

Die Verwandten von Vida Abena Agbozo lachen, die Gäste tanzen. 600 Menschen sind gekommen, um Abschied von ihr zu nehmen - oder besser gesagt: um das Leben der Toten zu feiern. In Ghana sind Beerdigungen nicht allein Trauerveranstaltungen. Sie sind, wie das Projekt "The Last Journey" der Fotografin Ana Palacios zeigt, ein Anlass zu Freude und Feier.
Der Glaube, dass der Tod das Tor zum ewigen Leben sei, sei in Ghana und Afrika tief verankert, sagt Palacios. Begräbnisse sind aber auch eines der wichtigsten gesellschaftlichen Ereignisse in dem westafrikanischen Land: Je eindrucksvoller die Beerdigung, je mehr Gäste, desto größer das Ansehen in der Gemeinschaft. "Für viele ist eine Beerdigung viel wichtiger als eine Hochzeit", sagt Palacios. "Sie ist auch viel teurer."
Umgerechnet können Totenwache, Bestattung und Gottesdienst zusammen bis zu 15.000 Euro kosten. Zu den Ausgaben gehört nicht selten ein extravaganter Sarg mit einer besonderen, auf die Wünsche des Toten und seiner Familie zugeschnittenen Form. Hinzu kommen Plakate am Straßenrand, die über die Beerdigung informieren. Manche Familien "bewerben" die Trauerfeier auch im Radio.
Und dann gibt es noch das "Einfrieren" der Leiche: Die Körper der Toten werden in einer Kältekammer aufbewahrt, während die Familie die Beerdigung organisiert und nach einem Termin sucht, an dem möglichst viele Gäste kommen können. Da dies ein langwieriger Prozess sein kann, wird die Leiche nicht selten monate-, manchmal sogar jahrelang aufbewahrt. Die Kosten: umgerechnet 3,80 Euro pro Tag.
Ana Palacios wurde 2014 bei einem Aufenthalt in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba auf diese Praxis aufmerksam. "Bei einem Abendessen saß ich neben einem Geistlichen aus Ghana, der mir davon erzählte, dass er in ein paar Monaten einer Beerdigung beiwohnen würde", erinnert sich die Fotografin. "Das überraschte mich: ein Begräbnis, von der man schon Monate vorher weiß?" So sei die Idee zum Projekt entstanden.
Die Beerdigungen sind mehrtägige Veranstaltungen: Die Totenwache findet in der Regel freitags statt. Am Samstag wird der Tote zu Grabe getragen. Am Sonntag gibt es dann eine Messe. Manchmal gehen die Feierlichkeiten danach noch tagelang weiter. Die Familie des Toten trägt die Kosten für die Verpflegung der Gäste und die Unterbringung aller, die von weither anreisen.
In einem Land, in dem das jährliche Bruttoinlandsprodukt pro Kopf laut Weltbank bei umgerechnet rund 1300 Euro liegt, werden solch extravagante Bestattungen aber für viele zu einer finanzielle Falle. "Die Ausgaben haben schon Tausende Familien im Land in den Bankrott geführt", sagt Ana Palacios. Vor allem ärmere Familien würden sich oft verschulden, um ein möglichst opulentes Begräbnis zu ermöglichen.
So mehrt sich seit einigen Jahren auch die Kritik an dem Brauch. Kirchenvertreter und Politiker mahnen zu Mäßigung. Ghanas Gesundheitsminister, Alban Bagbin, brachte die Missbilligung vor Jahren schon auf den Punkt: "Wir investieren in die Toten anstatt zu leben."
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In Ghana ist der Tod ein Anlass, das Leben der Verstorbenen zu feiern. Um diese Tote, Vida Abena Agbozo, haben sich Verwandte versammelt. In dem westafrikanische Land dauern Beerdigungen mindestens drei Tage.
Die Vorbereitungen beginnen aber schon viel früher. Nach dem Tod folgt zunächst die Autopsie. Dann wird der Verstorbene in einer Kältekammer aufbewahrt, während seine Familie die Vorbereitungen für die Beerdigung trifft. Das kann Monate dauern, manchmal sogar Jahre. Hier nimmt ein Angestellter in der Leichenhalle eines Krankenhauses in Ghanas Hauptstadt Accra einen Körper aus der Kältekammer, wäscht ihn und macht ihn bereit für die Beerdigung.
Das Anfertigen von Särgen ist in Ghana eine Kunst. Oft haben die Särge eine ausgefallene, auf die Wünsche des Toten und seiner Familie zugeschnittene Form. Manch ein Schuhmacher ist schon in einem "Schuh", manch ein Fischer in einem "Fisch" beerdigt worden.
Die Totenwache findet am Abend vor dem Begräbnis statt, meist an einem Freitag. Diese Verstorbene wird elegant gekleidet und offen aufgebahrt.
Vida Abena Agbozos Mann, Samuel, und ihre Kinder verabschieden sich in einem separaten Zelt von der Toten. Dort schließen sie den Sarg. Dieser Teil der Beerdigung findet im kleinen Kreis statt. Die 600 Gäste haben keinen Zutritt.
Die Beerdigungen sind mehrtägige Veranstaltungen: Die Trauerfeier findet in der Regel freitags statt. Am Samstag wird der Tote zu Grabe getragen. Am Sonntag gibt es dann eine Messe.
Vida Abena Agbozos Töchter, Ester und Abena, nehmen Abschied von ihrer Mutter. Der Tod ist in Ghana zwar ein Fest. Bei den Beerdigungen wird aber selbstverständlich auch getrauert.
Die Tote wird zu Grabe getragen. Die Zahl der Gäste ist auch ein gesellschaftliches Statussymbol: Je eindrucksvoller die Beerdigung, je mehr Gäste, desto größer das Ansehen der Toten und ihrer Familie. Nicht selten verschulden sich Familien, um die Kosten des Fests zu stemmen.
Eine Würdigung des Lebens der Verstorbenen: Jeder Gast bekommt eine Broschüre mit der Biografie und Fotos der Toten.
Fotografen halten die wichtigsten Momente fest. Oft wetteifern Familien miteinander: Wer hat die opulentere Beerdigung? Ausschweifende Begräbnisse haben laut Fotografin Ana Palacios schon Tausende Familien in den finanziellen Ruin getrieben.
Süßes Souvenir: Die Gäste können Tüten mit Essen und Süßigkeiten als Andenken mitnehmen. Im Gegenzug werden von den Gästen Spenden erwartet, die der Familie helfen sollen, die Kosten zu decken.
Die nächsten Angehörigen kleiden sich in der Regel schwarz. Bei den Gästen ist das Outfit hingegen oft farbenfroh.
Am Tag nach dem Begräbnis folgt ein Gottesdienst. Oft ist das der dritte und letzte Tag des Fests. Manche Beerdigungen gehen aber noch tagelang weiter.