
Brutales Saudi-Arabien: Gerichte verhängen drakonische Strafen
Urteil gegen saudische Journalistin Staatsanwalt hält 60 Hiebe für zu wenig
Riad - Die Journalistin Rosanna A. soll ausgepeitscht werden, weil sie an einer TV-Produktion für den arabischen Fernsehsender LBC mitgewirkt hat, in der ein Mann über sein ausschweifendes Sexleben sprach. Der 32-Jährige aus der saudischen Hafenstadt Dschidda, ein geschiedener Vater von vier Kindern, wurde inzwischen zu fünf Jahren Haft und 1000 Peitschenhieben verurteilt. Denn außerehelicher Sex und Anstiftung zur "Unmoral" sind in dem islamischen Königreich verboten.
A. war jedoch formal nicht wegen des Inhalts der Sendung verurteilt worden, sondern weil sie mit einem Sender kooperiert habe, "der in Saudi-Arabien über keine richtige Akkreditierung verfügt". Dem Richterspruch vom Samstag zufolge soll sie "zur Abschreckung" 60 Peitschenhiebe auf einmal verabreicht bekommen.
Nach der Verurteilung hat der Staatsanwalt Berufung eingelegt. Er hält die Strafe für zu milde, berichtete die Zeitung "Arab News" am Montag unter Berufung auf einen mit dem Fall vertrauten Anwalt.
A. berichtete unterdessen von Morddrohungen. "Unbekannte haben mich auf meinem Mobiltelefon angerufen und gedroht, mich zu töten", sagte sie der saudischen Nachrichten-Website Al-Anawien. "Gott weiß, dass mir Unrecht widerfahren ist", fügte sie hinzu.
Eine saudische Menschenrechtsgruppe kritisierte am Montag im Internetnetzwerk Facebook, dass die Journalistin "wie eine Kriminelle" vor Gericht gestellt worden sei. Dies wäre eher ein Fall für das Informationsministerium gewesen.
Al-Anawien meldete derweil, der saudische König sei inzwischen über die Einzelheiten des Verfahrens in Kenntnis gesetzt worden. Es sei nicht ausgeschlossen, dass die Auspeitschung der jungen Frau noch verhindert werde, falls König Abdullah sie begnadigen sollte.
Das erzkonservative Königreich Saudi-Arabien ist für drakonische Urteile und brutalste Strafen bekannt. Obwohl das Herrscherhaus einer der engsten Verbündeten der USA in der Golfregion und dem westlichen Luxus sehr zugeneigt ist, sind die Moralvorstellungen der Gesellschaft streng an einer puritanischen Auslegung des sunnitischen Islams ausgerichtet. Das saudische Strafrecht orientiert sich an der Scharia und wird in dem Königreich so scharf und unbarmherzig interpretiert und angewandt wie in kaum einem anderen Land der Welt.