Zur Ausgabe
Artikel 28 / 72

Digitalisierung »Gratis-WLAN für alle Altenheime«

Die Digitalisierung muss auch bei älteren Menschen ankommen, sagt Dagmar Hirche, 65, Vorsitzende des Vereins »Wege aus der Einsamkeit e. V.«.
aus DER SPIEGEL 7/2022
Foto:

Stefan Maria Rother

SPIEGEL: Frau Hirche, seit Corona reden alle vom Digitalisierungsbedarf in den Schulen …

Hirche: Zu Recht. Aber warum werden immer die alten Menschen vergessen, wenn es um Digitalisierung geht? Das ist Altersdiskriminierung. Digitalisierung darf nicht bei Menschen der Generation 60 plus aufhören. Das muss bei 120 aufhören!

SPIEGEL: Laut der »Digitalisierungsinitiative D21« nutzen nur 52 Prozent der Generation 65 plus das Internet. Bei den 85- bis 99-Jährigen sind um die 75 Prozent offline. Das ist nicht okay?

Hirche: Nein, weil es die alten Menschen von der Teilhabe an der Gesellschaft ausschließt. Überall hören sie: »Wir schicken Ihnen eine E-Mail.« Einige Corona-Testzentren haben keinen Drucker mehr, alles soll aufs Smartphone geschickt werden. Das hat ja nicht jeder. Oder als nach dem ersten Lockdown die Schwimmbäder wieder öffneten, da hieß es: Man muss sich online anmelden. Was macht da die alte Dame, die gern schwimmt, ohne Internet? Manches wird analog auch sehr teuer: Für analoges Banking zum Beispiel müssen Sie mehr bezahlen als für digitales.

Aus: DER SPIEGEL 7/2022

Was tun gegen den Preisschock?

Noch vor Kurzem hatten Fachleute die Inflation als »vorübergehend« bezeichnet. Nun gehen sie davon aus, dass die Teuerungswelle monatelang weiterrollen wird. Mindestens. Politiker und Unternehmer stellen sich auf neue Verteilungskonflikte ein. Die Zentralbanken planen die Kehrtwende.

Lesen Sie unsere Titelgeschichte, weitere Hintergründe und Analysen im digitalen SPIEGEL.

Zur Ausgabe

SPIEGEL: Was fordern Sie?

Hirche: In allen Altenheimen kostenfreies WLAN – und zwar in allen Zimmern. Wenn ich mein Zimmer nicht verlassen kann, nützt es mir nichts, wenn das Kabel im Aufenthaltsraum endet. Wir hängen auch altersarme Menschen ab, die gern zu Hause WLAN hätten, sich aber keins leisten können. Wenn unsere Welt so digital wird, muss WLAN beim Wohnen zur Grundversorgung dazugehören wie Wasser und Strom.

SPIEGEL: Hat Corona Ältere motiviert, online zu gehen?

Hirche: Eindeutig. Weil sie selbst erkannt haben, wie wichtig es ist, in die digitale Welt einzusteigen. Videotelefonie, Bilder verschicken – wenn man das kann, ist ein Besuchsverbot leichter auszuhalten. Die meisten, die sich bei uns im Umgang mit Smartphone und Tablets schulen lassen, sind zwischen 72 und 88 Jahre alt. Es ist die erste Generation alter Menschen, die wir zwingen, etwas komplett Neues zu lernen: Corona-Warn-App, Luca-App, CovPass – alle gehen davon aus, dass das jeder kann. Das ist ein Irrtum. Deshalb brauchen wir auch Schulungsangebote an jeder Ecke.

SPIEGEL: Werden Sie gehört?

Hirche: In Hamburg zum Beispiel hat die Bürgerschaft entschieden, dass jedes neu gebaute Altenheim WLAN in jedem Zimmer haben muss. Corona hat viel in die richtige Richtung geschubst, woran wir sonst noch Jahre gearbeitet hätten.

bel
Zur Ausgabe
Artikel 28 / 72
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Mehrfachnutzung erkannt
Bitte beachten Sie: Die zeitgleiche Nutzung von SPIEGEL+-Inhalten ist auf ein Gerät beschränkt. Wir behalten uns vor, die Mehrfachnutzung zukünftig technisch zu unterbinden.
Sie möchten SPIEGEL+ auf mehreren Geräten zeitgleich nutzen? Zu unseren Angeboten