Umstrittene Wahl Papst ernennt Ultrakonservativen zum Bischof
Wien/Rom - Erst der Streit um den Holocaust-Leugner Richard Williamson, nun kommt eine Entscheidung mit neuem Konfliktpotential aus dem Vatikan: Papst Benedikt XVI. hat einen ultrakonservativen Geistlichen zum Weihbischof im österreichischen Linz berufen. Dabei stand Gerhard Maria Wagner gar nicht auf der Vorschlagsliste des Linzer Bistums, wie die "Oberösterreichischen Nachrichten" am Samstag berichteten.
Der 54-jährige Wagner hatte mit seinen kontroversen Äußerungen in der katholischen Kirche Österreichs immer wieder für Aufregung gesorgt. Als der Hurrikan "Katrina" im Jahr 2005 die US-Küstenstadt New Orleans zerstörte, verkündete Wagner im Pfarrblatt seiner damaligen Gemeinde: "Es ist wohl kein Zufall, dass in New Orleans alle fünf Abtreibungskliniken sowie Nachtclubs zerstört wurden." Nach der Tsunami-Katastrophe 2004 merkte er an, dass die Flutwelle nicht zufällig zu Weihnachten aufgetreten sei, wenn die Leute aus dem reichen Westen ins arme Thailand flüchteten. Zuvor hatte Wagner bereits junge Leute vor der Harry-Potter-Lektüre gewarnt, da er hinter den Büchern von Joanne K. Rowling "Satanismus" vermutete.
Die Berufung Wagners kommt zu einem Zeitpunkt, da Papst Benedikt wegen der Wiederaufnahme von vier exkommunizierten Bischöfen der erzkonservativen Priesterbruderschaft St. Pius X. in die katholische Kirche heftig kritisiert wird. Unter ihnen befindet sich auch der Holocaust-Leugner Richard Williamson.
Der israelische Minister für Religionsangelegenheiten, Jizchak Cohen, droht deswegen mit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen Israel und dem Vatikan. Gegenüber dem SPIEGEL erklärte Cohen, er empfehle, "die Verbindungen mit einer Körperschaft, in der Holocaust-Leugner und Antisemiten Mitglied sind, vollständig abzubrechen".
Williamson hatte sich am Freitag über einen im Internet veröffentlichten Brief beim Papst entschuldigt - allerdings nur für die "Unannehmlichkeiten und Probleme", die seine Äußerungen verursacht hätten. In der Sache nahm der Brite nichts zurück. Williamson hatte in einem Fernsehinterview den Holocaust geleugnet und behauptet, es habe in den NS-Vernichtungslagern keine Gaskammern gegeben.
Als einen "Rückfall in frühere Jahrhunderte" wertet Salomon Korn, Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, in einem SPIEGEL-Interview die Entscheidung des Papstes. Benedikt XVI. habe mit der Rehabilitierung von Bischof Williamson "einen Holocaust-Leugner gesellschaftsfähig gemacht". Das sei "unverzeihlich" und habe gezeigt, "dass er die Versöhnung mit den Juden, die seine Vorgänger vorangebracht haben, in Frage stellt".
Israel Meir Lau, ehemaliger Oberrabbiner Israels und Überlebender des Konzentrationslagers Buchenwald, fragt: "Wie kann ein solcher Lügner den Schutz und die Rehabilitierung des Führers der katholischen Kirche bekommen?"
Mit deutlicher Kritik reagieren auch deutsche Politiker und Repräsentanten der katholischen wie evangelischen Kirche auf die Rehabilitierung Richard Williamsons. "Solche Äußerungen und Vorkommnisse gefährden den vom heutigen Papst und seinem Vorgänger ausdrücklich für unverzichtbar erklärten Dialog mit den jüdischen Organisationen", sagt Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) gegenüber dem SPIEGEL. Er könne die "Irritationen und Betroffenheit" der jüdischen Gemeinde gut verstehen.
Der ehemalige CDU-Generalsekretär Heiner Geißler kritisiert die konservative Weltsicht von Benedikt. Der Papst schotte sich "gegenüber Frauen, Andersgläubigen, Geschiedenen, Homosexuellen" theologisch ab. Sein Vorgänger habe "die Gemeinsamkeiten mit andersgläubigen Menschen gesucht, er nicht", sagte der Christdemokrat.
"Man kann fast den Eindruck bekommen, ihm sei ein rechtsradikaler, antisemitischer katholischer Bischof lieber als eine evangelische Bischöfin." Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch, kritisierte den Papst indirekt: "Weder für Antisemitismus noch für die Leugnung des Holocaust gibt es Platz in der katholischen Kirche."