Freiwillig eingesperrt in Südkorea "Dieses Gefängnis gibt mir ein Gefühl der Freiheit"
Park Hye-ri sitzt in einer fünf Quadratmeter großen Zelle. Die Büroangestellte hat umgerechnet 90 Dollar bezahlt, um dort 24 Stunden zu verbringen. "Dieses Gefängnis gibt mir ein Gefühl der Freiheit", sagt die 28-Jährige.
"Ich war zu beschäftigt", sagt Park. "Ich sollte jetzt nicht hier sein, angesichts der Arbeit, die ich zu erledigen habe. Aber ich habe mich entschieden, eine Pause zu machen und auf mich selbst zu schauen, um ein besseres Leben zu führen."
So wie Park geht es einigen Südkoreanern. Mehr als 2000 haben sich in den vergangenen Jahren freiwillig in ein fiktives Gefängnis in Hongcheon im Nordosten des Landes einsperren lassen. Viele von ihnen sind gestresste Büroangestellte oder Studenten, die dem hektischen Arbeitsalltag und den strengen Anforderungen entfliehen wollen.

Südkorea: Freiwillig in den Pseudo-Knast
Die Regeln im "Prison Inside Me" sind streng: keine Gespräche mit anderen Insassen, keine Handys, keine Armbanduhren.
Die "Häftlinge" bekommen eine blaue Gefängnisuniform, eine Yogamatte, Tee, einen Stift und ein Notizbuch. Sie schlafen auf dem Boden. Es gibt eine kleine Toilette in der Zelle, aber keinen Spiegel.
Auf der Speisekarte stehen Süßkartoffeln und ein Bananen-Shake zum Abendessen sowie Reis-Porridge zum Frühstück.
Noh Ji-Hyang gehört zu den Mitgründerinnen des Pseudo-Knasts. Er gehe auf die Idee ihres Mannes - eines Staatsanwalts, der oft hundert Stunden pro Woche arbeitete - zurück, sagt sie. "Er meinte, er würde gerne eine Woche in Einzelhaft verbringen, um sich auszuruhen und sich besser zu fühlen."
"Das wirkliche Gefängnis ist das, in das wir zurückkehren"
Südkorea ist schon lange für ein extrem wettbewerbsintensives Schul- und Arbeitsumfeld bekannt. Folgen sind nach Ansicht von Experten ein hoher Stresslevel und eine erhöhte Suizidgefahr.
Im OECD-Vergleich ist das wöchentliche Arbeitspensum in Südkorea extrem hoch. Das Land erreicht die dritthöchste Arbeitszeit mit durchschnittlich 2739 Arbeitsstunden im Jahr. Länger arbeiten lediglich die Mexikaner und Costa-Ricaner.
Um den Menschen zu helfen, weniger zu arbeiten und mehr zu verdienen, hat die Regierung den Mindestlohn angehoben und die maximale Arbeitszeit von 68 auf 52 Stunden pro Woche gesenkt.
"Nach einem Aufenthalt in unserem Gefängnis sagen die Leute: 'Dies ist kein Gefängnis, sondern das wirkliche Gefängnis ist das, in das wir zurückkehren'", sagt Noh Ji-Hyang.