliner Spitzenpolitikern abhören. Das geht aus Stasiakten hervor, die der SPIEGEL einsehen konnte.
Demnach rief am 12. Mai 1976 um 13.38 Uhr ein Mitarbeiter der West-Berliner Senatspressestelle den damaligen Justizsenator Hermann Oxfort (FDP) in seinem Dienstwagen an und informierte ihn darüber, »dass die Ulrike Meinhof am Wochenende hier in Berlin begraben wird«. Oxfort darauf: »Ach du lieber Gott.« Der Beamte weiter: »Das wird bedeuten, dass wir ein heißes Wochenende bekommen.« Oxfort wieder: »Ach, du lieber Gott.«

Die Stillstand-Republik
Deutschland hat sich durch einen uninspirierten Wahlkampf geschleppt, es wurde zu wenig darüber gesprochen, was die Schulen, die Verwaltung und die Wirtschaft zukunftsfähig macht. Dabei gibt es überall im Land Menschen, die zeigen, dass eine Aufholjagd nicht nur nötig, sondern auch möglich ist.
Lesen Sie unsere Titelgeschichte, weitere Hintergründe und Analysen im digitalen SPIEGEL.
Dann fiel dem liberalen Justizsenator auf, dass er am Tag der Beerdigung der RAF-Terroristin gar nicht in Berlin sein werde. Erleichtert stellte er fest: »Nach mir die Sintflut.«
Im Protokoll eines anderen Autotelefongesprächs, das Oxfort mit dem Regierenden Bürgermeister Klaus Schütz (SPD) führte, ist nachzulesen, wie die beiden über die Entführung einer Air-France-Maschine durch ein deutsch-palästinensisches Terrorkommando nach Entebbe debattierten. »Ich höre bloß, ihr habt einen Krisenstab gegründet«, sagte Schütz. Oxfort: »Ach wo. Unsinn, Unsinn, kein Wort von wahr.«