Vatikan-Papiere Alter Papst verstieß 400 Priester wegen Kindesmissbrauchs

Jetzt bekannt gewordene interne Papiere des Vatikans belegen: In den letzten zwei Jahren seiner Amtszeit entließ Papst Benedikt XVI. rund 400 Priester wegen Kindesmissbrauchs - ein dramatischer Anstieg zu den Vorjahren. Der Vatikan bestritt die Zahl zunächst, musste dann aber umschwenken.
Petersplatz in Rom: Neue Zahlen aus dem Vatikan

Petersplatz in Rom: Neue Zahlen aus dem Vatikan

Foto: Franco Origlia/ Getty Images

Rom - Es sind brisante Papiere, die einen Einblick in die disziplinarischen Abläufe der katholischen Kirche bieten. In den beiden Jahren vor seinem Amtsverzicht hat Papst Benedikt XVI. fast 400 Priester wegen Fällen von Kindesmissbrauch verstoßen. Dies belegt eine Auflistung, die der Vatikan im Rahmen einer Uno-Anhörung in Genf vorgelegt hat.

Wie die britische BBC berichtet , hatte Vatikan-Sprecher Federico Lombardi die Zahlen, die die Nachrichtenagentur AP publik gemacht hat, zunächst bestritten. Später habe er dies jedoch gegenüber der BBC zurückgezogen, so der Sender. Die Statistiken seien demnach korrekt.

Sie zeigen, dass im Jahr 2011 insgesamt 260 Priester mit einer Amtsenthebung wegen der Belästigung oder des Missbrauchs von Kindern diszipliniert wurden. Im folgenden Jahr seien es immerhin noch 124 gewesen, so die AP-Zahlen. Die Gesamtzahl liegt mit 384 Fällen dramatisch höher als in den Jahren 2008 und 2009. In diesem Zeitraum habe es "nur" 171 Fälle von Amtsenthebung gegeben. Für 2010 liegen keine Angaben vor.

Benedikt hatte der katholischen Kirche von 2005 bis 2013 als Papst vorgestanden. Ab dem Jahr 2009 erschütterte eine ganze Reihe von Missbrauchsvorwürfen die katholische Kirche.

Anhörung vor dem Uno-Komitee

Eine solch konkrete Auflistung von Amtsenthebungen, über Jahre hinweg und basierend auf den Daten des Vatikans selbst, ist durchaus bemerkenswert. Bisher hatte der Vatikan nur die Anzahl der Missbrauchsvorwürfe und der folgenden Verfahren veröffentlicht - nicht aber, wie viele Priester tatsächlich ihr Amt verloren haben. Die Liste basiert auf den jährlichen Berichten des Vatikans.

Der Amtsentzug gilt als Höchststrafe für Priester, die durch ein kirchliches Tribunal verurteilt wurden.

In Genf muss sich derzeit der Uno-Gesandte des Vatikans, Erzbischof Silvano Tomasi, vor einem Menschenrechtskomitee der Vereinten Nationen zum Umgang mit Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche befragen lassen. Allein am Freitag stand für ihn eine achtstündige Befragung auf dem Programm. Unter anderem für die Anhörung hatten die Statistiker des Vatikans die brisanten Zahlen aufbereitet.

jok/AP
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Mehrfachnutzung erkannt
Bitte beachten Sie: Die zeitgleiche Nutzung von SPIEGEL+-Inhalten ist auf ein Gerät beschränkt. Wir behalten uns vor, die Mehrfachnutzung zukünftig technisch zu unterbinden.
Sie möchten SPIEGEL+ auf mehreren Geräten zeitgleich nutzen? Zu unseren Angeboten