

Zu dünn, zu sexualisiert, zu gefährlich: Wenn es darum geht, wer in welcher Form in Großbritannien Werbung machen darf, nehmen es die Briten ganz genau. In der Vergangenheit haben die Beamten der Werbeaufsichtsbehörde ASA unter anderem eine Prada-Kampagne verboten, die ein Kind in einer sexualisierten Situation darstellt. Auch eine Miu-Miu-Werbung fiel den strengen Regeln zum Opfer, weil sie die damals 14-jährige Schauspielerin Hailee Steinfeld in einer "potenziell gefährlichen Situation" für ein Kind zeigte.
Nun hat die Behörde erneut eine Hochglanz-Kampagne aus dem Programm verbannt: Die Fotos aus einem Werbespot von Gucci zeigten ein Model, das "ungesund dünn" aussehe. Der Clip wurde im Dezember auf der Homepage der "Times" gezeigt.
Das italienische Label Gucci, das zum französischen Luxusgüter-Konzern Kering gehört, verteidigte die Bilder. Die Kampagne ziele auf "ein älteres, anspruchsvolles Publikum" ab. Ob das Model zu dünn aussehe, sei eine "subjektive Sache" - man selbst halte das für nicht zutreffend. Nirgendwo in der Kampagne seien spitze Knochen zu sehen gewesen, stattdessen habe man beim Make-up und beim Licht darauf geachtet, dass es nicht zu dunklen Schatten kommt, die die Models extrem markant und dünn aussehen lassen könnten. Die "Times" schloss sich dieser Sichtweise an.
Das ließ die ASA jedoch nicht gelten. Das betroffene Model habe einen sehr dünnen Oberkörper, der unproportional wirke. Durch ihre Haltung scheine die Taille der Frau zudem sehr schmal. Durch das Make-up und ihren Gesichtsausdruck sehe sie ausgermergelt aus. Daher sei man zu dem Urteil gekommen, dass die Werbung unverantwortlich sei. Sie darf in dieser Form nun nicht mehr erscheinen. Mit einer ähnliche Begründung hatte die ASA zuletzt eine Kampagne von Yves Saint Laurent abgesetzt.
Das Thema Magermodels ist seit Jahren umstritten. Mehrere Länder haben Maßnahmen ergriffen, um ein Mindestgewicht in der Branche durchzusetzen. Spanien verbannte schon 2006 Magermodels von den Laufstegen, dort werden Models nach Hause geschickt, wenn sie nicht den Mindest-BMI nachweisen können. Italien zog mit einer Grundsatzerklärung nach. Und Israel stimmte 2012 für ein Gesetz, das Models dazu verpflichtet, alle drei Monate mittels einer ärztlichen Bescheinigung nachzuweisen, dass ihr BMI - errechnet aus dem Verhältnis von Körpergröße zu Gewicht - nicht unter 18,5 liegt.
Zuletzt hatte Frankreichs Parlament ein Gesetz beschlossen, das gefährliches Untergewicht bei Mannequins verhindern soll. Großbritannien prüft derzeit ein ähnliches Gesetz.
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Gucci hat in den vergangenen Jahren ein Revival erlebt - dank Chefdesigner Alessandro Michele, der das Image des italienischen Luxuslabels abstaubte. Hier trägt Oscargewinnerin Brie Larson eine seiner Kreationen bei den Academy Awards 2016 in L.A.
Ein bisschen drüber, aber irgendwie genau richtig: Gucci galt lange als leicht prollig, mittlerweile tragen sogar die feinen Pariserinnen die Entwürfe. Hier ist ein Model aus der Ready-to-wear-Kollektion Frühling/Sommer 2016 zu sehen.
Die Debatte um Magermodels tobt seit Jahren. Aber trotz bestürzender Schicksale findet in der Branche kaum ein Umdenken statt. Ein Beispiel: Ana Carolina Reston galt als Topmodel, hier ist sie während einer Modenschau im April 2005 in Brasilien zu sehen. Ein Jahr später starb sie an den Folgen ihrer Magersucht, sie wurde 21 Jahre alt.
Mit einer erschreckenden Fotokampagne machte die Französin Isabelle Caro im Jahr 2007 auf Anorexie aufmerksam, ein Jahr darauf veröffentlichte sie ihre Autobiografie. Caro war 28 Jahre alt, als sie an den Folgen ihrer Krankheit starb.
Frankreich hat nach langem Ringen ein Gesetz beschlossen, das gefährliches Untergewicht bei Mannequins verhindern soll. Die Model-Agentur-Organisation Synam lehnte das Gesetz vehement ab und beklagte eine Benachteiligung von Frauen, die von Natur aus sehr dünn sind. Als Beispiel wurde die androgyne Figur des früheren Starmodels Inès de la Fressange genannt. Hier ist sie im Oktober 2013 in Paris zu sehen.
"Man hat mir in diesem Milieu auf die Finger gehauen, weil ich erzählt habe, was ich gesehen habe", sagte Ex-Model Géraldine Maillet der Zeitung "Libération". "Mädchen, die eine oder zwei Wochen vor den Modenschauen abends nichts mehr essen, die nur einen Apfel am Tag essen, sich mit Kaffee volllaufen lassen oder nur rauchen, um den Hunger zu bekämpfen."
Schlank ist schön - sehr schlank ist sehr schön: Dieses Motto wird seit Jahrzehnten in der Modebranche gelebt. Die Modenschau des Dessous-Herstellers Victoria's Secret gilt als eine der spektakulärsten. Und regelmäßig sind dort sehr schlanke Models zu sehen.
Dabei wäre es ein Anblick wie dieser, der in der Modebranche normaler werden sollte. Im Februar haben sich einige der bekanntesten Plus-Size-Models in Mailand versammelt (v.l.): Katy Hansz, Robyn Lawley, Candice Huffine, Jennie Runk, Tara Lynn, Lizzie Miller und Alessandra Garcia.
Candice Huffine gilt in der Modebranche als Plus-Size-Model - und zwar das erste, das es in den angesehenen Pirelli-Kalender geschafft hat. Die Tatsache, dass dies erwähnenswert ist, sagt schon viel über den Seltenheitswert aus.
Ashley Graham gilt ebenfalls als eines der erfolgreichen Übergrößenmodels: Sie war kürzlich mit einem Foto in der Bademodenausgabe der Zeitschrift "Sports Illustrated" zu sehen. Anfang April war sie bei einer Veranstaltung in New York zu Gast, dort entstand dieses Foto.
Tara Lynn hat es auf das Cover der spanischen "Elle" geschafft - ein Riesenerfolg für das Plus-Size-Model. Denn auf den Titelbildern der Magazine sind sonst meist sehr, sehr dünne Frauen zu sehen.
Als Robyn Lawley für die angesehene Marke Ralph Lauren engagiert wurde, gab es weltweit Berichte: Denn das Label ist eigentlich dafür bekannt, dünne Frauen zu engagieren. Und Lawley gilt in der Modebranche als Vertreterin für Übergrößen.
Dass Myla Dalbesio überhaupt als Plus-Size-Model bezeichnet wird, sorgte schon für heftige Kritik. In die Schlagzeilen schaffte es Dalbesio, als sie von Calvin Klein für eine Unterwäschenkampagne gebucht wurde.