
Dieser Beitrag wurde am 19.05.2017 auf bento.de veröffentlicht.
"Meine Meinung!" Wenn auf Facebook dieser Spruch fällt, ist es meist ein sicheres Zeichen, dass dem Gegenüber die Argumente ausgehen.
Bei Politiker erfüllt die Floskel "Das Internet darf kein rechtsfreier Raum sein!" vermutlich einen ähnlichen Zweck. Justizminister Heiko Maas (SPD) verwendet sie in letzter Zeit sehr häufig. Er will mit einem neuen Gesetz gegen Hasskommentare im Netz vorgehen – doch fast alle Beobachter sind gegen seinen Plan.
Was hat Maas vor?
Er will mit dem sogenannten Netzdurchsetzungsgesetz ("NetzDG") dafür sorgen, dass soziale Netzwerke wie Facebook selbst gegen Hassbotschaften vorgehen müssen.
- In Zukunft sollen sie Kommentare mit "offensichtlich rechtswidrigem Inhalt" innerhalb von 24 Stunden löschen müssen. Alle anderen rechtswidrigen Inhalte sollen sie innerhalb von siebe Tagen entfernen.
- Für Betroffene sollen die sozialen Netzwerke Ansprechpartner bereitstellen. Zudem sollen sie Auskunft über den Absender der Hassnachrichten geben müssen.
- Bei Verstößen gegen das Gesetz sollen Bußgelder von bis zu 50 Millionen Euro verhängt werden können.
Warum ist das NetzDG so umstritten?
CDU und CSU, die Oppositionsparteien, Datenschützer, Internetaktivisten, Facebook, Google und Journalistenverbände - sind alle dagegen. Wohl selten hatte ein Justizminister bei einem Vorhaben so viele Gegner. Das liegt vor allem auch daran, dass das geplante Gesetz häufig sehr ungenau ist:
A) So ist zum Beispiel unklar, was mit "offensichtlich rechtswidrigen Inhalten" eigentlich gemeint ist. Viele fürchten, dass Facebook und Co. deshalb vorsorglich zu viele Kommentare löschen, um im Zweifel keine Strafen zahlen zu müssen.
B) Angesichts der vielen Beiträge, sei eine seriöse Überprüfung in der kurzen Zeit unmöglich, sagen Kritiker. Viele von ihnen halten es für grundsätzlich falsch, Privatkonzerne die Einhaltung der Meinungsfreiheit überwachen zu lassen (SPIEGEL ONLINE).
C) Auch das geplante Auskunftsrecht für Betroffene ist umstritten. Kritiker fürchten, dass es missbraucht werden kann, um andere Personen anzugreifen. Sie fordern, dass die gewünschten Informationen von einem Gericht freigegeben werden müssen.
Das Justizministerium hat das inzwischen zugesagt. Im Gesetzesentwurf steht davon aber nichts.
Wie geht es jetzt weiter?
Der Bundestag hat den Entwurf gerade zum ersten Mal diskutiert. Bis das Gesetz endgültig verabschiedet werden kann, sind noch zwei Lesungen nötig. Dazwischen kann noch nachgebessert werden – was angesichts der Kritik auch sehr wahrscheinlich ist.
Dabei tickt aber die Uhr: Planmäßig trifft sich der Bundestag Ende Juni zum letzten Mal vor der Sommerpause. Wenn Heiko Maas seine Kritiker noch überzeugen will, muss er sich beeilen.