Illegales Filmen in Südkorea "Mein Leben ist nicht dein Porno"

Versteckte Kameras im Hotel, heimlich aufgenommene Sexvideos, alles per Chat oder Livestream verbreitet. Mehrere Skandale dieser Art erschüttern Südkorea. Frauen fühlen sich zu wenig geschützt. Selbst Superstars sind Täter.
Suche nach versteckten Kameras auf einer Damentoilette

Suche nach versteckten Kameras auf einer Damentoilette

Foto: JUNG YEON-JE/ AFP

Schauen Sie sich die Bilder in dem Tweet aufmerksam an: Hätten Sie die Kameras, die hier versteckt sind, auch erkannt, wenn sie nicht eingekreist wären?

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Die südkoreanische News-Seite "Ziksir" hat das Bild gepostet, um eine allgegenwärtige Gefahr zu verdeutlichen: Minikameras können überall versteckt sein - in Spiegeln, in Bildern, sogar in Wasserflaschen.

Am Donnerstag meldete die südkoreanische Polizei, dass sie vier Männer festgenommen hat, die über Monate heimlich 1600 Hotelgäste im ganzen Land gefilmt und die Aufnahmen live gestreamt haben sollen. Private Situationen - sofort im Netz verbreitet. Die Verdächtigen sollen die Kameras unter anderem in Fönen und Steckdosenabdeckungen von 30 Hotels installiert haben, die Linsen waren nur etwa einen Millimeter groß. Die Aufnahmen sollen sie an rund 4000 zahlende Kunden ins Netz gesendet haben.

Illegales Filmen ist ein großes Problem in Südkorea. "Molka" nennt sich dieses Verbrechen, 6400 Fälle wurden der südkoreanischen Polizei im Jahr 2017 gemeldet.

Viele Frauen im Land versuchen, verborgene Kameras zu entdecken, wenn sie sich in Schwimmbädern umziehen oder öffentliche Toiletten benutzen. Sie sind vorsichtig, wenn sie einen Rock tragen und Treppen von der U-Bahn hochgehen. Es ist eine reale Angst. Denn sie könnten heimlich gefilmt und die Videos auf pornografische Seiten hochgeladen werden.

Im vergangenen Jahr reichte es den Südkoreanerinnen - 88 Prozent der Opfer von "Molka" sind Frauen. Zehntausende gingen auf die Straße, um gegen die Verbreitung intimer Bilder zu protestieren. Sie hielten Schilder hoch mit der Aufschrift "Mein Leben ist nicht dein Porno". Und sie verbargen ihre Gesichter hinter Masken.

"Digitale Verbrechen passieren nicht nur einmal, das Verbrechen wiederholt sich jedes Mal, wenn das Video abgespielt wird", sagt eine Mitarbeiterin der Beratungsstelle für Opfer digitaler Sexualverbrechen in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul. Es sei wichtig, den Schmerz des Opfers zu verstehen. "Es handelt sich hier um einen schwerwiegenden kriminellen Akt, wir müssen die Opfer ernst nehmen."

Demonstration gegen versteckte Kameras

Demonstration gegen versteckte Kameras

Foto: Jean Chung/ Getty Images

Die wütenden Proteste der Frauen haben ihnen große Aufmerksamkeit beschert, und sie haben auch international Schlagzeilen gemacht. Präsident Moon Jae In beklagte im Mai, die versteckten Kameras seien "Teil des alltäglichen Lebens" geworden. Er forderte - wie auch die Demonstrantinnen - ein härteres Vorgehen gegen Täter.

Viele Frauen kritisieren, dass die Taten vielfach als Spielereien von jungen Männern verharmlost würden - und die Polizei nicht ausreichend ermittle. Sie bemängeln auch, dass die Täter oft nicht hart genug bestraft werden: Man signalisiere damit, dass es sich um ein Kavaliersdelikt handele.

In Südkorea kann das illegale Filmen und Veröffentlichen des Materials auf pornografischen Seiten mit einer Gefängnisstrafe von bis zu fünf Jahren oder einer Geldstrafe von bis zu umgerechnet 7800 Euro geahndet werden. Doch nur in 5,3 Prozent der Fälle wurde in den vergangenen Jahren überhaupt eine Gefängnisstrafe verhängt, kritisiert die Vereinigung koreanischer Anwältinnen.  Die Mitarbeiterin der Beratungsstelle für Opfer digitaler Sexualverbrechen erklärt, in vielen Fällen seien die Täter zwar zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden, diese sei aber von einer höheren Instanz aufgehoben worden.

Für Frauen verstärkt das die Unsicherheit. Die Täter haben wenig zu befürchten, während sich die Frauen täglich fragen müssen, wo sie möglicherweise gefilmt werden.

Oft befinden sich die Kameras dort, wo man Sie nicht erwartet.

Oft befinden sich die Kameras dort, wo man Sie nicht erwartet.

Foto: ziksir.com

Die südkoreanischen Behörden haben in den vergangenen Jahren versucht, das heimliche Filmen zu verhindern oder zu erschweren. In dem Land, in dem 90 Prozent der Erwachsenen ein Smartphone haben, können die Handykameras nur mit einem Auslösegeräusch Bilder machen. Doch es gibt Apps, die das umgehen. Die Polizei sagt, sie sei auch verstärkt gegen die Betreiber illegaler Plattformen vorgegangen.

Aufsehen erregte im vergangenen Jahr die Einführung von Inspektoren in Seoul. Seit Herbst überprüfen sie die 20.000 öffentlichen Toiletten der Hauptstadt auf versteckte Kameras. Mit Detektoren kontrollieren sie Toilettenschüsseln, Spülknöpfe und Klodeckel.

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Doch während die Öffentlichkeit immer wieder über das illegale Filmen diskutiert, musste sie in den vergangenen Wochen erfahren, dass selbst verehrte Popstars unter den Tätern sind.

Am Donnerstag  wurde der Sänger und Fernsehstar Jung Joon Young verhaftet. Er soll zehn Frauen heimlich gefilmt haben, als er Sex mit ihnen hatte. Die Videos schickte er Freunden in einer Chatgruppe. Teil der Chatgruppe war auch der K-Pop-Star Seungri, der in einen weiteren Skandal verwickelt ist.

Der Sender SBS TV hat eigenen Angaben zufolge die Chatprotokolle veröffentlicht, die Zeitung "Korea Times" hat sie ins Englische übersetzt .

Demnach unterhalten sich die Täter in einem Chat darüber, dass eine junge Frau in einem der geschickten Videos bewusstlos ist. "Du hast sie vergewaltigt", schreibt Jung. Dahinter setzt er ein lachendes Emoji.

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