
Kim Kardashian in Wien: Nichts wie weg hier
Wiener Opernball Die Sektgläser fliegen tief
Schon beim Einlass in die Oper drängten sich Hunderte Menschen gleichzeitig über den roten Teppich, alle mit dem Ziel, den einen Gang in der Mitte - Blitzlicht! Fotografen! - zu erwischen. Trotz Heizstrahlern froren nicht wenige Damen im Abendkleid tapfer und geduldig, um nur ja nicht zu einem der beiden Seiteneingänge geschoben zu werden. Dass am Ende ausgerechnet die sonst wenig kamerascheue Kim Kardashian dieses unpopuläre Entree wählte, zog ihrem Gastgeber Richard Lugner wohl trotz Botox-Vorsorge noch ein paar tiefe Falten in die Stirn.
Stunden später, um Mitternacht, sank der Baulöwe in seiner Loge erleichtert zurück auf die kleine Bank mit rotem Samtbezug. "Jetzt bin ich die zickigen Damen los", schnaubte er. Gemeint war Kardashian, sein diesjähriger Stargast beim Opernball, der zu diesem Zeitpunkt entgegen der Vertragsvereinbarung längst wieder ins Hotel gegangen war. Lugner hat Erfahrung mit Zickenterror: Auch seine letzten Gäste, darunter Paris Hilton oder Gina Lollobrigida, waren nicht leicht bei Laune zu halten. Aber in Kardashian schien er seine Meisterin gefunden zu haben.
Bis zur letzten Minute hatte Lugner zittern müssen, ob ihn das It-Girl auf den Ball der Bälle begleitet, oder ob es ihn am Ende gar seiner eigenen Loge verweist - schließlich durfte der Bauunternehmer schon tags zuvor nicht mit ihr in der gleichen Limousine vom Flughafen in die Stadt fahren. Die Autogrammstunde in seiner "Lugner City"-Einkaufspassage brach Kardashian dann nach wenigen Minuten ab, den Fototermin und das Gala-Dinner ließ sie gleich ganz ausfallen. Auch Ivian Sarcos, sein anderer Stargast, hatte Lugner kurzerhand sitzen lassen. Als Ersatz wurde spontan Oliver Pocher eingeflogen, den kennen ohnehin mehr Menschen als die ehemalige Miss World.
Handgemenge vor der Baulöwen-Loge
Für mediales Aufsehen sorgten beim diesjährigen Opernball am Ende aber ohnehin ganz andere Dinge - und die hatten nur mittelbar etwas zu tun mit Lugner und seiner Damenbegleitung. So kam es vor der Loge des Baulöwen zu einem Handgemenge, als ein offenkundig betrunkener Ballgast den deutschen TV-Moderator Johannes B. Kerner anpöbelte.
"Wer hat ihr Ticket bezahlt? Erklären Sie sich! Sie sind der neue Wulff!", blaffte der Mann nach Angaben der Nachrichtenagentur APA den Moderator an, als dieser aus der Lugner-Loge kam. Kerner versuchte den Unbekannten demnach zu beruhigen, der im Gegenzug ein Sektglas nach ihm warf, als sich der Deutsche bereits abgewandt hatte. Daraufhin soll ein Begleiter Kerners den Mann mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben und "verletzte ihn erheblich", wie die dpa zu berichten weiß.
Widerborstige Stargäste, eine Schlägerei vor der teuren Loge - trotz all dem Ungemach gab sich Richard Lugner nach dem Abgang Kardashians zufrieden. "Ich bleibe zurück mit einer Schar wunderschöner Frauen", gurrte der 81-Jährige inmitten der tatsächlichen Schar von Frauen, die sich zu fünft in der engen Box um ihn drapiert hatten.
"Es ist schon kitschig"
Eine davon war Nancy Hu, eine 26-jährige Wiener Pädagogin, die den Platz in der Loge bei einem Preisausschreiben gewonnen hatte und bereits den ganzen Tag von Termin zu Termin mitgetrottet war. "Es ist schon kitschig", sagte sie mit einer ausladenden Handbewegung zum Parkett unter ihr, wo sich Hunderte Paare im Walzertakt hin- und herschoben. "Aber von der Atmosphäre bin ich ganz positiv überrascht."
Bei dem Preisausschreiben habe sie sich beworben, weil der Opernball ein internationales Event sei, sagte Hu. "Außerdem gehört das doch irgendwie dazu, zur Kultur in Österreich."
Diese Meinung teilte auch Daniel Busse, deutscher Verteidiger der Bank Hypo Alpe Adria. Er begründete seinen Opernballbesuch damit, dass man sich "den Gepflogenheiten Österreichs" nun mal anpassen müsse. Es ist eine von Wiens hartnäckigsten Legenden, dass die wichtigsten Deals in dieser Nacht am Ring besiegelt werden.
Für die passende Kulisse dazu sorgten traditionell allerlei B- und C-Promis; garniert von wenigen echten Berühmtheiten wie dem ehemaligen Uno-Generalsekretär Kofi Annan (den am Abend so mancher mit Schauspieler Morgan Freeman verwechselte). Knapp 1,6 Millionen Zuschauer wollten sich im ORF den Schaulauf der prächtig aufgedonnerten Damen und nicht selten ordenklimpernden Herrschaften ansehen. Wobei der enge Frack für die Herren nicht jedermanns Sache war. So bekannte DJ Ötzi am Rande des Parketts: "Es ist schwierig, in so was reinzukommen."
Preisausschreiben-Gewinnerin Nancy Hu wiederum zog nach einem langen Abend in der Lugner-Loge eine positive Bilanz. Sie könne sich vorstellen, wiederzukommen, sagte sie - auch, wenn die Ballkarte dann 250 Euro kosten wird, wie für alle anderen Gäste auch. "Da komme ich aber mit einem Freund, mit dem ich gemeinsam feiern kann."