Prinz Charles wegen Spende unter Druck Verhandelte der Thronfolger persönlich mit Bin-Laden-Familie?

Britische Medien berichten, dass Prince Charles für seinen Wohltätigkeitsfonds eine Millionenspende der Familie Bin Laden angenommen haben soll. Kernfrage dabei: Wie tief war der künftige König involviert?
Thronfolger Prince Charles auf einer Wohltätigkeitsveranstaltung am 29. Juli 2022: Verhandelte er persönlich über Spenden von den Bin Ladens?

Thronfolger Prince Charles auf einer Wohltätigkeitsveranstaltung am 29. Juli 2022: Verhandelte er persönlich über Spenden von den Bin Ladens?

Foto: POOL / REUTERS

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Im Oktober 2013 war Bakr Bin Laden ein sehr reicher saudi-arabischer Unternehmer. Seine Familie kontrollierte die Saudi Binladin Group, eines der umsatzstärksten Bauunternehmen des Landes, und unterhielt gute Verbindungen zum saudischen Königshaus. Als er dem »Prince of Wales’s Charitable Fund«  (PWCF), der wichtigsten Wohltätigkeitsorganisation des Prinzen von Wales, eine Millionenspende anbot, gab es keinen formellen Grund, diese abzulehnen. Abgesehen davon, dass sein Halbbruder Osama Bin Laden zwölf Jahre zuvor das World Trade Center hatte attackieren lassen.

Tausende starben bei dem Terroranschlag, der den amerikanischen Angriff auf Afghanistan und später den Irak auslöste. Großbritannien war Kriegspartei in diesen Feldzügen. Die 2001 von Osama Bin Laden initiierte Konfliktkaskade wirkt bis heute fort, Hunderttausende von Menschen verloren bisher dadurch ihr Leben.

Sippenhaft als Entscheidungskriterium für wohltätige Spende?

Bis heute hat niemand behauptet, dass Bakr Bin Laden irgendetwas mit der Terrorkampagne seines Halbbruders zu tun gehabt hätte. Trotzdem reicht es noch immer für einen Skandal, zumindest aber heftige Kritik, wenn ein Mitglied des britischen Königshauses 2013 persönlichen Kontakt mit einem Bin Laden gehabt hätte – egal welchem.

Das erlebt zurzeit der britische Thronfolger Prince Charles: Die »Sunday Times« behauptet , dass Charles im Oktober 2013 persönlich mit Bakr Bin Laden und dessen Bruder Shafiq über eine Spende für PWCF verhandelt habe. Eine Million Pfund sei an die Stiftung geflossen, sozusagen durch den Namen Bin Laden belastetes Geld.

Weder Charles noch PWCF bestreiten, dass dieses Geld geflossen ist . Der Prinz habe sich aber keineswegs persönlich mit den Bin Ladens getroffen. Das Spendenangebot sei vielmehr im fünfköpfigen Treuhänder-Kreis beraten, geprüft und am Ende einstimmig akzeptiert worden. PWCF habe dabei auch Informationen über die potenziellen Spender »von der Regierung« eingeholt, es hätten sich keine Einwände ergeben.

Die »Times« vertritt eine etwas andere Darstellung: Demnach hätten Berater des Prinzen darauf gedrängt, die Spende abzulehnen, das Geld wäre »für niemanden gut« – so, als klebte Blut daran: Jede Nähe zu Vertretern der Familie Bin Laden wirkte auch zwölf Jahre nach den WTC-Terroranschlägen anrüchig. Die Familie war durch die Verbrechen Osama Bin Ladens faktisch diskreditiert.

Anderseits: Sollte Sippenhaft ein Entscheidungskriterium für eine wohltätige Spende sein, deren Spendern zu diesem Zeitpunkt nichts vorgeworfen wurde?

Nicht die ersten Vorwürfe: Ist Charles übereifrig?

Ein PR-Problem für den Prinzen ist das alles trotz alledem, denn wenig später gab es Vorwürfe gegen Bin Laden: Bakr fiel 2015 in Ungnade, wurde wegen Korruption verhaftet und überschrieb seine Anteile an seinem Unternehmen am Ende an das saudische Königshaus. Die Familie gilt noch immer als vermögend, aber entmachtet.

Dazu kommt, dass sich der aktuelle Vorwurf an sehr ähnliche Vorhaltungen anschließt, die in den vergangenen Monaten erhoben wurden. Im Juni machte die »Times« öffentlich , dass Charles Millionenspenden des ehemaligen Premierministers von Katar angenommen hatte. Hamad ibn Dschasim ibn Dschabr Al Thani soll dem britischen Thronfolger rund drei Millionen Euro für PWCF überreicht haben . Und zwar persönlich, im Rahmen von Treffen, die zwischen 2011 und 2015 stattfanden, und pikanterweise in bar.

Überreicht wurden diese Spenden in drei Tranchen und in Form von 500-Euro-Bündeln, die einmal in einem Koffer, einmal in einer Reisetasche und einmal in einer Einkaufstasche des Londoner Edelkaufhauses Fortnum & Mason verpackt gewesen seien. Richtig, gab PWCF auch in diesem Fall zu, aber alles sei auch korrekt als Spende verbucht worden, nichts an diesen Vorgängen sei illegal gewesen.

Das Gesamtbudget, das PWCF an Wohltätigskeitsunternehmungen ausschüttet, liegt bei circa drei Millionen Pfund im Jahr. Sowohl die Spenden aus Katar als auch die der Bin-Laden-Familie hatten für PWCF also eine signifikante Höhe. Ende Juni berichtete die »Times«, die für Wohltätigkeitsorganisationen zuständige Aufsichtsbehörde prüfe, ob dabei alles mit rechten Dingen zugegangen sei. Am 20. Juli gab die BBC in dieser Hinsicht Entwarnung: Ein Verfahren werde nicht eingeleitet . Der Bericht behauptet zudem, es sei auch »nur« um 2,5 Millionen Pfund gegangen.

Trotzdem: Selbst wohlmeinende Unterstützer des Prinzen fragen sich nun, ob der in seiner Spenden-Sammelbegeisterung mitunter über das Ziel hinausschießt. Dass er dies aus Überzeugung tut, bezweifelt dagegen niemand: PWCF, das vor allem kleine Projekte auf dem »Grasroots-Level« unterstützt, die sich um Umwelt- und Nachhaltigkeitsthemen kümmern, gründete Charles bereits 1979. Zu dieser Zeit wurde sein Engagement noch öffentlich als »grüne Spinnerei« eines »Mannes mit Mission« verlacht – heute gilt Charles in dieser Hinsicht als Pionier. Und zwar als ganz besonders eifriger.

Charles mit Michael Fawcett: Ein Orden als Belohnung für eine Spende über 1,5 Millionen Pfund?

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Foto: Andrew Milligan / dpa

Ob dieser Eifer mitunter sogar mit auch juristisch nicht einwandfreien Gegenleistungen einhergeht, prüft seit Februar 2022 die englische Polizei in einem laufenden Ermittlungsverfahren. Das richtet sich nicht gegen Charles persönlich, aber gegen einen seiner engsten Vertrauten: Michael Fawcett, früherer Vorsitzender der »Prince's Foundation«, steht unter Verdacht, die Millionenspende eines saudischen Geschäftsmanns mit einer Ordensverleihung durch Prince Charles »befördert« zu haben. Mitte November trat Fawcett als Chef der Stiftung zurück.

Demnach habe Charles dem Unternehmer Mahfouz Marei Mubarak bin Mahfouz im November 2016 in einer privaten Zeremonie – also quasi heimlich – den »Most Excellent Order of the British Empire« (CBE) verliehen. Die »Prince's Foundation« ist eine weitere Wohltätigkeitsorganisation, die von Charles im Jahr 1986 gegründet wurde.

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