Fremdenfeindliche Tiraden Kaufhaus-Investor schockiert mit rassistischen Äußerungen

"Mir sind so viele ausländische Flüchtlinge nicht willkommen": In Görlitz lösen Äußerungen des Kaufhaus-Investors Winfried Stöcker Entsetzen aus. Der Unternehmer hat in einem Interview von "reisefreudigen Afrikanern" gesprochen.
Unternehmer Winfried Stöcker (im September 2012): "Reisefreudige Afrikaner"

Unternehmer Winfried Stöcker (im September 2012): "Reisefreudige Afrikaner"

Foto: Markus Scholz/ picture alliance / dpa

Görlitz - Winfried Stöcker galt lange als Hoffnungsträger für die Stadt Görlitz. Mit einem Millionen-Investment will der Medizinprofessor und Vorstandschef des Unternehmens Euroimmun das legendäre Görlitzer Kaufhaus wiederbeleben - einen seit Jahren geschlossenen Prachtbau in der Görlitzer Innenstadt, den viele für das schönste Kaufhaus Deutschlands halten.

Jetzt jedoch hat sich Stöcker mit einem Interview in der "Sächsischen Zeitung" (SZ) ins Abseits befördert. Einen Tag nach Erscheinen des Gesprächs ("Sie haben kein Recht, sich hier festzusetzen")  herrscht in Görlitz Entsetzen über die fremdenfeindlichen Äußerungen des 68-jährigen Unternehmers.

Stöcker hatte Anfang der Woche ein Benefizkonzert untersagt, das in seinem Kaufhaus zugunsten von in Görlitz untergebrachten Flüchtlingen stattfinden sollte. Gegenüber der Görlitzer "SZ"-Lokalausgabe wollte er diesen Schritt begründen - und machte mit seinen Äußerungen alles noch viel schlimmer. Die Zeitung gab an, das Interview mit Stöcker per E-Mail geführt zu haben.

"Reisefreudige Afrikaner"

So lässt der Investor wissen, er habe das Konzert verboten, weil er den "Missbrauch unseres Asylrechtes nicht unterstützen" wolle. "Mir sind so viele ausländische Flüchtlinge nicht willkommen", fügt Stöcker hinzu und bezieht sich dabei wörtlich auf "die reisefreudigen Afrikaner", die "ungebeten übers Mittelmeer zu uns gelangen".

Auch den Einwand, viele der Flüchtlinge - etwa aus Libyen oder Syrien - würden durch Kriege bedroht, lässt der Millionär nicht gelten. "Vor 20 Jahren haben sich in Ruanda die Neger millionenfach abgeschlachtet. Hätten wir die alle bei uns aufnehmen sollen?"

Als der offensichtlich entgeisterte "SZ"-Redakteur einwirft, gerade das bevorstehende Weihnachtsfest erinnere doch an eine Familie, die Hilfe brauchte und Asyl in einem Stall fand, zeigt sich der Investor unbeeindruckt: "Ach, Weihnachten! Hören Sie auf mit dem Firlefanz!"

Angriff auf türkische Angestellte

Schließlich wendet sich Stöcker gegen seine eigenen Mitarbeiter, unter denen "auch viele Türken seien". Er wolle sie "am liebsten zurück in ihre Heimat" schicken, wenn auch auf freiwilliger Basis. "Die Moslems haben längst begonnen, einen Staat im Staate zu bilden. Ich will aber kein neues Mittelalter in meiner Heimat und in 50 Jahren keinen Halbmond auf der Görlitzer Frauenkirche."

Für eine Stellungnahme zu dem Interview war Stöcker am Freitagnachmittag für SPIEGEL ONLINE nicht zu erreichen. Laut "SZ" hatten er oder sein Pressesprecher die Zitate ausdrücklich autorisiert.

Einen Tag nach der Veröffentlichung meldeten sich zahlreiche prominente Görlitzer zu Wort und distanzierten sich deutlich von den Äußerungen des Kaufhaus-Investors . Er sei entsetzt, dass in heutiger Zeit noch ein solches Vokabular benutzt werde, zitiert die "SZ" etwa Oberbürgermeister Siegfried Deinege.

Der Görlitzer Bischof Wolfgang Ipolt attestierte Stöcker in einem Schreiben einen "Mangel an Respekt, wenn Sie einerseits Menschen aus anderen Ländern als Arbeitskräfte haben, andererseits aber unbedingt verhindern wollen, dass diese sich in Deutschland 'festsetzen'".

Hans-Wilhelm Pietz, Pfarrer der Görlitzer Frauenkirche, lud als Reaktion auf das Interview zu einer Adventsandacht ein - Titel: "Barmherzigkeit ist kein Märchen".  Im Ankündigungstext heißt es, man könne "den [in Stöckers Äußerungen] deutlich werdenden Geist der Abgrenzung und zynischen Herablassung auf Fremde und Flüchtlinge nicht hinnehmen". Auch die "Art und Weise, in der die christliche Weihnachtsbotschaft von Herrn Stöcker lächerlich gemacht wird", könne nicht unwidersprochen bleiben.

Das Görlitzer Kaufhaus , das zuletzt als Kulisse für den Kinofilm "Grand Budapest Hotel" weltweite Berühmtheit erlangte, war im Sommer 2013 von Stöcker gekauft worden. Die Kosten für die Sanierung des 1913 eröffneten Jugendstilbaus schätzte er damals auf rund 20 Millionen Euro.

Leerstehendes Kaufhaus Görlitz (2010): Sanierung für rund 20 Millionen Euro

Leerstehendes Kaufhaus Görlitz (2010): Sanierung für rund 20 Millionen Euro

Foto: Matthias Hiekel/ picture alliance / dpa
rls
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