Militär-Camps in den USA Wenn Kinder Krieg spielen

Ballern und beten: In den USA verbringen eine halbe Million Kinder und Jugendliche die Schulferien in Militärcamps. Fotografin Sarah Blesener hat sie besucht.

Sie singen die Nationalhymne, lernen mit Waffen umzugehen und marschieren in Uniform: Statt in der Sonne zu liegen, verbringen viele amerikanische Schüler ihre Freizeit mit Drill und Unterricht. Die Fotografin Sarah Blesener  ist sechs Monate durch die USA gereist und hat zwölf militärische Trainingslager für Kinder und Jugendliche besucht.

Vor zwei Jahren fotografierte Blesener ähnliche Programme in Russland - in den Vereinigten Staaten kritisierten daraufhin viele diese Camps, nannten sie nationalistisch. "Dabei gibt es ganz Ähnliches auch bei uns", sagt die Fotografin. Sie beschloss, in die USA zurückzukehren und dort die patriotische und militärische Erziehung zu dokumentieren.

Blesener fuhr durch zwölf US-Bundesstaaten - von Pennsylvania über Minnesota bis nach New Jersey. Die ausgewählten Camps, an denen Schüler von fünf bis 18 Jahren teilnehmen, reichen von den jungen Marines über ein Survival Camp bis hin zur Ausbildung zukünftiger Grenzpolizisten.

Jährlich werden hier etwa eine halbe Million amerikanischer Kinder und Jugendliche unterrichtet: in patriotischen Lagern, die darauf abzielen, die Liebe zu Amerika zu fördern und Wissen über die religiösen Werte des Landes zu vermitteln; in militärischen Camps, in denen die Teilnehmer Disziplin erlernen und eine körperliche Ausbildung erhalten; oder in Überlebensschulen, in denen sie erfahren, wie man Notunterkünfte baut oder was bei einer Naturkatastrophe zu tun ist.

Machen sie das freiwillig?

Außerdem besuchte die Fotografin einige Teilnehmer zu Hause, darunter ein junges Mädchen aus Nebraska, das sich kürzlich, mit 17 Jahren zur Armee meldete. Blesener wollte sich in diesem zweiten Teil des Projekts auf die Jugendlichen, deren Privatleben und persönliches Umfeld konzentrieren.

Manche der Programme finden an den Wochenenden statt, andere einmal wöchentlich nach der Schule, für einige müssen die Schüler ihre gesamten Sommerferien opfern. Machen sie das freiwillig? Nur vereinzelt werden sie laut Blesener von ihren Eltern dazu gedrängt - die meisten wollen aus eigenem Antrieb teilnehmen.

Die Motivation der Schüler sei sehr unterschiedlich: Sie wollen sich auf ihre spätere militärische Karriere vorbereiten, in die Fußstapfen ihrer Eltern treten. Sie haben Spaß am Schießen, sie genießen das Gemeinschaftsgefühl oder wollen sich die Universität von den Organisationen finanzieren lassen.

Viele der Jugendlager werden privat geführt und finanziert, von ehemaligen oder derzeitigen Militärangehörigen geleitet. Alle würden leugnen, dass es sich um Rekrutierungslager handele. "Aber das sind sie natürlich", sagt Blesener. "Ein Kind in einem so jungen Alter an eine Aktivität oder eine Weltanschauung heranzuführen, ist eindeutig ein Weg, es in diese Richtung zu lenken."

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